Aus den Akten der Agence O. Georges Simenon
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Читать онлайн книгу Aus den Akten der Agence O - Georges Simenon страница 14

Название: Aus den Akten der Agence O

Автор: Georges Simenon

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Red Eye

isbn: 9783311701866

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      »Wenn die Herren bitte eintreten würden … Monsieur Dossin bittet mich, Ihnen zu sagen, dass Sie doch angesichts der Kälte Ihren Wagen lieber in die Garage fahren sollten …«

      Torrence mag das gar nicht. Diese unvermittelte Fürsorglichkeit beunruhigt ihn etwas.

      Wenn das Auto erst einmal in der Garage steht, jenseits dieses Gittertors, das sich so schwer öffnen lässt, wer weiß, ob sie dann das Schloss noch verlassen können, wenn es ihnen passt?

      »Los!«, flüstert Émile ihm zu.

      Zwanzig Kilometer von Paris entfernt, fünfzehn Kilometer von Pithiviers entfernt – übrigens hat sich Torrence vorgenommen, auf der Rückfahrt eine Täubchenpastete zu erstehen, eine Spezialität der Gegend –, man könnte meinen, sie befänden sich am verlassensten Ort der Welt.

      Der Hund knurrt weiter, aber leise, während er den Fotografen beschnüffelt.

      Der Hausherr steht immer noch in recht vornehmer Haltung oberhalb der Treppe und erwartet sie. In der Garage stehen schon zwei Autos, ein großer amerikanischer Wagen und ein kleiner, wahrscheinlich für die alltäglichen Besorgungen.

      Als die beiden Männer vor Monsieur Dossin stehen, fragt dieser sehr huldvoll:

      »Dürfte ich erfahren, meine Herren, wer von Ihnen der berühmte Detektiv Torrence ist?«

      Torrence verbeugt sich, aber ihm ist nicht wohl dabei. Wer kann ihm verraten haben, wer sie sind? Sein Name ist nicht im Auto zu finden, das man hätte durchsuchen können, während sie im Schuppen waren.

      »Ich wusste nicht, mit wem ich die Ehre hatte … Mein bescheidenes Heim steht Ihnen offen. Darf ich Sie bitten einzutreten?«

      Was das bescheidene Heim betrifft, so finden die beiden Männer überaus komfortable und angenehm temperierte Räumlichkeiten vor. Es handelt sich zwar nicht um ein prunkvolles Schloss, aber um ein großzügiges Landhaus, in dem alles vorhanden ist, was man für ein komfortables Leben benötigt. Sie werden in eine eichengetäfelte Bibliothek geführt. Im Kamin prasselt ein Feuer. Die Sessel sind mit hellem Leder überzogen und zwischen den Teppichen sind herrliche antike Fliesen zu sehen.

      »Ich habe gerade erst erfahren, dass meine Frau Sie heute Morgen angerufen hat.«

      Also hat er sich auf dem Postamt erkundigt. Dort hat er die Nummer erfahren, die seine Frau in Paris verlangte.

      »Setzen Sie sich doch bitte. Vielleicht ein Gläschen Armagnac, bei dieser Kälte?«

      Eine ehrwürdige kleine Flasche, die Gläser aus geschliffenem Kristall. Der Diener ist verschwunden, und der Gastgeber gibt sich herrschaftlicher denn je, doch ein Schatten von Traurigkeit umgibt ihn, wie den Männern nicht entgeht.

      »Ich muss offen sagen, meine Herren, dass ich, als ich Sie heute Morgen, bei Ihrem ersten Besuch, so wenig willkommen hieß, meine guten Gründe hatte, genauer gesagt, einen einzigen schwerwiegenden Grund, der es rechtfertigte, Neugierige von meinem Haus fernzuhalten … Auf Ihr Wohl!«

      »Dieser Armagnac …«, beginnt Torrence.

      »Er ist siebzig Jahre alt. Was ich sagen wollte … Durch Ihren Beruf sind Sie daran gewöhnt, dass man Ihnen dramatische Geständnisse macht. Nun gut, meine Herren, Sie sollen wissen, dass meine arme Frau nicht mehr bei klarem Verstand ist.«

      Seine Stimme ist brüchig geworden. Er senkt den Kopf.

      »Ich habe mich nie dazu durchringen können, sie in ein … ein Hospital zu bringen … Was erklärt …«

      Torrence sieht Émile an, wie um zu erfahren, was er von dieser Mitteilung halten soll. Émile betrachtet mit starrem Blick die Fliesen oder vielmehr die Stiefel ihres Gastgebers, wirklich schöne Stiefel, robust und weich, die glatt an den Beinen anliegen. Man könnte glauben, Émile hätte in diesem Augenblick nur diesen einen Gedanken:

      Wenn ich nur solche Stiefel haben könnte …

      Doch das ist es ganz und gar nicht, was Émile denkt, und wenn er die Stirn runzelt, dann, weil er sich fragt:

      Warum zum Teufel hat dieser Herr das Bedürfnis gehabt, in der kurzen Zeit, die wir im Schuppen verbrachten, andere Stiefel anzuziehen, obwohl die, die er heute Morgen getragen hat, weder feucht noch schmutzig waren?

      Und er versucht, sich an die ersten Stiefel zu erinnern. Sie waren zum Schnüren, während es sich bei diesen hier um Reitstiefel handelt.

      Natürlich gäbe es eine Erklärung. Wenn Monsieur Dossin plötzlich auf die Idee gekommen wäre, auf ein Pferd zu steigen, hätte er die Stiefel wechseln müssen. Reiter sind Leute, die die Tradition lieben, auf korrekte Kleidung achten …

      »… was Ihnen erklärt, meine Herren, dass das zurückgezogene und einsiedlerische Leben, das wir hier …«

      Er fährt zusammen, denn Émile ergreift gerade jetzt, wo man es am wenigsten erwartet, das Wort. Und fragt mit unschuldiger, um nicht zu sagen dümmlicher Miene:

      »Haben Sie Pferde?«

      »Nein … Ich verstehe nicht, was das …«

      »Egal. Fahren Sie fort.«

      Wenn er kein Pferd besteigen wollte, warum, zum Kuckuck, hat er dann die Stiefel gewechselt?

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