Zu Vermieten. John Galsworthy
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Название: Zu Vermieten

Автор: John Galsworthy

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Forsyte

isbn: 9783958131255

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СКАЧАТЬ er hält sich recht gut für sein Alter, Sir, aber er ist ja auch ein wundervoller Mensch. Wie ich zu ihrer Schwester gesagt habe, als sie das letzte Mal hier war: Es würde Miss Forsyte und Mrs Juley und Miss Hester freuen, zu sehen, wie er noch immer einen Bratapfel genießen kann. Aber er ist ziemlich taub. Gott sei Dank, denke ich mir immer. Denn ich weiß nicht, was wir sonst bei den Luftangriffen mit ihm machen hätten sollen.«

      »Aha«, sagte Soames. »Was haben Sie denn mit ihm gemacht?«

      »Wir haben ihn einfach in seinem Bett gelassen und die Klingel nach unten in den Keller verlegt, sodass die Köchin und ich hören konnten, wenn er läutete.

      Es wäre auf gar keinen Fall angegangen, ihn wissen zu lassen, dass Krieg herrschte. Wie ich zur Köchin gesagt habe: Wenn Mr Timothy läutet, sollen die machen, was sie wollen – ich gehe nach oben. Meine lieben Herrinnen wären außer sich, wenn sie sähen, dass er läutet und keiner hinaufgeht. Aber er hat während allen tief und fest geschlafen. Und an dem einen Tag hat er gerade sein Bad genommen. Zum Glück, sonst hätte er vielleicht bemerkt, dass die Leute auf der Straße alle nach oben schauten – er sieht oft aus dem Fenster.«

      »Ja, ja«, murmelte Soames. Smither wurde langsam geschwätzig! »Ich will mich nur umsehen und schauen, ob irgendetwas zu tun ist.«

      »Ja, Sir. Ich glaube nicht, dass es etwas gibt, außer dass es im Esszimmer nach Mäusen riecht, und wir wissen nicht, wie wir den Geruch loswerden sollen. Es ist komisch, dass sie da sind, wo doch dort kein Krümchen mehr zu finden ist, weil Mr Timothy seit kurz vor dem Krieg nicht mehr nach unten kommt. Aber das sind widerliche kleine Dinger, mein weiß nie, wo sie als nächstes auftauchen.«

      »Verlässt er sein Bett?«

      »Aber ja, Sir! Er läuft jeden Morgen schön zwischen seinem Bett und dem Fenster hin und her, um keine Luftveränderung zu riskieren. Und er fühlt sich recht wohl in seiner Haut, kümmert sich jeden Tag um sein Testament. Das ist ihm ein großer Trost.«

      »Nun, Smither, ich möchte ihn sehen, wenn möglich, für den Fall, dass er mir irgendetwas zu sagen hat.«

      Smither errötete über ihrem Korsett.

      »Das wird aber ein Ereignis sein!«, sagte sie. »Soll ich Sie durch das Haus führen, Sir, und die Köchin schicken, dass sie ihm die Nachricht überbringt?«

      »Nein, gehen Sie zu ihm«, sagte Soames. »Ich kann mich allein im Haus umsehen.«

      Man durfte Gefühle nicht vor anderen zugeben und Soames hatte das Gefühl, dass ihn seine Gefühle überkommen würden, wenn er durch diese Räume ging, die so von der Vergangenheit erfüllt waren. Als Smither ihn ganz außer sich vor Aufregung verlassen hatte, betrat Soames das Esszimmer und schnupperte. Seiner Meinung nach waren das keine Mäuse, sondern beginnende Holzfäule, und er nahm die Täfelung unter die Lupe. Er war sich nicht sicher, ob sich ein Anstrich bei Timothys Alter noch lohnte. Das war immer das modernste Zimmer im Haus gewesen, und nur ein schwaches Lächeln verzog Soames’ Lippen und Nasenflügel. Die Wände über der Eichentäfelung waren von sattem Grün, ein schwerer Metallkronleuchter hing an einer Kette von einer Decke herab, die von imitiertem Gebälk unterteilt war. Die Bilder hatte Timothy vor sechzig Jahren bei Jobson gekauft, ein Schnäppchen – drei Stillleben von Snyders, zwei blass kolorierte Zeichnungen von einem Jungen und einem Mädchen, ganz hübsch, die die Initialen »J. R.« trugen – Timothy hatte immer geglaubt, sie könnten sich als Werke von Joshua Reynolds erweisen, aber Soames, der diese bewunderte, hatte herausgefunden, dass sie nur von John Robinson waren, und ein fraglicher Morland, der ein weißes Pony zeigte, das gerade beschlagen wurde.

      Tiefrote Plüschvorhänge, zehn hochlehnige, dunkle Mahagoni­stühle mit tiefroten Plüschpolstern, ein türkischer Teppich und ein Mahagoniesstisch, der so groß war wie der Raum klein – so sah das Zimmer aus, das sich in Soames’ Erinnerung seit seinem vierten ­Lebensjahr weder in seiner Atmosphäre noch in seiner Einrichtung verändert hatte. Er sah sich besonders die beiden Zeichnungen an und dachte: Die will ich bei der Nachlassversteigerung kaufen.

      Vom Esszimmer ging er weiter in Timothys Arbeitszimmer. Er konnte sich nicht erinnern, jemals in diesem Zimmer gewesen zu sein. Es war vom Boden bis zur Decke mit Büchern gefüllt und er sah sie sich neugierig an. Eine Wand schien Lehrbüchern gewidmet zu sein, die Timothys Verlag vor zwei Generationen veröffentlicht hatte – manchmal ganze zwanzig Exemplare eines Buches. Soames las ihre Titel und schauderte. An der mittleren Wand waren genau die gleichen Bücher, die auch bei seinem eigenen Vater in der Park Lane gestanden hatten, was ihn schließen ließ, dass James und sein jüngster Bruder wohl eines Tages zusammen losgezogen waren und ein Paar kleiner Bibliotheken gekauft hatten. Der dritten Wand näherte er sich gespannter. Hier konnte man bestimmt Timothys persönlichen Geschmack finden. Konnte man. Die Bücher waren Blindbände. Die vierte Wand bestand komplett aus Fenster, verdeckt von schweren Vorhängen. Und dorthin gewandt stand ein großer Sessel mit einem Lesepult aus Mahagoni daran, auf dem noch immer eine vergilbte und zusammengefaltete Ausgabe der Times vom sechsten Juli 1914, dem Tag, an dem Timothy, wie in Vorbereitung auf den Krieg, zum ersten Mal nicht heruntergekommen war, lag, als ob sie auf ihn wartete.

      In einer Ecke stand ein großer Globus jener Welt, die Timothy nie bereist hatte, da er der festen Überzeugung war, dass nur England tatsächlich real war, und außerdem machte ihn das Meer immer sehr nervös, dort war ihm an einem Sonntagnachmittag 1836 auf einem Vergnügungsdampfer mit Juley und Hester, Swithin und Hatty Chessman in Brighton sehr übel geworden, alles wegen Swithin, der sich immer irgendwelche Dinge in den Kopf setzte, und dem, Gott sei Dank, auch übel geworden war. Soames wusste alles darüber, er hatte die Geschichte mindestens fünfzig Mal von dem einen oder anderen von ihnen gehört. Er ging zu dem Globus und gab ihm einen Stups, er gab ein leises Quietschen von sich, bewegte sich ein paar Zentimeter und brachte einen Weberknecht in sein Blickfeld, der auf dem vierundvierzigsten Breitengrad gestorben war.

      Mausoleum!, dachte er. George hatte recht! Und er ging aus dem Zimmer und die Treppe nach oben. Auf dem Treppenabsatz blieb er vor dem Schaukasten mit den ausgestopften Kolibris stehen, die ihm als Kind immer so gefallen hatten. Sie sahen keinen Tag älter aus, wie sie da an Drähten über Pampasgras hingen. Wenn man den Kasten aufmachen würde, würden die Vögel nicht anfangen, umherzuschwirren, sondern wahrscheinlich würde das ganze Ding zerbröseln. Es würde sich nicht lohnen, das mit in die Nachlassversteigerung aufzunehmen! Und plötzlich packte ihn eine Erinnerung an Tante Ann – die gute alte Tante Ann –, wie sie ihn vor jenem Kasten an der Hand gehalten und gesagt hatte: »Schau nur, Soamey! Sind die nicht hübsch und schön bunt, die süßen kleinen Kolibris?« Soames erinnerte sich an seine Antwort: »Aber die summen ja gar nicht, Tantchen.« Er musste sechs gewesen sein und trug einen schwarzen Anzug aus Rippsamt mit hellblauem Kragen – er erinnerte sich noch gut an diesen Anzug! Tante Ann mit ihren Löckchen und ihren spinnenartigen, gütigen Händen und ihrem würdevollen, alten, adlerähnlichen Lächeln – eine feine alte Dame, die gute Tante Ann!

      Er ging weiter nach oben zur Tür des Empfangszimmers. Dort hingen links und rechts davon die Gruppen von Miniaturen. Die würde er ganz sicher kaufen! Die Miniaturen seiner vier Tanten, eine von seinem Onkel Swithin als junger Mann und eine von seinem Onkel Nicholas als Kind. Sie waren alle von einer jungen Freundin der Familie gemalt worden, um 1830, als Miniaturen als sehr vornehm galten, und außerdem als sehr haltbar, da sie auf Elfenbein gemalt waren. Viele Male hatte er die Geschichte jener jungen Dame gehört: »Sehr talentiert, mein Lieber, sie hatte eine rechte Schwäche für Swithin, und kurz darauf ist sie an Schwindsucht erkrankt und gestorben, ganz wie Keats – wir haben oft darüber gesprochen.«

      Nun, da waren sie alle! Ann, Juley, Hester, Susan – als ganz kleines Kind, Swithin, mit himmelblauen Augen, rosa Wangen, blonden Locken und weißer Weste – wie er leibte und lebte, und Nicholas, wie Amor, den Blick zum Himmel gerichtet. Wenn er so darüber nachdachte, war Onkel Nick eigentlich immer so gewesen – СКАЧАТЬ