Dünner als Blut - Schweden-Krimi. Åsa Nilsonne
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Название: Dünner als Blut - Schweden-Krimi

Автор: Åsa Nilsonne

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Ein Fall für Monika Pedersen

isbn: 9788726445107

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СКАЧАТЬ Frage brauchte nicht beantwortet zu werden, und Hayakawa fuhr fort: »Jetzt wollen wir sehen, ob wir der Wahrheit näher kommen, wenn wir einen Blick auf sein Inneres werfen.« Er griff zum auserwählten Skalpell, trat dicht an Göstas Körper heran und machte einen langen Schnitt, der unter der rechten Wange ansetzte, sich mit einem kleinen Bogen um den Nabel bis zur Taille fortsetzte und bei den Schamhaaren endete. Es war eine einzige Bewegung, geschmeidig und exakt, ein schöner Anblick.

      »Schauen Sie, schon jetzt sehen wir, daß er nicht nur Blutergüsse hatte, die von außen zu sehen waren, sondern daß auch hier und dort innere Blutungen aufgetreten sind, wenn auch nicht unmittelbar unter den Blutergüssen, was ebenfalls dagegen spricht, daß er in eine Schlägerei verwickelt war«, er blickte augenzwinkernd auf, »aber das wußten wir ja schon, oder?«

      Hayakawa richtete sich auf und schaute auf die Uhr. Halb zwei. »Das geht ja gut. Wonach sollen wir jetzt suchen? Woran sollen wir denken?«

      »Verletzungen der Speiseröhre«, schlugen zwei Studenten gleichzeitig vor.

      »Warum das?« Die beiden wollten gleichzeitig antworten, aber diesmal verstummte die Frau, und ihr Kommilitone sagte: »Bei Leberschädigungen wird der Blutfluß behindert, und eine der Alternativrouten, die das Blut einschlagen kann, geht durch die Gefäße, die außen an der Speiseröhre liegen. Diese Gefäße werden ausgedehnt und überlastet, was zu Brüchen führt, an denen man verbluten kann.«

      Seine Kommilitonen kicherten über seinen Ernst, seine Wortfülle, aber Hayakawa nickte. Er verbreitete sich nun über die verschiedenen Methoden, die Speiseröhre herauszunehmen, wenn man die Gefäße untersuchen wollte. Während er sprach, holte er Göstas Organe aus dem Leichnam, als ob sie lose in der Bauchhöhle gelegen und nur darauf gewartet hätten, herausgenommen zu werden. In zwei Minuten war Hayakawa weiter gekommen, als Bo das normalerweise in einer halben Stunde schaffte. Bisher hatte er noch keine unnötige Bewegung gemacht, er hatte sich in keinem Fall in der Anatomie verirrt, und immer wieder beschrieb er, welche Alternativen er hatte und weshalb er sich für diese hier entschied. Bo ließ sich widerwillig beeindrucken. Das war um Klassen besser als alles, was er je gesehen hatte. Nun setzte Hayakawa zu seiner Zusammenfassung an: »Und nun zur Speiseröhre. Hier sehen Sie die Gefäße, die zweifellos etwas erweitert und schlaff sind, aber dadurch kann er nicht verblutet sein. Aber warten Sie, die Gefäße wirken dicht, aber wenn wir sanft und sehr vorsichtig nachfühlen, dann entdecken wir auf einem eine Narbe. Sie ist nicht zu sehen, aber hier ist das Gewebe etwas härter als an anderen Stellen. Er hat hier vor langer Zeit eine Blutung gehabt und hatte das Glück, sie zu überleben. Ansonsten finden wir nur eine diffuse Blutung in der Schleimhaut. Im Magen finden wir recht viel Blut, aber keine spezielle Blutungsursache. Keine gemeine kleine Arterie, die gesprudelt hat, kein Magengeschwür, keine Kratzer oder Löcher. Aber sehen Sie her, hier haben wir auch schon frühere Blutungen, mehrere sogar. Er hatte Magengeschwüre, hier haben wir mehrere alte Narben und eine kleine Wunde, die erst vor kurzer Zeit verheilt zu sein scheint. Und wieder die Blutung der Schleimhäute, die wir schon vorhin gesehen haben. Aber nun müssen wir seine Leberwerte zu Hilfe nehmen, hier gibt es ja einiges, worüber wir uns nur wundern können.«

      Bo Ekdal wurde es schwindelig. Vielleicht würde er jetzt in Ohnmacht fallen. Das wäre dann immerhin seine Rettung – nicht einmal Hayakawa würde wohl weitermachen, wenn sein Gastgeber bewußtlos auf dem Fußboden lag.

      »Der Patient ist gestorben, nachdem er dreimal wegen Blutungen behandelt worden war, erstmals vor achtzehn Monaten mit blutenden Speiseröhrenvarizen, dann ein halbes Jahr später wegen eines blutenden Magengeschwürs und schließlich vor einem Monat.« Eine klare Frauenstimme, die Bo nicht sofort lokalisieren konnte, die sich jedoch als die von Ann Lilja entpuppte. Wundersamerweise schien Gösta auf ihrer Abteilung gelegen zu haben, und Bo fiel Professor Albinssons Kommentar ein: »Die Kleine ist tüchtig, und außerdem hat sie ein photographisches Gedächtnis.«

      Hayakawa hatte die Leber gerade in Scheiben geschnitten, zeigte Gefäße und Gallengänge, die überraschend deutlich waren, und sprach über den Grund der Blutungen.

      »Da stimmt was nicht, liebe Leute. Um so zu bluten, hätte die Leber in einem viel schlechteren Zustand sein müssen. Schauen Sie her!«

      Er hob eine Leberscheibe hoch und ließ ein schmales Messer darüber hinweggleiten. Dahinter zeigte sich das gesunde Lebergewebe rotviolett und fleischig, während die zerstörten Adern eingesunken und starr dazwischen lagen.

      »Hier gibt es zwar große Schäden, aber sie sind nicht groß genug, um daran zu verbluten.«

      Hayakawa dachte laut nach: »Ob er wohl ein Bluter gewesen sein kann?«

      Er blickte Ann Lilja an, die den Kopf schüttelte. Göstas Blut sei nicht in ausreichender Menge vorhanden gewesen, da er so viel geblutet habe, aber das vorhandene Blut sei immerhin bei allen drei Behandlungsrunden normal gewesen.

      »Also stehen wir vor einem Mysterium. Der Mann ist verblutet, er hat diffus im Magen-Darm-Kanal geblutet. Das wissen wir immerhin. Er hat auch subkutan geblutet, deshalb die Blutergüsse, er hatte Blutungen in den Muskeln und in den inneren Organen. Aus irgendeinem Grund ist sein Blut nicht geronnen, aber dafür gibt es in seinem Körper keine Erklärung. Die Frage ist, wie das möglich sein kann. Haben wir nicht alle möglichen Erklärungen gesucht, die wir doch ablehnen mußten? Dann müssen wir wohl zu den weniger normalen Ursachen übergehen, die Wirklichkeit liegt ja vor uns, und wenn wir nicht an Voodoo oder andere Formen der Magie glauben, muß sie sich erklären lassen. Was meinen Sie? Was kann passiert sein?«

      »Mißlungene Bluttransfusion?« kam ein Vorschlag aus den hinteren Reihen.

      Hayakawa schüttelt den Kopf und fragte weiter: »Warum nicht?« Bertram Schwieter wartete, ob irgendein Student antwortete, das müßten sie können, aber nach einigen langen Sekunden antwortete er selber: »Falsche Symptome. Dann hätten sich die roten Blutkörperchen auflösen müssen, was nicht zu dieser Art von Blutungen führt.«

      »Außerdem gibt es keine mißlungenen Bluttransfusionen, ich habe in der Blutzentrale gearbeitet, deshalb weiß ich das«, fügte ein bärtiger Student hinzu.

      Hayakawa fuhr herum und musterte den Bärtigen.

      »Vorsicht! Das ist ein gefährlicher Gedanke. Weil nicht sein kann, was nicht sein darf! Einmal habe ich einen Rasenmäher zur Reparatur gebracht, der nicht funktionierte, und der Mechaniker sah ihn sich an und sagte: ›Diesen Fehler kann es bei diesem Gerät nicht geben‹. Er schenkte der Bedienungsanleitung größeren Glauben als seinen eigenen Augen, und davor müssen Sie sich hüten. Sie müssen darauf pfeifen, ob in den Büchern etwas anderes steht. Daß Ihre Blutzentrale unmöglich einen Fehler begehen kann, könnte ich möglicherweise als religiöse These akzeptieren, aber nicht als Wahrheit, die uns bei unserer Arbeit helfen kann. Aber welche weiteren Erklärungen für das Vorgefallene kann es geben?«

      »Er hat vielleicht irgend etwas eingenommen, was die Blutgerinnungsfähigkeit herabsetzt?« schlug der Rothaarige vor, der seine normale Gesichtsfarbe zurückgewonnen hatte.

      »Ach, und wie soll das möglich gewesen sein?«

      »Selbstmord«, wurde in den hinteren Reihen zögernd vorgeschlagen.

      Hayakawa zuckte leicht mit den Schultern. »Sie sind alle denkende Menschen, also muß Ihnen auch die Möglichkeit des Selbstmordes eingefallen sein. Aber nun sagen Sie mir, würde irgendwer unter Ihnen ein Mittel benutzen, das erst nach mehreren Tagen wirkt? Ein Mittel, das vielleicht mehrmals eingenommen werden muß?«

      Diese rhetorische Frage blieb unbeantwortet.

      »Aber ganz unmöglich ist das natürlich nicht. Welche Erklärungen könnten wir uns СКАЧАТЬ