Название: Die kleine Fadette
Автор: George Sand
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9783969873878
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Diese Unterhaltungen waren nicht mehr nach Landrys Geschmack, welcher jetzt selbst die Sache im Großen betrieb, wenn auch als Gehilfe, und der es vorzog, ein großes mit sechs Ochsen bespanntes Fuhrwerk zu leiten, als die aus Zweigen gefertigten Wägelchen an den Schwanz seines Hundes zu befestigen. Er hätte viel lieber mit den kräftigen Burschen des Ortes sich im Ringen geübt, oder Kegel geschoben, da er die Geschicklichkeit erlangt hatte auf dreißig Schritt Entfernung den besten Wurf zu tun. Wenn Sylvinet sich bewegen ließ ihn an solche Orte der Lustbarkeit zu begleiten, setzte er sich, statt mit zu spielen, ohne ein Wort zu reden, in einen Winkel, wo er sich langweilte und sich abhärmte, wenn er sah, wie Landry durch das Vergnügen am Spiel in Feuer geriet.
Endlich hatte Landry in la Priche sogar Tanzen gelernt und obgleich ihm die Lust dazu erst spät gekommen war, weil Sylvinet nie Geschmack daran finden wollte, tanzte er doch schon eben so gut wie die anderen Burschen, die sich von Kindesbeinen an damit befasst hatten. Er galt in la Priche für den besten Ouadrillentänzer, und wenn er auch noch kein Vergnügen daran fand, die Mädchen zu küssen, wie dies bei jedem Tanz der Brauch ist, so war er doch dazu bereit, ihnen diesen Kuss zu geben, weil er dadurch das Ansehen erhielt aus dem Knabenalter herausgetreten zu sein. Es wäre ihm sogar lieb gewesen, wenn sich die Mädchen gegen seinen Kuss etwas gesträubt hätten, weil sie dies den erwachsenen Burschen gegenüber zu tun pflegten. Aber das fiel ihnen gar nicht ein; selbst die größten nahmen ihn lachend beim Kragen, um sich küssen zu lassen, was ihn übrigens etwas verdross.
Ein einziges Mal hatte Sylvinet ihn tanzen sehen, und hatte dabei den größten Verdruss empfunden. Als er sah, wie Landry eine der Töchter des Vater Caillaud küsste, geriet er so in Zorn, dass er vor Eifersucht weinte und den Brauch gradezu unanständig und unchristlich fand.
So oft also Landry sein Vergnügen aus Freundschaft für seinen Bruder opferte, verbrachte er den Sonntag in wenig unterhaltender Weise. Dennoch verfehlte er nie sich zur bestimmten Zeit auf dem Zwillingshof einzufinden, in der Meinung Sylvinet werde ihm dafür erkenntlich sein, und der Gedanke seinen Bruder zufriedengestellt zu haben, ließ ihn gern ein wenig Langeweile verschmerzen.
Als er nun aber eines Tages erfuhr, dass sein Bruder, der ihm im Laufe der Woche eine kleine Zänkerei angezettelt hatte, aus dem Hause fortgegangen war, um sich nicht mit ihm zu versöhnen, empfand er dies als eine tiefe Kränkung. Zum ersten Mal, seitdem er das Elternhaus verlassen hatte, ging er an einen einsamen Ort, im Verborgenen seine heißen Tränen zu vergießen, denn er hatte sich stets geschämt seinen Kummer vor seinen Eltern blicken zu lassen; auch fürchtete er den ihrigen, den sie vielleicht haben mochten, dadurch zu vermehren.
Wenn jemand ein Recht gehabt hätte eifersüchtig zu sein, so wäre dies viel eher Landry gewesen, als Sylvinet. Dieser war es ja, den die Mutter am meisten liebte, und sogar der Vater Barbeau, wenn er auch eine heimliche Vorliebe für Landry empfand, zeigte sich Sylvinet gegenüber doch gefälliger und nachsichtiger. Dieses arme Kind wurde als das weniger kräftige und weniger verständige, auch am meisten verzogen, und man fürchtete sogar ihn zu ärgern. Da er in der Familie blieb, war ihm das bessere Los zugefallen, während sein Bruder statt seiner das Elternhaus verlassen und die Bürde des Dienens auf sich genommen hatte.
Es war zum ersten Mal, dass der gute Landry sich dies alles klar machte, und zu der Erkenntnis gelangte, dass sein Zwillingsbruder durchaus ungerecht sei. Bis dahin hatte sein gutes Herz ihn darüber getäuscht, dass er das Unrecht seines Bruders nicht einsehen konnte. Statt eine Klage gegen diesen zu erheben, hatte er sich vielmehr selbst beschuldigt, dass er auch gar zu gesund sei, und mit zu übermäßigem Eifer der Arbeit und dem Vergnügen nachgehe, und dass er sich nicht wie sein Bruder darauf verstehe, sanfte Reden zu führen, oder zarte Aufmerksamkeiten zu ersinnen. Dieses Mal aber wusste er sich auch nicht der geringsten Kleinigkeit zu erinnern, womit er sich an der brüderlichen Liebe versündigt haben konnte. Ja, um an dem heutigen Tag nur kommen zu können, hatte er einer schönen Partie entsagen müssen, welche die Burschen von la Priche zum Krebsfang veranstalten wollten, und mit der sie schon die ganze Woche über beschäftigt gewesen waren. Sie hatten Landry sehr viel Vergnügen dabei in Aussicht gestellt, wenn er nur mit ihnen gehen wolle. Um seinen Bruder heute zu sehen, hatte er also einer großen Versuchung widerstehen müssen, und das will in diesem Alter viel sagen. Nachdem er sich tüchtig ausgeweint hatte und seine Tränen trocknete, hörte er ganz in seiner Nähe noch eine andere Person weinen, die dazwischen auch mit sich selbst sprach, wie dies die Frauen auf dem Lande häufig zu tun pflegen, wenn sie einen großen Kummer haben. Landry erkannte rasch, dass es seine Mutter war, und eilte zu ihr hin.
»Ach! mein Gott«, sagte sie schluchzend, »wie vielen Kummer mir dieses Kind bereitet! Ich werde noch darüber zu Grunde gehen, das ist gewiss.«
»Bin ich es, liebe Mutter, der dir so viele Sorgen macht?« rief Landry und fiel ihr um den Hals. »Wenn ich es bin, so strafe mich doch, aber höre auf zu weinen. Ich weiß nicht, wodurch ich dich betrübt haben könnte, aber das ist alles einerlei, ich bitte dich um Verzeihung.«
In diesem Augenblick wurde es der Mutter klar, dass Landry keineswegs ein hartes Herz hatte, wie sie es oft geglaubt hatte. Sie schloss ihn gerührt in ihre Arme, und ohne selbst recht zu wissen, was sie tat, so sehr war sie vom Schmerz ergriffen, sagte sie ihm, dass sie sich über Sylvinet beklage und nicht über ihn. Was ihn betreffe, so habe sie sich einige Male ungerechten Vorstellungen über ihn hingegeben, und dafür tue sie ihm jetzt Abbitte. Wie es ihr scheine, sei Sylvinet daran toll zu werden, und sie sei in der größten Unruhe darüber, weil er vor Tagesanbruch fortgegangen sei, ohne auch nur das Geringste genossen zu haben. Die Sonne neigte sich jetzt dem Untergang zu, und er war noch immer nicht zurück. Um Mittag war er in der Richtung des Flusses gesehen worden, und schließlich fürchtete die Mutter, er könne sich gar hinein gestürzt haben, um seinem Leben ein Ende zu machen.
Achtes Kapitel
Dieser Gedanke, dass Sylvinet Lust gehabt haben könne, sich umzubringen, übertrug sich so leicht, wie eine Fliege sich in einem Spinngewebe verfängt, aus dem Vorstellungsvermögen der Mutter auf dasjenige Landrys hinüber. Er rannte hastig davon, um seinen Bruder aufzusuchen, und während er so dahin eilte, empfand er schweren Kummer und sprach zu sich selbst: »Vielleicht hatte die Mutter früher doch recht, wenn sie mir vorwarf, dass ich hartherzig sei. In dieser Stunde aber muss Sylvinet wohl ein schwer erkranktes Gemüt haben, dass er unserer armen Mutter und mir all diesen Schmerz bereiten kann.
Er lief nach allen Richtungen hin, ohne ihn zu finden; abwechselnd rief er laut seinen Namen, aber keine Antwort erfolgte; er befragte alle, die ihm begegneten, aber niemand konnte ihm eine Auskunft geben. Endlich kam er an den Ort, wo die Wiese mit dem Schilfgrund lag; er ging hinein, weil er sich hier einer Stelle erinnerte, die Sylvinet ganz besonders bevorzugte. Diese befand sich da, wo der Fluss einen großen Einschnitt in das Erdreich hineingerissen, und dabei zwei oder drei Erlen entwurzelt hatte, die noch mit emporgestreckten СКАЧАТЬ