Der rote Reiter. Richard Harding Davis
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Название: Der rote Reiter

Автор: Richard Harding Davis

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9788711462157

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СКАЧАТЬ Sie lieber bis Ende dieser Woche,“ sagte Crosby mit einem Lächeln. „Diese Woche wird höchst lustig sein. Am Donnerstag kommt der Zahlmeister mit unserem Geld, und heute nacht trifft Fräulein Post hier ein. Da sie unseren Oberst besucht, so müssen wir alle dafür sorgen, dass sie sich gut amüsiert.“

      „Natürlich, darauf muss ich warten,“ brummte Ranson. „Höchstwahrscheinlich wird jeden Abend Whist oder so’was gespielt werden, und als Gewinn bekommt man kleine goldene Sternchen aus Pappe angesteckt!“

      Crosby lachte gutmütig.

      „Ich verstehe Ihren Standpunkt,“ sagte er. „Ich erinnere mich. Als mein Vater mich einmal mit nach Monte Carlo nahm, sah ich Sie an einem Spieltisch sitzen, mit solch einem Haufen Geld vor Ihnen, dass man damit eine Bank hätte gründen können. Ich erinnere mich, dass mein Vater die Croupiers fragte, weshalb sie einem Kind wie Ihnen zu spielen erlaubten. Ich war damals ein Junge und Sie waren auch einer. Ich erinnere mich, dass ich Sie damals für ein ganz verteufeltes Früchtchen hielt.“

      Ranson sah verlegen auf Miss Cahill und lachte.

      „Na, das war ich auch — damals,“ sagte er. „Jeder andere in dem Alter würde auch ein verteufeltes Früchtchen gewesen sein, wenn man ihn so erzogen hätte wie mich. Denken Sie nur: Ein liebender Vater, der einen ganzen Trust sein Eigen nennt und vom richtigen Wert des Geldes keine Ahnung hat! Und dennoch erwarten Sie von mir, ich solle hier glücklich und vergnügt sein: mit einem Spiel, bei dem man nicht höher als fünfzig Cents setzen darf, und — mit zwanzig Meilen verbrannter Prärie. Ich sage Ihnen, ich kann das nicht aushalten! Ich weiss nicht, was es heisst, keinen eigenen Willen zu haben. Und Disziplin! Na, jedesmal, wenn ich gezwungen bin, einen Mann dem Oberst zu melden, lasse ich ihn nachher zu mir kommen, gebe ihm’was zu trinken und entschuldige mich bei ihm. Ich sage Ihnen: Die Armee bedeutet mir nichts, wenn nicht etwas los ist, und da es Kampf und Abenteuer hier draussen nicht gibt, so möchte ich lieber im Klubraum im New Yorker Holland House sein und im pneumatikberäderten Automobil fahren. Das alte kleine New York ist gut genug für mich!“

      Während er diese schicksalsschweren Worte der Rebellion sprach, warf Leutnant Ranson einen raschen Seitenblick aus seinen schwarzen Augen auf das Gesicht von Mary Cahill. Es war beinahe so, als erwarte er seine Antwort von ihr. Was er von Mary Cahill zu hören wünschte, hätte er freilich selbst nicht sagen können. Aber seit der Gedanke in ihm aufgetaucht war, aus der Armee auszuscheiden, erschienen ihm Mary Cahill und die Armee als synonyme Begriffe, bedeuteten das Gleiche. Er bekämpfte zwar diese Erkenntnis blindlings. Dass die Armee ohne frischfröhlichen Felddienst unerträglich war, sagte ihm die Erfahrung der letzten sechs Monate; dass aber bürgerliches Leben ohne Mary Cahill ebenso unerträglich sein würde — das war doch durchaus keine feststehende Tatsache. Natürlich nicht! Er hatte den Gedanken belacht. Er hatte sich die Sache sogar ganz vernünftig zurechtgelegt. War es anzunehmen, so fragte er sich, dass ein Mann nach dreimaliger Umrundung des Erdballs das einzige Mädchen auf der Welt, das ihn glücklich machen konnte, auf der weiten Prärie, hinter dem Ladentisch eines Forthändlers sitzend, finden sollte? Sein Interesse für Miss Cahill war das Resultat eines allzu nahen Zusammenseins. Natürlich! Weil sonst niemand da war, weil er Mitleid fühlte mit ihrem Alleinsein, weil die lächerliche gesellschaftliche Abgeschlossenheit, der sie unterworfen war, seine Sympathien erweckt hatte. Wie lange wohl würde er, nach New York zurückgekehrt, sich des kleinen Kameraden erinnern, der furchtlosen kindlichen Augen in dem feinen weiblichen Gesichtchen, der wallenden Wogen wunderbaren Haares? Nicht sehr lange, meinte er. Vielleicht würde er sich erinnern, wie sie ihren Ponny ritt, wie sie sich aus dem mexikanischen Sattel beugte und ihren Handschuh vom Boden aufhob. Ja, das würde er wohl nicht vergessen. Und er würde sich auch des Tages erinnern, an dem er hinter ihr her galoppiert und mit ihr durch das Indianerdorf geritten war, und an jenen Tag, als sie miteinander den Ausflug zum Wasserfall machten. Und ihr Gesicht würde er nicht vergessen — wie sie sich abends über die Bücher beugte, die er für sie geborgt und die sie las, während die Offiziere assen, in dem hohen Stuhl sitzend, das Kinn in die Hände gestützt, auf das Buch vor ihr starrend. Und wie sie, wenn er sprach, den Kopf erhob und in das Feuer sah, mit lächelnden Lippen und aufleuchtenden Augen. Freundliche, liebe Erinnerungen würden es sein, sicherlich. Aber nach seiner Rückkehr in den Strudel und das Jagen der grossen Welt, die ausserhalb Fort Crocketts pulsierte, würden sie sogar als Erinnerungen verblassen.

      Mary Cahill gab kein äusserliches Zeichen einer Antwort auf die rebellischen Aeusserungen des Leutnants Ranson. Sie beugte sich nur über das Buch und versuchte, sich vorzustellen, was der Militärposten ihr noch geben könnte, wenn er seine Drohung ausgeführt hatte; wenn er in die Welt zurückgekehrt und für immer aus ihrem Leben verschwunden war. Nacht für Nacht hatte sie so dagesessen, auf ihrem Thron hinter dem Ladentisch, und seinem Erzählen gelauscht, in tiefer Verwunderung. Von einer Welt hatte er gesprochen, die sie nur aus Romanen, aus der Geschichte, aus Reisebeschreibungen kannte. Seine Schilderungen dieser Welt wirkten nicht gerade erzieherisch: er war weder ein Weiser noch ein geschulter Beobachter. Er erinnerte sich an London — das ihr die Hauptstadt der Welt bedeutete — hauptsächlich ob seiner Restaurants; an Kairo ob seiner schlechten Golfspielplätze. Er lebte, um fröhlich zu sein. Er betrachtete die Welt aus den Augen eines Knaben, eines frischen gesunden Jungen, der sich nach Aufregung sehnt. Sie hatte die Geschichte seiner kurzen Universitätszeit in Harvard gehört; die Geschichten von den Versammlungen in Henrys American Bar in Paris, vom Grand Prix und anderen Rennen; von einer Jachtfahrt, die anscheinend alle nur möglichen Formen der Abenteuerlichkeit umfasst hatte, von der Rettung einer gestrandeten Operettengesellschaft bis zum Rammen der Dhau eines Sklavenjägers. Die sehnsüchtige Trauer, mit der er von diesen Tagen der Freiheit sprach, eine Trauer, wie sie ein auf einer wüsten Insel ausgesetzter Verbannter empfinden mag, erweckte ihr ganzes Mitgefühl. Sein unhöflicher Spott über die gesellschaftlichen Vergnügungen des Militärpostens (von denen sie ausgeschlossen war), erfüllte sie mit verwundertem Staunen. Wie glänzend und köstlich musste sein früheres Leben gewesen sein, schloss sie, wenn er sich aus diesen Gesellschaften so gar nichts machte. Das half ihr, die eigenen gesellschaftlichen Entbehrungen leichter zu ertragen. Und da sie ein treues Kind der Armee war, so gefiel er ihr schon deswegen, weil er kein »politisierender Offizier« war, sondern ein Kämpfer; einer der gefochten hatte, ohne sich lang Gedanken über Recht oder Unrecht der Sache zu machen, um der Freude am Kampfe willen.

      Und eines Abends, als er den Kameraden von einem Filipino-Offizier erzählt hatte, der allein gegen ihn und seine Soldaten focht und, ihn verfluchend, in seinen Armen gestorben war, ging sie ins Bett mit dem klaren Bewusstsein, dass Leutnant Ranson viel zu sehr dem Bilde ähnelte, das sie sich von ihrem zukünftigen Gatten machte — viel zu sehr für den Frieden ihrer Seele. Ranson hatte nicht verhehlt, wie sehr er den tapferen Mann bewunderte, der im Kampf für die Freiheit gefallen war; er wurde so traurig in der Erinnerung an den elenden Tod des Braven, dass die Tränen ihm über die Wangen liefen. Die anderen Offiziere wurden ganz verlegen. Ranson aber trocknete sich die Tränen unbefangen und sagte nur:

      „Er hatte feuriges Blut in den Adern! Mir hat noch nie irgend etwas so weh getan wie das Schicksal jenes Jungen. Jedesmal, wenn ich daran denke, wie er, fast in Stücke zerschossen, sich mit dem Rücken an die Kirchenmauer lehnte und bis zum letzten Atemzug auf uns feuerte, kommen mir die Tränen. So,“ schloss er verlegen, „will ich lieber nicht mehr daran denken.“

      Tränen sind von Rechts wegen eines Weibes Waffen, und wenn ein Mann sie benutzt, sei es auch gegen seinen Willen, so kämpft er gegen das andere Geschlecht mit dessen eigenem Rüstzeug. Was höchst unrecht ist. Leutnant Ranson halte keine Ahnung, welches Unheil sein Mitleid für seinen Feind in Mary Cahills Herzen angerichtet hatte! Noch wusste er, dass sie ihn von jenem Abend an aus tiefster Seele liebte.

      ... Die beiden jungen Offiziere rauchten eine Zeitlang in nachdenklichem Schweigen, ehe sie Ransons Ultimatum weiter beantworteten.

      „Oh, es hat aber auch in Fort Crockett Gelegenheit zum Fechten gegeben,“ sagte Crosby. „Während der letzten zwei Jahre ist der Posten siebenmal alarmiert worden, nicht wahr, Miss СКАЧАТЬ