Die Politik Jesu. John Howard Yoder
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Название: Die Politik Jesu

Автор: John Howard Yoder

Издательство: Bookwire

Жанр: Документальная литература

Серия: Edition Bienenberg

isbn: 9783862567010

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СКАЧАТЬ liegt auf der Hand, dass ich das heute noch weniger bin als damals. Inzwischen gab es in jedem der angeschnittenen Themengebiete erhebliche neue Forschungen. Diese Themen erfuhren in den letzten Jahrzehnten weitere Aufmerksamkeit, nicht weil ich 1972 darüber geschrieben hatte, sondern weil mein Buch die damals lebendigen Fragestellungen der Forschung wiedergab.

      Es wäre daher unangemessen, im Rahmen eines doch kurzen Buches, den Text als solches umzuschreiben, um ein Vierteljahrhundert Forschung aufzuholen. Das Buch sollte nie ein Kompendium neutestamentlicher Forschung sein, sondern nur an einigen Beispielen eine Hauptthese unterstützen.

      Diese „Hauptthese“ gehört jedoch nicht ins Gebiet der Exegese, sondern der ethischen Methodenlehre. Sie hat noch nicht einmal mit dem Inhalt des ethischen Zeugnisses der neutestamentlichen Texte an sich zu tun, sondern mit der Frage, ob ihr Zeugnis „politisch“ ist.

      Dennoch fragen Leserinnen und Leser zu Recht, inwieweit die damals in der Synthese von 1972 zusammengefassten Einsichten von der weiteren Forschung unterstützt oder hinter sich gelassen wurden. Im Großen und Ganzen wurden sie „bestätigt“, doch nur eine Detailuntersuchung kann diese generelle Feststellung belegen. Für die vorliegende Revision der Politik Jesu bedeutet das, dass der Text selbst nur minimale Veränderungen erfährt, auf die meisten Kapitel jedoch ein kurzer aktualisierender Kommentar folgt. Darin versuche ich die Linien der weiteren Forschung herauszuarbeiten. In der Vorbereitung dieser Kommentare und anderen aktualisierenden Detailarbeiten wurde ich unterstützt von Kim Pfaffenroth.

      Zweierlei konnte und sollte ich in einer solchen Aktualisierung nicht tun: a) umfassend Rechenschaft geben, „wie sich mein Denken in einem Vierteljahrhundert verändert hat“, oder b) detailliert auf die Kritik an bestimmten Passagen eingehen. Es gibt natürlich zahlreiche Punkte, wo meine Position von 1972 korrigiert oder zurück genommen werden müsste. An anderen Stellen wäre es angebracht, sie gegen Fehlinterpretationen zu verteidigen oder sich mit Dialogpartnern auseinanderzusetzen, die sie zwar richtig verstehen, aber anderer Meinung sind. Eine solche Vorgehensweise würde jedoch viel mehr Raum erfordern und auch eine wesentlich diffizilere Argumentation, als der ursprüngliche Text beabsichtigte. Eine Überarbeitung des ganzen Buches hätte die Revision also unangemessen überlastet.

      Etwas anderes sind stilistische Änderungen des Originaltextes, etwa um auf den heute sensibleren Umgang mit geschlechtsspezifischen Ausdrücken einzugehen. Die wichtigsten Beiträge zur Überarbeitung in dieser Hinsicht kamen von Augustus und Laurel Jordan.

      In meinem ersten Vorwort bezeichnete ich meine Art der Exegese mit dem Begriff „biblischer Realismus“. Unter Fachwissenschaftlern war das ein in den 1960ern gängiger Ausdruck. Wie die wesentlichen Inhalte meiner Darstellung war es kein eigenes von mir geschaffenes Konzept. Der Begriff wurde jedoch nie sehr bekannt, noch versuchten die Forscher, die er damals bezeichnete, jemals konzertiert als Team oder „Schule“ zusammen zu arbeiten. Es bezeichnete einen Ansatz, der sich aller Werkzeuge der literarischen und historischen Kritik bediente, ohne sich von der traditionellen Schulwissenschaft fesseln zu lassen oder zuzulassen, dass der Kirche die Schrift weggenommen wird.

      Hätte ich gewusst, dass das Buch als Prototyp einer ambitionierten oder fundierten Methodik auf den Prüfstand gestellt würde, hätte ich mich womöglich stärker auf eine Erörterung der theoretischen Prolegomena eingelassen – oder gerade das verweigert, denn in der abstrakten Methodendiskussion gerät man leicht an einen Punkt, wo solche Diskussion sich dem biblischen Text in den Weg stellt und ihm seine zentrale Rolle in der Identität der Kirche streitig macht.

      1 Etwa von Birch und Larry Rasmussen, die mich in zwei Auflagen von Birch & Rasmussen (1976) auf verschiedene Weise und in verschiedenen Belegen so zitierten. Ähnlich bei Curran (1981).

      KAPITEL 1

      Die Möglichkeit einer messianischen Ethik

      Das Problem

      Unter den Theologiestudenten der westlichen Welt fiel die „Theologie der Befreiung“ auf fruchtbaren Boden, weil sie eben diese Behauptung aufstellt. Kann die christliche Ethik diese These genauso schlagfertig (bzw. leichtfertig) zurückweisen, wie sie oft aufgestellt wird? Könnte der Vorwurf mangelnder Ehrfurcht oder der Vereinnahmung für eigene Ziele nicht leicht auf sie zurückfallen? Oder steckt hinter dieser vielleicht übertriebenen Aussage eine biblische Wahrheit, die nun erst, da Revolution zum Schlagwort unserer Zeit geworden ist, in die allgemeine Wahrnehmung einbricht? Hat die ehrfurchtsvolle und „verantwortliche“ christliche Ethik in dieser Beziehung versagt?

      Eben dies zu tun, ist alles, was die vorliegende Arbeit leisten will; die Geschichte von Jesus so sprechen zu lassen, dass jeder, der sich mit Sozialethik befasst, zuhören kann, statt wie bisher mit einer Reihe von Standardausflüchten anzunehmen, Jesus sei nicht oder zumindest nicht in erster Linie relevant für gesellschaftliche Angelegenheiten.

      Ein solcher Versuch der interdisziplinären „Übersetzung“ hat seine spezifischen, ernstzunehmenden Risiken. Er muss beiden Parteien, die er gegenseitig in Hörweite bringen will, übervereinfachend erscheinen, da er damit beginnt, die Grenzen und Axiome der jeweiligen Disziplin nicht zu respektieren. Zudem ist der „Übersetzer“ oder Brückenbauer immer irgendwie ein Fremder, in gewisser Weise ein Laie, der außerhalb seines Fachgebietes wildert. Wir können zur Entschuldigung nur geltend machen: Hätten die Experten die dringend benötigte Brücke gebaut, so hätte der Laie dazu nicht antreten müssen.