Название: Die Wächter von Magow - Band 1: Rendezvous mit dem Rattenkönig
Автор: Regina Mars
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Die Wächter von Magow
isbn: 9783958344099
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»He!« Sofie angelte danach, bevor es ihr zu blöd wurde. Dann trat sie ihm gegen das Schienbein. Hart. Sein Gesicht verzog sich, aber er gab das Handy nicht her.
»Sie kann die Schwerter sehen«, erklärte die Braunhaarige dem Blondgelockten. »Du warst damit dran, die Schwerter mit Oculi ex einzureiben. Hast du es vergessen?«
»Was, ich?« Nat, das Raubkaninchen, schaute erstaunt. Er räusperte sich. »Also, ich glaube nicht. Ich meine, ich kann mich auch nicht erinnern, dass ich es getan hätte, aber …« Der Satz verreckte in der Luft und endete in einem schuldbewussten Grinsen.
Jean, der Fußballtrainer, stöhnte laut und genervt. »Du hast es vergessen. Warum arbeite ich eigentlich mit euch Versagern zusammen?«
»Weil wir so gut aussehen?«, fragte die Fußisan-Frau.
»Weil wir so gut aussehen UND charmant sind?« Nats schräges Lächeln tat offensichtlich nichts, um Jeans Laune zu verbessern. »Ach, komm schon. Das vergisst sie doch eh.«
»Wenn ihr mit 'Sie' mich meint, dann habt ihr sie wohl nicht mehr alle.« Sofie schnaubte. »Warum soll ich die drei Trottel vergessen, die mit Schwertern in meinen Club marschiert sind?« Und warum unterhielt sie sich mit diesen Trotteln? Sie sollte schleunigst zurück zur Bar und Dennis befehlen, die Polizei zu rufen.
»Weil, äh …« Nat sah sich hilfesuchend um. »Weil das gar keine echten Schwerter sind. Das sind nur Attrappen, ganz harmlose Pappschwerter. Damit könnte man keiner Fliege was zuleide tun.«
»Ah ja.« Sofie verschränkte die Arme vor der Brust. »Und warum lauft ihr mit Pappschwertern durchs Koval?«
»Weil das unser Hobby ist.« Nat strahlte. Mit den blonden Locken und den großen Augen sah er geradezu herzerwärmend niedlich aus, aber … da war etwas. Eine Ahnung, dass sich hinter der durchscheinend weißen Haut etwas verbarg. Nach Jahren hinter der Bar hatte Sofie genug Menschenkenntnis entwickelt, um die Kunden zu erkennen, mit denen etwas nicht stimmte. Und bei dieser Truppe hier klingelten alle Alarmglocken gleichzeitig.
»Euer Hobby ist es, mit Schwertern durch das Koval zu rennen.« Sie hob eine Augenbraue.
»Ja, also nein.« Er räusperte sich. »Wir sind, äh, harmlose LARPer. Live Action Roleplay. Wir tun nur so. Wir spielen ein Fantasyspiel nach.«
»Mit Vampiren und Werwölfen.« Die Fußisan-Frau schien Spaß an dem bekloppten Märchen zu haben, das sie Sofie da auftischte. »Ich bin ein Werwolf und Nat ist ein Vampir.«
»Und was ist er?« Sofie deutete mit dem Kopf auf den Mistkerl, der immer noch ihr Handy hatte. »Ein Brückentroll?«
Fußisan-Frau lachte. »Ja, genau. Jean, der Brückentroll. Siehst du, es ist alles ganz harmlos. Können wir weiterspielen?«
»Klar, sobald ihr mir eure Pappschwerter ausgehändigt habt.«
Schweigen. Die Drei sahen sich an.
»Aber dann verlieren wir das Spiel«, sagte Nat lahm.
»Mann!« Jean, der Brückentroll, übertönte selbst die Musik. »Ist doch egal, sie vergisst das eh! Können wir jetzt diesen Dämon … He!«
Sofie hatte versucht, sein Schwert aus der Scheide zu ziehen. Und er hatte sich gewehrt, mit einem Griff, der dafür sorgte, dass Sofie jetzt auf dem Boden lag. Mit schmerzendem Hintern und gerissenem Geduldsfaden. Sie sprang auf.
»Gut, das war's.« Sie wollte sich gerade umdrehen und zurück zur Bar stampfen, als die Nasenlöcher der Fußisan-Frau sich wieder blähten. Ihr Gesichtsausdruck veränderte sich, wurde ernst. Eine Falte erschien zwischen ihren Augenbrauen und sie sah sich langsam um, so vorsichtig, als würde etwas über den vor Bässen zitternden Boden kriechen. Als würde es hinter den Tänzern lauern. Sofie spürte einen kalten Lufthauch über ihren verschwitzten Rücken streichen.
»Isa? Riechst du ihn?«, fragte Nat, womit Sofie nun auch noch den letzten Namen hatte.
»Ja.« Isa legte die Hand an ihren Schwertgriff. »Er ist da.«
Rattenplage
Sofie folgte den Blicken der anderen. Das Erste, was sie sah, war eine Bewegung hinter den Tanzenden. An der Wand, ganz unten. Winzige Krallen, dunkle, kleine Körper, in die Höhe gereckte Schwänze.
»Igitt«, murmelte sie. »Ratten.«
Es waren nicht die Ersten, die sie im Koval sah. Die Gäste hätten sich ganz schön geekelt, wenn sie gewusst hätten, wie viele Fallen im Vorratsraum standen. Aber für gewöhnlich zeigten die Viecher sich nicht auf der Tanzfläche. Also, höchstens eine oder zwei. Nicht … Dutzende. Kälte rann durch Sofies Magen.
Was zur Hölle war hier los?
Ein Schrei erklang, irgendwo hinten in der Halle. Die Musik setzte einen Moment lang aus und genau in diesem Moment brüllte jemand. Erst eine Frau, dann noch eine, dann mischten sich Männerstimmen in die Kakophonie, die zu angstverzerrtem Kreischen wurde. Zwischen den Füßen der Tanzenden wuselte und wimmelte es. Modriger Gestank waberte durch die Luft.
Sofie drehte sich langsam um die eigene Achse. Überall Hilferufe, überall Panikausbrüche, das Tanzen wurde zu Schubsen und Rempeln, und dem Versuch, voranzukommen, ohne mit den Füßen den Boden zu berühren.
Die drei Trottel mit den Schwertern stürmten los, in entgegengesetzte Richtungen. Sie sah, wie Jean zwei bullige Kerle zur Seite rammte, wie Isa unter einem Stehtisch durch tauchte und verschwand. Nat wurde von einer Horde panischer Junggesellinnen gerammt und konnte knapp verhindern, dass er von ihnen niedergetrampelt wurde.
Etwas streifte Sofies Knöchel. Als sie nach unten sah, blickten ihr glänzend schwarze Augen entgegen. Gelbe Zähne leuchteten unter der behaarten Schnauze, dann huschte die Ratte weiter. Die nächste trippelte über Sofies Fuß.
»Ekelhaft«, flüsterte Sofie, Würgereiz unterdrückend. »So verdammt ekelhaft.«
Sie musste hier raus. Egal, woher die Viecher kamen, sie musste zum Ausgang, nach draußen, weg von hier. Das dachten leider auch alle anderen. Um den Ausgang sah sie geballte Leiber, wild fuchtelnde Hände. Schmerzensschreie hallten zu ihr herüber. Die Leute steckten fest.
Die Musik stoppte.
Sofie sah sich nach dem DJ um und entdeckte, dass er ebenfalls versuchte, zum Ausgang zu kommen. Ratten trippelten über seinen Laptop, der verlassen auf dem Pult stand. Es stank. Nach Schweiß und Panik, und dazwischen waberte Kanalgeruch, faulig und beißend. Die unzähligen haarigen Körper brachten ihn mit sich. Und den nach Blut. Zwischen den wuselnden Leibern, die den Boden bedeckten lagen winzige, zertrampelte. Ratten, die den Davonstürmenden nicht schnell genug ausgewichen waren. Und … Oh, verdammt. Sofie sah Blut an nackten Beinen herunterlaufen. Bisswunden.
Die hohen Kreischlaute der Flüchtenden und die noch höheren Kreischlaute, die die Ratten ausstießen, gellten in Sofies Ohren.
Raus, dachte sie. Du kannst dir später überlegen, was für ein Wahnsinn das hier ist. Raus.
Aber der Eingang war verstopft. СКАЧАТЬ