Название: Chefarzt Dr. Norden Staffel 5 – Arztroman
Автор: Patricia Vandenberg
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Chefarzt Dr. Norden Staffel
isbn: 9783740969745
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»Atmen Sie, Herr Loibl. Ganz ruhig. Ein und aus. Ein uns aus«, diktierte er den Takt.
Während die Schwester Moritz mit Sauerstoff versorgte, befestigte der Klinikchef die Elektroden eines mobilen EKGs auf der Brust des jungen Mannes. Wie gebannt starrte er auf die Kurve.
»Wieder nur eine dezente ST-Hebung. Genau wie beim ersten Mal.« Daniel schüttelte den Kopf. »Meiner Ansicht nach ist das kein Herzinfarkt. Dagegen sprechen auch die Ultraschallbilder und das Ergebnis der Blutuntersuchung.« Er wandte sich ab. Ging hinüber zum Beistelltisch und bereitete eine Injektion vor. »Keine Sorge. Das ist nur ein Beruhigungsmittel.« Der Klinikchef ließ es sich nicht nehmen, die Nadel höchstpersönlich unter der Haut seines Patienten zu versenken. »Gleich geht es Ihnen besser.«
Dr. Norden hatte nicht zu viel versprochen.
Moritz’ Atem beruhigte sich. Nach und nach trockneten die Schweißperlen auf seiner Stirn.
»Was ist das, wenn kein Herzinfarkt?«, fragte er endlich.
Daniel hatte die Gelegenheit genutzt, um nachzudenken. Eine tiefe Falte auf der Stirn, blickte er auf seinen Patienten hinab.
»Herr Loibl, leiden Sie momentan unter emotionalem oder psychischem Stress? Hat sich vielleicht kürzlich Ihre Partnerin von Ihnen getrennt? Haben Sie Liebeskummer?«
Mit jeder Frage wurden Moritz’ Augen größer.
»Sind Sie Psychiater, oder was soll das hier werden?«
»Herr Loibl!« Daniel zog eine Augenbraue hoch.
»Tut mir leid.« Moritz zog es vor, an die Decke zu starren. »Wenn Sie es unbedingt wissen wollen: Ja. Ich habe emotionalen Stress«, brach es plötzlich aus ihm heraus. »Ich weiß ja nicht, wie es Ihnen gehen würde, wenn die Liebe Ihres Lebens einen anderen heiratet. Noch dazu Ihren besten Freund. Und sie dummerweise schwanger ist. Von Ihnen.«
»Oh.« Dr. Norden räusperte sich. Mit so einem umfangreichen Geständnis hatte er nicht gerechnet. »Sie haben recht. Das würde mich auch umhauen.« Was war nun zu tun? Er griff nach dem Tablet. Ein kleiner Umschlag blinkte in der rechten Ecke des Bildschirms. Post aus der Radiologie. Ein paar Minuten herrschte Schweigen im Raum. »Auch wenn das nur ein schwacher Trost ist.« Dr. Norden blickte vom Tablet auf. »Die Herzkatheteruntersuchung kann ich Ihnen ersparen. Wir können uns also voll und ganz auf Ihr Bein konzentrieren. Das trifft sich eigentlich ganz gut. Bei dem Sturz wurde ein Nerv geschädigt. Wenn wir nicht schnell operieren, ist es möglich, dass er sich nie wieder erholt.«
»Klingt ja ganz so, als wäre heute mein Glückstag«, presste Moritz durch die Lippen.
*
Rebecca hatte es sich anders überlegt. Statt nach Hause zu gehen und auf die Rückkehr ihres Bräutigams zu warten, suchte sie das Behandlungszimmer, in das Moritz gebracht worden war. Ihre Bemühungen zeigten Erfolg.
»Wir sehen uns in einer halben Stunde im OP«, sagte Dr. Norden an der Tür und verließ das Zimmer. Beim Anblick der jungen Frau stutzte er. Öffnete den Mund und schloss ihn wieder. Kein Ton kam über seine Lippen. Er begnügte sich mit einem Nicken, ehe er davon eilte.
»Ich bin gleich wieder bei Ihnen!«, ertönte gleich darauf eine weibliche Stimme, ehe auch Schwester Regine das Zimmer verließ.
Im Gegensatz zu Daniel bemerkte sie die Besucherin nicht. Rebecca wartete, bis sie am Ende des Flurs um die Ecke bog. Erst dann schlüpfte sie ins Zimmer.
»Hey. Wie geht es dir?«
Moritz zuckte zusammen. Er öffnete die Augen und starrte die Braut an, als hätte er eine Erscheinung.
»Rekordverdächtig«, ätzte er. »Die Frau meines Lebens heiratet meinen besten Freund, mit dem sie mein Kind aufziehen wird. Was auch gut …« Er hielt inne. Tausend Gedanken wirbelten durch seinen Kopf. Es war schwer, einen zu fassen zu bekommen. »Moment mal. Ist das Kind auch wirklich von mir?«
Rebeccas Augen glitzerten gefährlich.
»Glaubst du, es macht mir Spaß, dich zu quälen?«
Moritz winkte ab. Er drehte den Kopf und starrte wieder an die Decke.
»Wie auch immer. Ich könnte uns sowieso nicht ernähren.«
Rebecca schluckte.
»Dein Herz?«, fragte sie heiser.
»Das Bein. Der Bruch muss operiert und mit Platten und Schrauben fixiert werden. Danach wird Dr. Norden die Enden des geschädigten Nervs vernähen. Und dann hilft nur Beten und Hoffen.« Er zwang ein Lächeln auf seine Lippen. »Aber warum erzähle ich dir das alles? Morgen heiratest du Vincent, und in zwei Wochen seid ihr auf Hochzeitsreise.« Er hob die Hand und winkte. »Adieu, holde Maid. Ich wünsche dir ein schönes Leben.«
Rebecca traute ihren Ohren nicht.
»Bist du jetzt total übergeschnappt? Du glaubst doch nicht im Ernst, dass ich Vincent heiraten werde.«
»Was denn sonst? Willst du ihm etwa sagen, dass du und ich …?« Der Rest des Satzes hing unausgesprochen in der Luft.
Mit einem stummen Knall verpuffte Rebeccas Zorn. Sie fühlte sich so leer wie die Hülle eines geplatzten Luftballons.
»Ich weiß nicht, was ich tun soll«, murmelte sie, als sich die Tür öffnete und Schwester Regine zurückkehrte.
»Oh, Entschuldigung. Ich wusste nicht …«
»Schon gut. Ich wollte eh gerade gehen.« Rebecca durchquerte den Raum und verließ das Zimmer, ohne sich noch einmal umzudrehen.
*
Die Schatten wurden länger und verschwanden schließlich ganz.
»Wollen Sie nicht endlich nach Hause gehen?«
Daniel Norden schreckte hoch. Stieß sich den Kopf an der Schreibtischlampe.
»Aua!« Er rieb sich die schmerzende Stelle. »Was sind das hier für Sitten? Warum gehen Sie denn schon?«
»Weil es schon nach sieben Uhr ist und ich auch noch etwas von meiner Wohnung haben will, wenn ich schon eine so horrende Miete bezahlen muss.«
»Nach sieben?« Der Schreck ließ den Schmerz in Vergessenheit geraten. Daniel klappte die Akte zu, in der er gerade gelesen hatte, und schaltete den Computer aus. »Hoffentlich ist Fee nicht zu wütend auf mich, dass es schon wieder so spät geworden ist.«
»Nur, wenn du dein Versprechen von heute Morgen einlöst.«
Fee tauchte hinter Andrea Sander auf. Auf dem Weg ins Büro ihres Mannes hatte sie ein paar Wortfetzen aufgeschnappt. Die beiden Frauen tauschten ein paar freundliche Worte miteinander.
»Dann kann ich mich ja jetzt mit gutem Gewissen in den Feierabend verabschieden.« Andrea winkte und machte sich auf den Weg. Ihre Schritte verhallten auf dem Flur.
»Welches Versprechen meinst du?«, erkundigte sich Daniel. Er tauchte wieder auf und stellte die Aktentasche auf den Tisch. Verstaute ein СКАЧАТЬ