Название: Vanadis
Автор: Isolde Kurz
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9788711446003
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Zur Entschädigung für die vielen Ärgernisse, die ihr sein Sprößling bereitete, hatte Egon sie durch das Geschenk eines kleinen munteren Ponys beseligt, auf dem sie die Wiese und den Forst auf und ab galoppierte und lachte, wenn sie ins Gras flog. Das Pony war ein äußerst gutmütiges Tier, das sich von der jungen Herrin eigenhändig aufzäumen ließ und, weil es den Tag über frei auf der Wiese grasen durfte, des Morgens durch die offene Verandatür an den Frühstückstisch kam, sich ein Stück Zucker zu erbetteln. Es wurde der liebste Spielkamerad der Jugend, die sich abwechselnd auf ihm im Reiten übte, ließ sich auch geduldig einem kleinen Wägelchen vorspannen und trabte auf der Landstraße dahin, fast mehr durch Zuruf der Kinder als durch die Zügel gelenkt. Denn es verstand augenscheinlich die Laute der Menschensprache, wenigstens soweit sie es betrafen, und vor allem seiner Herrin gehorchte es aufs Wort. Es schien sie über alles zu lieben und auch zu fühlen, daß sie das meiste Recht an ihm besaß, denn es lief ihr durch den Garten nach und wieherte zum Gruß, wenn sie zu ihm in den Stall trat. Sie gab ihm den Namen Falada nach dem treuen Roß aus ihrem Lieblingsmärchen. Oft neckte es sich mit ihr ganz auf Menschenweise, indem es sich locken ließ, auf wenige Schritt herankam und, wenn sie es fassen wollte, entwich, um sie spielend in weiterem oder engerem Bogen zu umkreisen. Wenn es sich einmal gar nicht greifen lassen wollte, stellte sie sich unmutig, schalt und drehte ihm den Rücken, um wegzugehen, dann kam es fröhlich wiehernd nachgesprungen.
Die Freunde des Hauses schüttelten den Kopf zu diesem Treiben und fanden, das Mädchen müßte nachgerade gleichaltrigen weiblichen Umgang haben, sonst würde sie noch ganz und gar zum Jungen. Einen solchen aber wollte sie nicht, zwischen ihr und ihren Altersgenossinnen, die in der Stadt nach der alten Schablone heranwuchsen, fehlte jede Brücke. Dagegen erblühte ihr jetzt unmittelbar an ihrer Seite die Freundin, deren sie bedurfte. Das war ihr Schwesterchen Esther. Auch diese war begabt und früh entwickelt und staunte an der noch begabteren älteren Schwester hinauf, nach der sie sich zu arten suchte. Sie war jedoch völlig anderen Schlages, das richtige kleine Mädchen mit dem Sinn für das Nahe und Nützliche. Sie betreute mit Wonne die Puppen, die von der älteren Schwester verschmäht und auf sie übergegangen waren, kleidete sie an, kochte für sie und legte sie allabendlich zu Bett mit größter Sorgfalt und Pflichttreue, und das in einem Alter, das sonst der Puppen schon überdrüssig ist. Wo es im Hause zu helfen gab, sprang sie zu, und manchmal machten schon ihre kleinen Hände ein von Fanny im Übereifer begangenes Ungeschick wieder gut. Die große Verschiedenheit ihrer Naturen war aber den Schwestern nicht bewußt und führte zu keinen Reibungen, sie lehnten sich gegeneinander, wenn das männliche Übergewicht zu drückend wurde. Vanadis liebte das Schwesterchen glühend, was von ihr noch glühender erwidert wurde, denn Esther lebte kein Doppelleben, sie träumte von keiner Insel, wo es schöner war, und von keinem Schiff, das dahin führte. Sie gab ihre ganze Liebe der sichtbaren Umwelt, und ihr tiefster Trieb war zu dienen. Als Jüngstes vom Hause ward sie von allen, auch von den Brüdern, gehätschelt und von niemand angefochten, nicht einmal von Roderich. Sie hatte nur zu lieben und sich lieben zu lassen. So war sie eigentlich die Glücklichste von allen.
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