Lebensborn e.V. - Tatsachenroman. Will Berthold
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Название: Lebensborn e.V. - Tatsachenroman

Автор: Will Berthold

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9788726444735

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СКАЧАТЬ nischt . . . und da kommste hierher?«

      Er betrachtet Lotte, die verwirrt auf den Boden sieht. Er zieht die Schultern hoch.

      »Na . . . mir soll’s recht sein . . .«, brummt er. Er läßt die Zügel seiner Gedanken schießen. Schließlich sagt er mit trunkenem Trübsinn:

      »Alles Mist . . . dieser Quatsch!«

      Dann bleibt er stehen und zieht Lotte unvermittelt an sich. Sie macht sich steif wie eine Puppe. Sie zittert. Aber ihre Lippen sind kalt. Sie denkt an das Opfer, das sie bringen will und beißt die Zähne aufeinander. So schwer ist das, überlegt sie. Aber ich tue es ja nicht für mich . . . für die anderen, für die Bewegung, die mich dafür ausgewählt hat, und die das Volk durch Nacht zum Licht führt.

      »Komm«, sagt Kempe leise, »wir gehen nach oben . . .«

      Die RAD-Führerin nickt schwerfällig und mechanisch mit dem Kopf. Ihr Nacken ist steif. Ihre Augen wirken starr. Sie hat Angst. Vor dem Opfer, das jetzt kommen muß . . .

      Doris weinte tränenlos. Sie lag wach. Die Verzweiflung schüttelte sie wie ein Krampf. Sie hörte seine Worte wie von einer Geisterstimme wiederholt. Immer den gleichen Satz, denselben Sinn:

      »Ich will dich nie wiedersehen, hörst du, nie wieder . . .«

      Gut, dachte Doris, ich will es dir leicht machen, Klaus, ganz leicht . . .

      Sie hörte Schritte vor der Tür und richtete sich auf. Sie hoffte, daß er doch noch zu ihr finden würde, und sie fürchtete, daß ein anderer Zugang suchen konnte. Stand da nicht jemand vor der Tür?

      Von unten kam wieder Lachen, Gesprächsfetzen. Türen wurden zugeschlagen. Entfernte Schritte trampelten über die Gänge. Wieder drehte einer am Radio. Was macht Klaus jetzt, überlegte Doris, denkt er wenigstens an mich? Und warum das alles? Was ist das für ein System, das junge Mädchen so erniedrigt? Wer hat das Recht, so in ihre natürlichen Empfindungen, in ihr persönliches Leben einzugreifen? Wer darf sie so versachlichen? Wer stellt die ungeheuerliche Forderung an sie, ihre Kinder so dem Staat zu opfern, wie man einst im alten Babylon die Erstgeborenen in den glühenden Rachen des Götzen Baal schleuderte?

      Ein leiser Trost streichelte sie in diesem Moment. Ich versteh’ dich ja, Klaus, dachte sie, daß du damit nichts zu tun haben willst. Ich würde dich sonst nicht lieben können . . .

      Doris war ein junges, natürliches Mädchen, das eine junge, natürliche Mutter werden wollte, deren Hände ihr Kind zärtlich streicheln, deren Ohren verzückt hören, wie es zum erstenmal das Wort Mutter ausspricht. Und dieses Kind sollte von Klaus sein, dem Nachbarssohn, den sie von klein auf liebte; von demselben Oberleutnant Klaus Steinbach, der sie jetzt haßte, erniedrigte und beleidigte, weil die Zeit sie wie ein Strudel in den Abgrund gerissen hatte . . . die Bewegung, an die sie immer noch glauben wollte, obwohl sie sie nicht mehr verstand . . .

      Wieder hörte Doris Schritte, fuhr entsetzt hoch. Die Tür ging auf. Klaus . . . hoffte, dachte sie einen Augenblick. Dann flämmte Licht auf. Und sie sah enttäuscht und doch erleichtert, daß Erika, die Stubenkameradin aus dem RAD-Führerlager, vor ihr stand.

      »Was machst du denn hier?« sprudelte sie los, »ich such’ dich schon die ganze Zeit . . . ist ganz lustig unten . . .«

      Erika setzte sich auf Doris’ Bett.

      »Los, keine Müdigkeit vorschützen! Zieh dich an, Mädchen!«

      Doris wandte fast ruckartig das Gesicht von ihr ab.

      Da faßte sie Erika am Kinn und fragte betroffen:

      »Was hast du denn?«

      »Ach . . . nichts . . .«

      »Ärger gehabt?«

      »Nein.«

      »Doris . . . du wirst den Unsinn hier doch nicht ernst nehmen . . .?« Sie redete sich in Zorn, der rasch wieder abflaute: »diesen aufgeblasenen Quatsch . . . diese nordisch-fälische Mischpoke . . . Was passiert?«

      »Es ist . . . etwas anderes . . .«

      »Versteh’ich nicht . . .«

      »Hör mal«, sagte Doris. Sie lächelte blaß und matt. »Ich halt’s hier nicht mehr aus . . . ich muß weg. Morgen schon! Ich kann hier keinen Tag mehr bleiben . . .«

      »Aber das geht doch nicht«, versetzte Erika betroffen. »Mach keine Dummheiten, Mädchen . . . ist doch alles halb so schlimm . . . Wir schlagen uns hier schon durch. Meinst du, ich habe Angst? . . . Führerkinder . . . Mensch, bei denen piept’s wohl!«

      Erika stand auf. Mit den Gedanken war sie bereits wieder im Aufenthaltsraum, wo gelacht und geflirtet wurde.

      »Willst du mir nicht doch . . . sagen . . .«

      »Ich . . . ich kann nicht . . .«

      »Also, mach keinen Quatsch, Mädchen . . .«, sagte Erika abschließend, löschte das Licht, schloß die Tür und hatte es eilig. Sie schüttelte die Sorge um Doris ab, nicht, weil sie herzlos war, sondern weil sie die Verzweiflung der Freundin nicht richtig erkannt hatte.

      Erst zu spät, am nächsten Vormittag um zehn Uhr, würde Erika ihre Oberflächlichkeit verwünschen . . .

      Von dem Moment an, da das Mädchen Lotte und der SS-Hauptsturmführer Kempe die Schwelle des Zimmers überschritten haben, kommen sie sich wie auf Kommando nackt vor. Der Raum ist einfach, fast spartanisch eingerichtet. Die Möbel sind hell, aber kalt. Das ölgemalte Hitlerbild, der Führer mit hochgeschlagenem Mantelkragen, ist in jedem Raum dieses Heims zu Hause.

      Lotte steht am Fenster, soweit wie möglich vom Lichtkegel entfernt. Sie schämt sich. Aber dieses heiße Gefühl reicht noch nicht aus, um ihr Weltbild einzureißen. Morgen, denkt sie, oder übermorgen . . . Aber heute noch nicht . . . So darf es nicht sein! Ich kenne ihn doch kaum! Freilich, er gehört zur Auslese wie ich. Aber er sieht mich ja gar nicht richtig an. Er weicht mir aus. Er grinst, wenn ich ihn etwas frage. Und er riecht nach Alkohol.

      Kempe deutet auf seine Aktentasche.

      »Marschgepäck«, sagt er lakonisch.

      Er setzt sich auf das Bett, schlägt die Tasche auf wie ein Zauberer, der die weiße Taube flattern läßt.

      Es ist Wodka. Und nicht einmal die Gläser hat der Offizier vergessen. Er nimmt die Flasche, als ob er ihr den Hals abdrehen wollte, zieht den lockeren Korken heraus, schenkt zwei Gläser voll.

      »Prost!« sagt er, »setz dich doch . . . machen wa’s uns jemütlich, Mädchen . . .«

      Lotte wird von der Peinlichkeit gewürgt. In ihrem blassen Gesicht sind rote Flecken. Sie sieht sich um, betrachtet die Tür, als ob sie gleich fliehen möchte. Wenn er nur etwas sagen würde . . . eine herzliche Geste oder eine dienstliche Parole, ja, auch das . . . schließlich will Lotte bewußt erleben, was man von ihr verlangt . . .

      »Keinen Durst?« fragt Kempe. »Prima Ware . . . meine Kompanie hat davon schon ganze Fässer ausgesoffen . . .«

      »Ich mag das nicht«, erwidert Lotte.

      »Den Wodka?«

      »Daß СКАЧАТЬ