Operation Führerhauptquartier. Will Berthold
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Название: Operation Führerhauptquartier

Автор: Will Berthold

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9788711727256

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СКАЧАТЬ letzten Moment aufriß und schluckte – und dann den ganzen Tag über Beschwerden klagte, die sich – hinterher – als einzige Wahrheit seiner Aussage herausstellen werden. Mitunter sinkt die Venlo-Affäre auf das Niveau einer Klamotte ab: SS-Oberführer Schellenberg und Captain Best begegnen einander in einem Waschraum, wo der Deutsche sein Monokel poliert.

      »Tragen Sie schon lange ein Einglas?« wendet sich der Engländer belustigt an seinen Gegenspieler.

      »Sehen Sie«, erwidert der angebliche Dr. Schemmel, »das wollte ich gerade Sie fragen.«

      Das Duell im Untergrund gleicht einer Schlacht mit verkehrten Fronten: Die britischen Experten benehmen sich wie Anfänger und ihre Gegenspieler, die SS-Dilettanten, wie Zauberlehrlinge des Secret-Service.

      Elf Uhr: Das üppige holländische Frühstück wird abgetragen. Ob Stevens und Best nach Venlo fahren, ist noch immer offen. Die Debatte geht weiter, die Kontroverse auch.

      Der Reichsrundfunk hat inzwischen gemeldet, daß einer der Attentäter an der Schweizer Grenze gefaßt wurde. Ein Mann namens Elser, Werkzeug des englischen Geheimdienstes.

      »Die eigentlichen Mörder von München sitzen in London«, stellt ein Kommentator fest: »Der Führer wird zu gegebener Zeit die ihnen gebührende Antwort erteilen.«

      Schellenberg ist schon unterwegs. Neben ihm Müller-Wagenknecht. Der Mann ist fahlblond, weißhäutig; seine farblosen Augen haben heute rote Ränder.

      Der Hauptsturmführer tauchte erst um sechs Uhr morgens auf; er ist auch ein Günstling Heydrichs. Braucht man Kopf, wählt er Schellenberg, setzt er auf die Faust, Müller-Wagenknecht. Doch Faust und Kopf sind keine Einheit; sie können einander nicht leiden.

      Kein Engländer kann so dumm sein, diesen rsha-Mann für einen deutschen General zu halten. Für diese Rolle hatte Schellenberg eine würdige Erscheinung aus dem SS-Fördererkreis der deutschen Industrie ausgesucht, aber in der Eile muß er auf den Mann zurückgreifen, den man hinter seinem Rücken einen blonden Kotzbrocken, kurz ›Bloko‹ nennt.

      13.30 Uhr. Schellenbergs Wagen mit der zivilen Nummer hat die Grenzstation Venlo erreicht. Obwohl freie Durchfahrt angeordnet ist, überprüfen die Beamten sorgfältig die Papiere. Der Wagen rollt langsam zur niederländischen Seite weiter. Hier wiederholt sich der Vorgang, Dann hebt sich die Schranke.

      Der falsche Dr. Schemmel fährt auf das Grenzcafé zu, parkt seinen Wagen hinter dem Haus. Er betritt, gefolgt von Müller-Wagenknecht, den Raum und wird vom Wirt mit Handschlag begrüßt.

      Er erhält einen Fensterplatz, bestellt einen Aperitif und wartet. Die Zeit läßt sich Zeit, eine halbe Stunde, eine ganze. Der Fallensteller starrt heraus, bis ihn der Halswirbel schmerzt. »Da hätten wir doch leicht Waffen durchschmuggeln können«, mault sein Begleiter; sein Horizont reicht über Kimme und Korn nicht hinaus.

      Trotz Schellenbergs warnendem Blick mäkelt Müller-Wagenknecht weiter: »Ich komm mir wie nackt vor ohne Ballermann.«

      Das Wetter ist düster. Uniformierte vor und hinter der Grenze. Sie geben sich sorglos. Auffallend viele Zivilisten mit Hunden, unschwer zu erraten, daß ihre Spaziergänge Dienstrunden darstellen. Die Zeit beginnt an Schellenbergs Nerven zu sägen. Gelingt es ihm nicht, den Führerbefehl auszuführen, kann er gleich ganz in den Niederlanden bleiben.

      15 Uhr. Aus Richtung Venlo kommt ein großer grauer Wagen, nähert sich rasch der Grenze. Dr. Schemmel ist schon aufgesprungen, dann sieht er, daß es kein Buick ist. Einen Moment lang fürchtet der Agent, seine Kidnapper könnten sich die falschen Insassen greifen, aber der Sturmbannführer hat aufgepaßt. Er hat ja seine Grenzerfahrung; aber es ist wohl leichter, im eigenen Land Wehrlose zu töten, als sich Bewaffnete jenseits der Grenze lebend zu greifen.

      15.08 Uhr. Der Buick hat das holländische Stadthuis passiert und rollt an pittoresken Giebelhäusern aus dem XVI. Jahrhundert vorbei. Major Stevens setzte sich durch. Mit Rückendekkung aus London. Es ist, als wollte der erfahrenste Geheimdienst der Welt in dieser Sache keinen Fehler auslassen: Die SIS-Offiziere sind unbegleitet. Vier Mann in einem Wagen, so daß im Falle eines Überfalls bei der Gegenwehr einer den anderen behindern wird.

      Die Briten lassen sich von dem holländischen Leutnant Klop in der Öffentlichkeit begleiten, obwohl das ihren Gegenspielern die Chance gibt, ein Zusammenspiel der neutralen Niederländer mit den kriegführenden Engländern zu beweisen. Und sie fahren in unmittelbare Nähe der Grenze, obwohl man ihnen mitteilte, daß Dr. Schemmels Begleiter durchaus nicht wie ein deutscher General aussieht. Aber wie sieht ein deutscher General aus? Außerdem gibt es unter Hitler Offiziere unter 30, die diesen Rang bekleiden.

      15.14 Uhr. In scharfer Fahrt prescht der graue Buick über die Landstraße, schwenkt mit quietschenden Bremsen zum Grenzcafé ein. Dr. Schemmel und sein Begleiter springen auf und laufen den Holländern entgegen.

      Gleichzeitig setzt sich hinter der deutschen Grenze der Kommandowagen in Fahrt. Er rollt langsam auf die Beamten der holländischen Seite zu.

      Plötzlich tritt der Fahrer das Gaspedal durch.

      Die Uniformierten springen zur Seite, um nicht überfahren zu werden.

      Das schwere Gefährt nimmt Kurs auf den Buick, als wollte es ihn rammen.

      Der englische Fahrer versucht, seinen Wagen herumzureißen. Zu spät. Captain Best verliert sein Monokel. Major Stevens wird bleich. Leutnant Klop springt aus dem Wagen, reißt die Pistole hoch, zerschießt die Windschutzscheibe.

      Gleichzeitig ballern deutsche MPs auf. Der Holländer faßt sich mit beiden Armen an den Oberkörper, knickt in den Knien ein, knallt dann kopfüber auf den Boden. Querschläger zischen über die Köpfe der Grenzbeamten hinweg.

      Bis die verblüfften Holländer dazu kommen, ihre Waffen zu entsichern und gezielt zu schießen, ist der Spuk bereits zu Ende.

      Schellenberg und Müller-Wagenknecht erreichen ihren Wagen und jagen unter Feuerschutz zur deutschen Grenze zurück. Harte Fäuste zerren Stevens und Best aus dem Buick, halten sie fest wie im Schraubstock, als das Kidnapper-Gefährt entkommt – erst jetzt erfassen die Holländer voll das Gangsterstück.

      Leutnant Klop stirbt in Düsseldorf auf dem Operationstisch. Stevens und Best werden in das KZ Sachsenhausen bei Berlin eingeliefert. Der Reichsrundfunk feiert Orgien: »Attentäter von München 18 Stunden nach dem Anschlag gefaßt«, überschlägt sich die Propaganda.

      Zwei der wichtigsten Geheimnisträger des Secret Service befinden sich in den Händen von rsha-Männern, denen man nachsagt, sie brächten Steine zum Reden. In München erleidet das zuerst Georg Elser; sie drehen ihn durch die Mangel, zunächst mit brutalen, dann mit subtilen Methoden. Als sich Gestapo-Müller, der kahlgeschorene Chef der Schläger- und Schlächtertruppe, die Fingerknöchel an dem geständigen Attentäter des Bürgerbräukellers wundgeschlagen hat, übernehmen ›Fachärzte‹ seine Arbeit: Sie pumpen Elser mit Pervitin voll, erzeugen einen künstlichen Redeschwall. Der Mann in den Händen seiner Feinde schwäbelt darauflos, erzählt, was immer sie hören wollen, doch kein Wort über eine Zusammenarbeit mit dem britischen Geheimdienst. Auch unter Hypnose bleibt der Verhaftete ein Alleintäter. Widerwillig kommen Gestapo-Müller und Heydrich zu der Ansicht, daß er die Wahrheit sagt.

      Himmler schreibt an den Rand des Protokolls: »Welcher Idiot hat diese Vernehmung geführt?« Er greift selbst ein.

      Der Bluthund des Dritten Reiches, der sonst kein Blut sehen kann, trampelt in Münchens Wittelsbacher Palais, dem Sitz der Gestapo-Leitstelle, auf dem gefesselten СКАЧАТЬ