Diakonie zwischen Vereinslokal und Herrenmahl. Jan Quenstedt
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СКАЧАТЬ wenn doch schon alles gesagt zu sein scheint in Bezug auf das Verständnis von „Diakonie“.

      Aus der Sicht eines diakoniewissenschaftlich interessierten Exegeten liegt die Notwendigkeit eines 11.701. Versuchs auf der Hand: Die exegetische Wissenschaft hat in den vergangenen Jahren aufgezeigt, dass ein lange gültiger Konsens in Bezug auf das Verständnis des neutestamentlichen Lexems διακονέω κτλ. keine Tragfähigkeit mehr besitzt, sondern eine Reformulierung des Verständnisses notwendig erscheint. Zugleich ist das, was die exegetische Wissenschaft unter dem Lexem versteht, nicht zwangsläufig das, was die Diakonie als Trägerin sozial-fürsorglichen HandelnsHandeln, sozial-fürsorglich praktisch umsetzt. Es besteht also eine Differenz zwischen dem neutestamentlichen Verständnis von „Diakonie“ und seiner praktischen Gestalt: Beides kann zweifellos von Zeit zu Zeit und an diversen Orten in eins fallen, aber ein Konvergenzautomatismus ist nicht gegeben. Diakonie ist also nicht gleich „Diakonie“. Das zeigt auch der Sprachgebrauch in dieser Studie: Steht der Begriff in Anführungszeichen, so bezeichnet er Motive, Verhaltensweisen und HandlungsvollzügeHandlungsvollzüge, die mit dem Begriff verbunden werden. Ohne Anführungsstriche gebraucht, ist jeweils die namensgleiche Institution gemeint, die sich mit ihren Werken, Verbänden und Einrichtungen auf dem Markt der WohlfahrtspflegeWohlfahrt engagiert. Weiterhin bezieht sich das Attribut „diakonisch“, in dieser Studie ohne Anführungszeichen gebraucht, inhaltlich auf „Diakonie“ und die damit verbundenen Motive. Die vorliegende Studie sucht Verbindungen zwischen dieser „Diakonie“ und der Diakonie und damit zwischen exegetischer Wissenschaft und diakonischer Praxis vor dem Hintergrund der verbindenden Basis des Neuen Testaments. Dass mit dieser Suche die bereits angerissenen Differenzen zwischen Theorie und Praxis nicht grundlegend ausgeräumt werden können, legt sich aufgrund des begrenzten Umfangs der Untersuchung und der Exemplarizität ihrer Ausführungen nahe. Wie später noch ausgeführt werden wird, besteht der Mehrwert dieser Studie darüber hinaus aber in der Anregung eines Gesprächs zwischen den theologischen Disziplinen, in dem „Diakonie“ als ein Konzept verstanden werden sollte. Damit versuchen diese Ausführungen die exegetische Wissenschaft, die Diakonie und die DiakoniewissenschaftDiakoniewissenschaft an einen Tisch zu bringen und eine Verbindung zwischen den einzelnen Disziplinen bzw. Institutionen herzustellen. Mit dieser angestrebten Verbindung wird ein Bogen geschlagen, der über diese Studie hinausweist, weil er darauf angelegt ist, an anderen Stellen aufgegriffen und vertieft zu werden.

      Um den avisierten Bogen nachvollziehen zu können, beschreitet diese Arbeit im Spannungsfeld von Neuem Testament und „Diakonie“ einen neuen Weg, indem sie das Gespräch mit den Zeugnissen antiker Vereinigungen sucht. Diese bieten sich aufgrund ihrer Strukturen, ihrer OrganisationsformOrganisationsform und ihres Gemeinschaftslebens zum Vergleich an, wie auch in den Kapiteln II.1.1, II.1.5 und II.1.6 deutlich herausgearbeitet werden wird. In dieser Perspektive eines phänomenologischen Vergleichs zwischen antiken Vereinigungen und frühen christlichen Gemeinden, der auf der Untersuchung von epigraphischen Zeugnissen und neutestamentlichen Schriften beruht und durch eine heuristische Bestimmung des Konzepts diakonischen Handelns geleitet wird, wird deutlich werden, was „Diakonie“ ist und sein kann und welche Relevanz ihr für die Gegenwart zukommt. Vor diesem Hintergrund zeigt sich, dass sich im Begriff der „Diakonie“ die Dimension praktischer HandlungsvollzügeHandlungsvollzüge mit der Dimension einer ihnen vorausgehenden Gesinnung und Lebensgewohnheit, d.h. eines EthosEthos, verbindet. Implizit wird also auch die Frage nach diesem Ethos und der daraus resultierenden GruppendynamikGruppendynamik von Vereinigungen und frühen christlichen Gemeinden mit bedacht werden.

      Zur Begehung des skizzierten Weges gliedert sich die vorliegende Arbeit in vier Abschnitte als Wegmarken des Erkenntnisgewinns. Abschnitt I bietet Annäherungsversuche an den Begriff und das Phänomen der „Diakonie“. Der Struktur des Abschnitts liegt die didaktisch motivierte Überlegung zugrunde, drei verschiedene Zugänge zu bieten, die je nach Vorkenntnis und Interesse der Leserinnen und Leser einzeln oder in Gänze wahrgenommen werden können. Je nach Neigung kann hier eine Annäherung an die Thematik über eine Statistik biblischer Befunde sowie deren Kontexte (Kapitel I.1), empirische Wahrnehmungen (Kapitel I.2) oder exegetische Diskurse (Kapitel I.3) erfolgen. Alle drei Zugänge werden in Kapitel I.4 zusammengefasst und miteinander ins Gespräch gebracht. Allein für sich und ohne die weiteren Abschnitte betrachtet, bietet Abschnitt I aber auch die Möglichkeit, sich der Thematik ohne weitreichendes Vorwissen anzunähern und damit die Grundlagen für eigene Überlegungen zu schaffen. Darüber hinaus versteht sich Kapitel I.3 auch als eine forschungsgeschichtliche Skizze über die exegetische Auseinandersetzung mit dem Lexem διακονέω κτλ. Dass diese Studie neben diesem forschungsgeschichtlichen Überblick noch einen weiteren Überblick zur theologisch motivierten Forschung zu antiken Vereinigungen in Kapitel II.1.5.1 bietet, liegt in dem Umstand begründet, dass die Betrachtung der Thematik „Diakonie“ im Kontext antiker Vereinigungen bisher ein Desiderat darstellt und deswegen beide Forschungsbereiche gleichermaßen beachtet und dargestellt werden müssen.

      Abschnitt II wendet sich der Untersuchung antiker Vereinigungen zu. Der Studie vorangestellt sind Hinweise zur Auswahl der epigraphischen Quellen sowie zum bereits genannten Konzept diakonischen Handelns (Kapitel II.1.3). Dieses Konzept bildet die Grundlage der Untersuchung der HandlungsvollzügeHandlungsvollzüge antiker Vereinigungen und greift dabei auf die in Abschnitt I gewonnenen Erkenntnisse zurück. Da die vorliegende Untersuchung einen exemplarischen Ansatz verfolgt, sind zudem Vorbemerkungen erforderlich, die den historischen, sozialen und kulturellen Kontext erhellen, in dem die Vereinigungen ihren Ursprung haben (Kapitel II.1.4). Deren rechtliche und strukturelle Grundlagen werden anschließend in Kapitel II.1.5 dargestellt und mit einem Überblick über die Quellenlage und die Forschungsgeschichte zu antiken Vereinigungen verbunden. Obgleich diese Vorbemerkungen ein retardierendes Moment darstellen mögen, sind sie im Rahmen dieser Studie dennoch aus drei Gründen notwendig:

      1 Um auf Grundlage der exemplarischen Auswahl an Inschriften zu tragfähigen Erkenntnissen zu gelangen, die sich im Kontext weiterer Forschung zu den Vereinigungen plausibilisieren lassen, ist die besprochene Auswahl zunächst in ihren zeitgeschichtlichen Horizont einzuzeichnen.

      2 Zugleich entsprechen die Vorbemerkungen den bereits in Zusammenhang mit Abschnitt I erwähnten didaktischen Überlegungen, die eine fundierte Auseinandersetzung mit dem Thema und den Ursprüngen des Konzepts diakonischen Handelns ermöglichen wollen, ohne dass weitere Literatur für eine erste Orientierung notwendig ist.

      3 Letztlich dienen die Vorbemerkungen auch der Schaffung eines vergleichbaren Verstehenshorizonts zwischen dem Verfasser und den Leserinnen und Lesern dieser Studie, der das Nachvollziehen der Untersuchung und ihrer Ergebnisse erleichtert.

      Kapitel II.2 bietet die Besprechung der VereinigungsinschriftenVereinigungsinschrift und befragt sie hinsichtlich des Konzepts diakonischen Handelns, wie es in Kapitel II.1.3 formuliert wurde. Der Ertrag dieses Abschnitts wird in Kapitel II.2.12 gebündelt. Dieser Ertrag stellt vonseiten der Inschriften die Grundlage für die komparative Betrachtung mit den neutestamentlichen Schriften in Abschnitt III dar. Die griechischen Inschriften werden jeweils mit einer deutschen Arbeitsübersetzung des Verfassers versehen. Für die untersuchte lateinische Inschrift wird eine fremde Übersetzung dargeboten, die von der Übersetzerin an der Originalinschrift überprüft wurde und sich deswegen besonders für die Weiterarbeit auszeichnet. Da für einige Inschriften bisher keine deutschen Übersetzungen vorliegen, schließt diese Studie auch eine Lücke in diesem Bereich.

      Wie die Überlegungen zur Quellenlage in Kapitel II.1.5.5 zeigen werden, ist für eine Auseinandersetzung mit den Inschriften eine exemplarische Auswahl zu treffen. Obgleich eine Exemplarizität immer mit der Gefahr verbunden ist, singuläre Phänomene zu allgemeingültigen Merkmalen zu erheben, ist diese Beschränkung im vorliegenden Rahmen aufgrund der Fülle des Materials zwangsläufig notwendig. Gegen die Gefahr der Verallgemeinerung singulärer Phänomene wird einerseits auf die bereits aufgezeigte Bedeutung der Vorbetrachtungen verwiesen. Andererseits ist vorwegzunehmen, dass alle in dieser Studie gewonnenen Erkenntnisse zunächst allein im Licht der angegebenen und besprochenen Inschriften Plausibilität besitzen und dementsprechend eine Applikation der Ergebnisse auf weitere Vereinigungen sowie die СКАЧАТЬ