Dr. Katzenbergers Badereise. Jean Paul
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Название: Dr. Katzenbergers Badereise

Автор: Jean Paul

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

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isbn: 9788726614664

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СКАЧАТЬ dem solche Diskurse so mild in die Ohren eingingen wie einem Pferde der Schluck Arznei, den man ihm durch die Nasenlöcher einschüttet. Um aber mit irgend etwas seinem Ohre zu schmeicheln, brachte er einen seinen Iltispinsel heraus und steckte ihn in den rechten Gehörgang bis nahe ans Paukenfell und wirbelte ihn darin umher; er versicherte die Zuschauer, hierin sei er ganz der Meinung der Sineser, wovon er die Sitte entlehne, welche diesen Ohrenkitzel und Ohrenschmaus für den Himmel auf Erden halten.

      Da aber die Menschen immer noch links hören, wenn sie in Lustgeschäften rechts taub sind: so vernahm er noch viel vom Gespräch. Er fiel daher in dieses mit ein und berichtete: ,Auch er habe sonst als Unverheirateter an Heiraten gedacht und nach der damaligen Mode angebetet — was man zu jener Zeit Adorieren geheissen —; doch sei einem Manne, der plötzlich aus dem strenger mathematischanatomischen Heerlager ins Kindergärtchen des Verliebens hinein gemusst, damal zumute gewesen wie einem Lachse, der im Lenze aus seinem Salzozean in süsse Flüsse schwimmen muss, um zu laichen. Noch dazu wäre zu seiner Zeit eine bessere Zeit gewesen — damals habe man aus der brennenden Pfeife der Liebe polizeimässig nie ohne Pfeifendeckel geraucht — man habe von der sogenannten Liebe nirgend in Kutschen und Kellern gesprochen, sondern von Haushalten, von Sich-Einrichten und Ansetzen. So gesteh er z. B. seitserseits, dass er aus Scham nicht gewagt, seine Werbung bei seiner durch die ausgesognen Maikäfer entführten Braut anders einzukleiden als in die wahrhaftige Wendung: nächstens gedenke er sich als Geburthelfer zu setzen in Pira, wisse aber leider, dass junge Männer selten gerufen würden und schwache Praxis hätten, so lange sie univerehelicht wären.‘ — „Freilich“, setzte er hinzu, „war ich damals hölzern in der Liebe, und erst durch die Jahre wird man aus weichem Holze ein hartes, das nachhält.“

      „Bei der Trennung von ihrer Geliebten mag Ihnen doch im Mondscheine das Herz schwer geworden sein?“ sagte der Edelmann. „Zwei Pfund — also halb so schwer als meine Haut — ist meines wie ihres bei Mond- und bei Sonnenlicht schwer“, versetzte der Doktor. „Sie kamen sonach über die empfindsame Epoche, wo alle jungen Leute weinten, leichter hinweg?” fragte Niess. „Ich hoffe”, sagt’ er, „ich bin noch darin, da ich scharf verdaue, und ich vergiesse täglich so viele stille Tränen, als irgendeine edle Seele, nämlich vier Unzen den Tag; nur aber ungesehen (denn die Magenhaut ist mein Schnupftuch); unaufhörlich fliessen sie ja bei heilen guten Menschen in den knochigen Nasenkanal und rinnen durch den Schlund in den Magen und erweichen da drunten manches Herz, das man gekäuet und das zum Verdauen und Nachkochen da liegt.“

      Ich weiss nicht, ob ich mich irre, aber mir kommt es vor, als ob der Doktor seit dem schlafmachen Anhören der Lobreden, welche Theoda seinem liebreichen Herzen vor dem Poeten Niess gehalten, ordentlich darauf ausginge, säh’ ihm dergleichen ganz, und lieber schien er aus Millionen Gründen härter als weicher.

      Als daher Niess, um den seltenen Seefisch immer mehr für seine dichterische Naturalienkammer aufzutrocknen, eine neue Frage tun wollte, fuhr Theoda ordentlich auf und sagte: „Herr von Niess, sie sind im Innerlichen noch härter als mein Vater selber.“ — „So?“ sagte der Doktor, „noch härter als ich? Es ist wahr, die weibliche Sprache ist, wie die Zunge, weich und linde zu befühlen, aber diese sanfte Zunge hält sich hinter den Hundszähnen auf und schmeckt und spediert gern, was diese zerrissen haben.“ Hier suchte der seine Würfel auf etwas Schöneres hin abzulenken und bemerkte, was bisher Theoda nicht gesehen: ,Dort schreite schon lange Herr Umgelder Mehlhorn so tapfer, dass ihn der Kutscher schwerlich auf dem höckerigen Wege überhole.‘ Als dies der Kutscher vernahm, dem schon längst der nicht einzuholende Zoller eine bewegliche Schandsäule und Höllenmaschine gewesen: so fuhr er galoppierend in die

      12. Summula

      — die Avantüre —

      hinein und warf an einem schiefgesunknen Grenzstein leicht, wie mit einer Wurfschaufel, den Wagen in einen nassen Graben hinab. Katzenberger fuhr als primo Ballerino zuerst aus der Schleudertasche des Kutschers, griff aber im Fluge in die Halsbinde des Schuldirektors wie in einen Kutschen-Lakaienriemen ein, um sich an etwas zu halten; — Würfel seines Orts krallte nach Flexen hinaus und in dessen Friesärmel ein und hatte unten im Graben den mitgebrachten Friesaufschlag in der Hand; — Niess, das Gestirn erster Grösse im Wagen, glänzte unten im Drachenschwanze seiner Laufbahn, nahm aber mehr die Gestalt eines Haarsterns an, weil er die Theodasche Perücke nach sich gezogen, an die er sich laut wehklagend unterwegs hatte schliessen wollen; — Theoda war, durch kleines Nachgeben gegen den Stotz und durch Erfassen des Kutschenschlages, diagonal im Wagen geblieben; — Flex ruhte, den Kutscher noch recht umhalsend, bloss mit der Stirn im Kote, wie ein mit dem Gipfel vorteilhaft in die Erde eingeletzter Baum.

      Erst unten im Graben und als jedermann angekommen war konnte man wie in einem Unterhause auf Herauskommen stimmen und an Einhelligkeit denken. Katzenberger votierte zuerst, indem er die Hand aus Würfels Halsbinde nahm und dann auf dem Rückgrate des Schuldirektors wie auf einer flüchtigen Schiffbrücke wegging, um nachher auf Flexen aufzufussen und sich von da, wie auf einem Gauklerschwungbrett, leicht ans Ufer zu schwingen. Es gelang ihm ganz gut, und er stand droben und sah hernieder.

      Hier konnte er nicht ohne wahre Ruhr und Luft so leicht bemerken, wie die andern Hechte im Grabenwasser schnalzten, aus Verlegenheit. Flexens Rückgratwirbel wurden ein allgemeines, aber gutes Trottoir, und der Schuldirektor schlug willig diesen Weg ein. Um Ufer zog der Doktor ihn an der Halsbinde nach kurzem Erwürgen ans Ufer, wo er unaufhörlich sich und seinen Kleiderbewurf besah und zurückdachte. Auch der untergepflügte Dichter bekroch Flexen und bot dem Doktor die Hand, an deren Ohrfinger dieser ihn mit kleiner Verrenkung dadurch aufs Trockne zog, dass er selber sich rückwärts bog und umfiel, als jener aufstand. Was noch sonst aus dem Nilschlamme halb lebendig aufwuchs, waren nur Leute; aber diese waren am nötigsten zum Aufhelfen, sie waren die Flügel, die Maschinengötter, die Schussheiligen, die Korkwesten des Wagens im Wasser.

      Mehlhorn für seine Person war herbeigesprungen und stand auf dem umgelegten Kutschenschlage fest, in welchen er unaufhörlich seinen Hilfengelsarm umsonst Theodan hineinreichte, um sie um den Schlag herum- und aufzuziehen — bis ihn der Kutscher von seinem Standort wegfluchte, um den Wagen aufzustellen.

      Delikate Gesellschaftsknoten werden wohl nie zärter aufgelöset als von dem Wurfe in einen Graben, gleichsam in ein verlängertes Grab, wobei das allgemeine Interesse wenig verliert, wenn noch dazu Glieder der Mitglieder verrenkt oder verstaucht sind oder beschmutzt. Die Freude ging allgemein wie eine Luna auf; das Städtchen Huhl lag vor der Nase, und jeder musste sich abtrocknen und abstäuben und deshalb vorher übernachten. Nur Würfel, der aus dem Örtchen sein Taschenbuch zurückzuholen hatte, musst’ verdriesslich daraus heimeilen mit der nassen Borke am besten Vorderwestchen; eine halbe Nacht und einen ganzen Weg voll Nachtluft musst’ er dazu nehmen, um so trocken anzulangen, als er abgegangen. Katzenberger machte weniger aus dem Kot, von welchem er seine eigne Meinung hegte, welche diese war, dass er ihn bloss als reine Adamserde, mit heiligem Himmelwasser getauft, darstellte und dann die Leute fragte: was mangelt dem Dreck? Bloss den dachsbeinigen Flex schalt er über dessen schweres Schleppkleid so: „Fauler Hund, hättest du dich nicht stracks aufrichten können, sobald ich von dir aufgesprungen war? Warum liessest du dich von allen immer tiefer eintreten? Und warum gabst du dem unbedachtsamen Würfel nicht nach und liessest dich vom Bocke herunterreissen, anstatt meines Livreiaufschlags? He, Mensch?“ — „Das weiss ich nicht“, versetzte Flex, „das fragen Sie einen andern.“

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