Название: Night Team
Автор: Michael Connelly
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Red Eye
isbn: 9783311702191
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Aber das würde er noch früh genug herausfinden.
7
Bosch kam früh nach Hause. Sobald er die Tür öffnete, schlug ihm Essensgeruch entgegen. Elizabeth Clayton war in der Küche und briet in Butter und Knoblauch ein Hühnchen an.
»Hallo«, sagte Bosch. »Das riecht aber lecker.«
»Ich wollte dir was zum Essen machen«, sagte sie.
Sie umarmten sich unbeholfen, während sie am Herd stand. Als Bosch sie kennengelernt hatte, war sie drogensüchtig gewesen und hatte die Trauer über die Ermordung ihrer Tochter unter einem Berg aus Pillen zu begraben versucht. Sie hatte sich den Kopf kahl rasiert, nur noch vierzig Kilo gewogen und war immer bereit gewesen, dreißig Milligramm vom Schuldgefühle und Erinnerungen dämpfendem Oxycodon gegen Sex zu tauschen.
Sieben Monate später war sie clean und hatte zehn Kilo zugenommen, und ihr sandblondes Haar war weit genug nachgewachsen, um das hübsche Gesicht einzufassen, das im Lauf ihres Entzugs zum Vorschein gekommen war. Die am Rand der Finsternis lauernden Erinnerungen und Schuldgefühle waren jedoch immer noch da und machten ihr Tag für Tag weiter zu schaffen.
»Super«, sagte er. »Okay, wenn ich vorher noch dusche?«
»Klar, dauert sowieso noch eine halbe Stunde«, sagte sie. »Ich muss erst noch die Nudeln kochen.«
Bosch ging an Elizabeths Zimmer vorbei den Flur hinunter in sein eigenes, zog sich aus und stellte sich unter die Dusche. Als das Wasser auf seinen Kopf herabprasselte, dachte er über Ermittlungsverfahren und Opfer nach. Die Frau, die gerade Abendessen machte, war ein Opfer des Fallouts des Mordes an ihrer Tochter, die ihr auf die denkbar furchtbarste Weise genommen worden war. Bosch glaubte, Elizabeth im Jahr zuvor gerettet zu haben. Er hatte ihr beim Entzug geholfen, und jetzt war sie clean und gesund, aber es war die Sucht gewesen, die die Realität in Watte gepackt und Elizabeth vom Grübeln abgehalten hatte. Auch wenn er ihr versprochen hatte, den Mord an ihrer Tochter aufzuklären, musste er feststellen, dass er nicht mit ihr darüber sprechen konnte, ohne sie genau in die seelischen Qualen zu stürzen, die sie mit den Pillen zu lindern versucht hatte. Deshalb musste er sich die Frage stellen, ob er sie wirklich gerettet hatte.
Weil es ein paar Tage dauern konnte, bis er wieder Gelegenheit dazu fände, rasierte er sich nach dem Duschen. Gerade als er damit fertig wurde, rief ihn Elizabeth zum Essen.
In den Monaten seit Elizabeths Einzug hatte er das Esszimmer wieder seinem eigentlichen Zweck zugeführt. Er hatte seinen Laptop und die Akten der Fälle, an denen er arbeitete, in sein Schlafzimmer gebracht und dort einen Klapptisch aufgestellt. Er fand, Elizabeth sollte nicht ständig an Morde erinnert werden, vor allem nicht, wenn sie allein zu Hause war.
Sie hatte für sie beide gedeckt und das Essen in einer Schüssel zwischen ihnen auf den Tisch gestellt. Zu trinken gab es zwei Gläser mit Wasser. Keinen Alkohol.
»Sieht super aus«, sagte Bosch, als sie ihm etwas auf seinen Teller lud.
»Dann hoffen wir mal, dass es auch super schmeckt«, sagte sie.
Nachdem sie ein paar Minuten schweigend gegessen hatten, lobte Bosch ihre Kochkünste. Das Hühnchen hatte eine köstliche Knoblauchnote. Er wusste zwar, dass sich das später noch bemerkbar machen würde, behielt es aber für sich.
»Wie war’s mit deiner Gruppe?«, fragte er.
»Mark Twain ist ausgestiegen«, sagte sie.
Sie nannte die anderen Mitglieder ihrer täglichen Gruppensitzungen nach bekannten Persönlichkeiten, an die sie sie erinnerten. Mark Twain hatte schlohweißes Haar und einen buschigen Schnurrbart. Außerdem gab es eine Cher, einen Albert (nach Einstein), einen O.J., eine Lady Gaga und einen Gandhi, den sie manchmal auch Ben nannte (nach Ben Kingsley, dem Schauspieler, der den Oscar für diese Rolle bekommen hatte).
»Endgültig?«, fragte Bosch.
»Sieht ganz so aus«, sagte sie. »Er hatte einen Rückfall und ist wieder auf die geschlossene Station gekommen.«
»Das ist aber schade.«
»Ja. Ich fand seine Geschichten immer richtig witzig.«
Darauf verfielen sie wieder in längeres Schweigen. Bosch überlegte, was er sagen oder fragen könnte. Die Peinlichkeit ihrer Beziehung war immer mehr zu ihrem bestimmenden Element geworden. Bosch war schon vor einiger Zeit klar geworden, dass es ein Fehler gewesen war, ihr anzubieten, bei ihm einzuziehen. Er wusste selbst nicht recht, was er sich dabei gedacht hatte. Elizabeth erinnerte ihn an seine frühere Frau Eleanor, aber die Ähnlichkeit war rein äußerlich. Elizabeth Clayton war eine schwer traumatisierte Frau, die sich mit finsteren Erinnerungen herumschlagen musste und einen steinigen Weg vor sich hatte.
Es war kein Angebot auf Dauer gewesen, eher eine Bis-du-wieder-auf-die-Beine-kommst-Sache. Bosch hatte einen großen Abstellraum in ein kleines Schlafzimmer umfunktioniert und mit Ikea-Möbeln eingerichtet. Das war allerdings schon fast ein halbes Jahr her, und Bosch war nicht sicher, ob Elizabeth jemals wieder auf eigenen Beinen stehen könnte oder würde. Der Lockruf der Sucht verstummte nie. Die Erinnerung an ihre Tochter war wie ein böser Geist, der ihr überallhin folgte. Und sie konnte nirgendwohin, außer vielleicht zurück nach Modesto, wo sie gelebt hatte, bis ein mitternächtlicher Anruf des LAPD ihr Leben in einen Scherbenhaufen verwandelt hatte.
Gleichzeitig hatte Bosch seine Tochter verprellt, da er sein Angebot an Elizabeth nicht mit ihr abgesprochen hatte. Sie ging aufs College und war ohnehin immer seltener nach Hause gekommen, aber seit Elizabeth Clayton Teil des Haushalts geworden war, hatte sie ihre Besuche ganz eingestellt. Jetzt bekam Bosch Maddie nur noch zu sehen, wenn er es auf ein kurzes Frühstück oder spätes Abendessen mit ihr nach Orange County hinunter schaffte. Bei seinem letzten Besuch hatte ihm Maddie eröffnet, dass sie den Sommer über in dem Haus bleiben wollte, das sie mit drei anderen Studentinnen in der Nähe des Campus gemietet hatte. Bosch fasste diese Ankündigung als eine direkte Reaktion auf Elizabeths Anwesenheit in seinem Haus auf.
»Ich muss heute Nacht arbeiten«, sagte er schließlich.
»Ich dachte, diese Durchsuchung steht erst morgen früh an«, sagte Elizabeth.
»Schon, aber bis dahin habe ich noch was anderes. Es hängt mit Daisy zusammen.«
Darauf schwieg er erst einmal und wartete, bis er einschätzen konnte, wie sie diese Ankündigung aufnahm. Es vergingen mehrere Sekunden, und sie versuchte nicht, das Thema zu wechseln.
»In der Hollywood Station gibt es eine Ermittlerin, die sich für den Fall interessiert«, fuhr er schließlich fort. »Sie war heute bei mir und hat mir alle möglichen Fragen gestellt. Sie ist bei der Late Show und will sich mit der Sache befassen, wenn sie Zeit hat.«
»Bei der Late Show?«, fragte Elizabeth.
»So nennen sie in der Hollywood Station die Nachtschicht – wegen der ganzen verrückten Geschichten, die dort spät nachts passieren. Sie hat alte Unterlagen gefunden, die ich gesucht habe: Karten, auf denen Streifenpolizisten die Namen von Leuten vermerkt haben, die sie kontrolliert haben, weil sie ihnen verdächtig vorgekommen sind.«
»War auch Daisy unter ihnen?«
»Wahrscheinlich, aber das ist nicht der Grund, warum СКАЧАТЬ