Sophienlust Staffel 15 – Familienroman. Elisabeth Swoboda
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Sophienlust Staffel 15 – Familienroman - Elisabeth Swoboda страница 12

Название: Sophienlust Staffel 15 – Familienroman

Автор: Elisabeth Swoboda

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Sophienlust Staffel

isbn: 9783740975692

isbn:

СКАЧАТЬ Vorteil, dass er viele Einheimische kennenlernte, wenn er abends bei einem Bier in der Gaststube saß. Dabei fragte er die Leute unauffällig aus. Sie erzählten ihm, was er wissen wollte. Doch es brachte ihn keinen Schritt weiter.

      Nur Geduld, ermahnte Daniel sich selbst. Irgendwann wirst du auf eine Spur stoßen, die zu dem Jungen führt.

      Doch nach zwei Tagen wusste er noch genauso wenig wie am ersten. Er fuhr für einen halben Tag nach München, um in seiner Fabrik nach dem Rechten zu sehen. Carsta war nach Paris zurückgeflogen. Sie hatte ihm keine Nachricht hinterlassen. Doch nach der Szene, die sie ihm gemacht hatte, legte er auch keinen Wert darauf.

      Am Donnerstagnachmittag traf Daniel wieder in Gmund ein und wurde von dem Wirt schon wie ein alter Bekannter begrüßt.

      Den Abend verbrachte er wieder in der Wirtsstube, in der die Einheimischen ihr Bier tranken. Touristen oder Urlauber kamen selten in diesen Raum. Die besuchten meist das Tanzlokal, um Bekanntschaften zu machen und sich zu amüsieren.

      Mit wachen Augen beobachtete Daniel alles, was um ihn herum vorging. Er lauschte auch den Gesprächen der Einheimischen. Zwischendurch kamen auch Ortsansässige herein, die an der Theke ein Bier holten.

      Ein Junge in zerrissenen Hosen kaufte eine Flasche Korn. Als er wieder hinausging, sah Daniel, dass er barfuß war.

      Kaum hatte der Junge das Lokal verlassen, da hörte man draußen Schreie und Gelächter und das Splittern von Glas.

      Gleich darauf schlich der barfüßige Junge weinend ins Lokal. Er schämte sich ein bisschen und versuchte die Tränen wegzuwischen.

      »Was ist passiert, Jens?«, fragte der Wirt barsch, obwohl er es ahnte.

      »Sie haben mir aufgelauert und mir ein Bein gestellt. Ich bin hingefallen.« Er fuhr sich mit dem Ärmel über die Nase.

      »Jetzt ist die Flasche kaputt.« Er schaute den Wirt bittend an, aber so unterwürfig, dass Daniel es nicht ertragen konnte. Er blickte weg.

      »Tut mir leid, Jens. Eine zweite Flasche kann ich dir ohne Geld nicht geben.«

      »Aber ich habe kein Geld mehr.« Jetzt war Panik in der Stimme des Jungen. »Vater hat mir nur Geld für eine Flasche gegeben.«

      »Und wenn du sie nicht bringst, gibt’s Prügel, was?«

      Jens senkte den Blick und schluckte. Dann drehte er sich um und schlich wie ein geprügelter Hund aus der Wirtsstube.

      »Warte«, rief Daniel ihm nach. Er wusste selbst nicht, warum er das tat. »Er tut mir leid«, sagte er zu dem Wirt auf dessen fragenden Blick hin.

      Jens war an der Tür stehen geblieben.

      »Schreiben Sie eine Flasche Korn auf meine Rechnung«, sagte Daniel. Die Flasche gab er Jens. »Hier. Aber lass dir nicht wieder ein Bein stellen.«

      »Nein, bestimmt nicht.« Jens schüttelte eifrig den Kopf. »Danke«, sagte er dann scheu.

      »Na, lauf schon.« Daniel gab dem Jungen einen Klaps auf die Schulter. »Dein Vater wartet doch sicher auf dich.«

      Ein seltsamer Blick aus scheuen Kinderaugen traf Daniel. Dann lief der Junge aus dem Lokal.

      »Aus der Nähe sieht er ja noch erbärmlicher aus«, sagte Daniel zu dem Wirt, der ihn neugierig musterte.

      »Sie sind der Erste, der Mitleid mit Jens hat«, meinte der Wirt. »Anfangs tat er allerdings allen leid. Die ganzen Nissen-Kinder taten uns leid.«

      »Wie viele sind es denn?«

      »Sechs insgesamt. Der Vater ist ein Säufer. Seine Kinder und seine Frau beziehen regelmäßig Prügel von ihm. Er ist ein brutaler Grobian.«

      »Ein Einheimischer?«, fragte Daniel.

      »Nein. Seine Frau ist von hier. Sogar aus Gmund. Geschieht ihr ganz recht. Warum muss sie einen Fremden heiraten?«

      »Wieso fremd?«, fragte Daniel, der in dieser Hinsicht großzügiger dachte. »Ist er kein Deutscher?«

      »Natürlich ist er ein Deutscher«, antwortete der Wirt entrüstet. »Aber kein Bayer. Von irgendeiner Insel in der Ostsee kommt er, glaube ich. Er war früher Fischer. Jetzt ist er Landarbeiter. Aber das bisschen Geld, das er verdient, versäuft er wieder. Und seine Familie läuft in Lumpen herum. Sie haben den Jungen ja gesehen.«

      Daniel nickte. »Erbärmlich sah er aus.«

      »So sehen sie alle aus, die NissenKinder. Aber das Mitleid habe ich mir abgewöhnt. Sonst müsste ich nämlich jeden Abend eine Flasche Korn umsonst herausrücken. Das, was Sie heute Abend gesehen haben, passiert öfters. Die anderen Dorfkinder hänseln und ärgern Jens, wo sie nur können. Sie lachen ihn aus, weil er einen Trunkenbold zum Vater hat. Und was das für einen Jungen in dem Alter bedeutet, können Sie sich ja vorstellen.«

      Daniel nickte. In Jens’ Alter müsste mein Sohn auch sein, dachte er. Womöglich wächst er in ähnlichen Verhältnissen auf. Dieser Gedanke erschreckte ihn sehr.

      Der Wirt hing seinen eigenen Gedanken nach und schüttelte darüber entrüstet den Kopf.

      »Und das Geld, das er für Jens bekommt, versäuft er auch noch, dieser alte Trunkenbold.«

      Daniel horchte auf. »Wieso bekommt der Vater für den Jungen Geld?«

      »Keine Ahnung. Es wird hier im Dorf so einiges gemunkelt.«

      »Zum Beispiel?« Daniel war plötzlich nervös.

      »Ich weiß nicht, ob ich darüber reden soll«, sagte der Wirt, sprach aber gleich weiter, ohne Daniels Aufforderung abzuwarten. »Manche behaupten, Jens gehöre gar nicht zu den Nissen-Kindern.«

      Es klirrte, und vor Daniel bildete sich eine Bierlache. Er hatte sein halbvolles Glas umgestoßen.

      »Halb so wild«, sagte die Bedienung lachend und reinigte den Platz an der Theke.

      »Jetzt brauche ich natürlich ein neues Bier«, sagte Daniel.

      Lachend schenkte der Wirt ein und erzählte dabei weiter: »Der alte Nissen streitet natürlich ab, dass er jeden Monat Geld bekommt. Er streitet auch ab, dass das Geld für Jens ist. Der Junge sei sein leibliches Kind, behauptete er. Aber niemand glaubt ihm das.«

      »Warum eigentlich nicht?«, fragte Daniel.

      Ein Achselzucken war die Antwort. »So genau kann ich Ihnen das auch nicht sagen. Ich weiß nur, dass geredet wird. Und irgendwo muss das Gerede ja herkommen, nicht wahr?«

      Daniel nickte. »Vollkommen richtig. Von nichts kommt nichts.« Seine Gedanken arbeiteten fieberhaft. Ich könnte die richtige Spur gefunden haben, dachte er. Schon setzte er die Unterhaltung mit dem Wirt fort. Dabei erfuhr er, dass die Familie Nissen erst vor Kurzem wieder nach Gmund zugezogen war, obwohl die Ehefrau eigentlich eine gebürtige Gmunderin war. »Sie haben lange Zeit oben an der Ostsee gelebt«, berichtete der Wirt.

      Ich muss unbedingt mit dem alten Nissen sprechen, dachte Daniel. Vielleicht kann ich ihn so weit bringen, dass er mir die Wahrheit erzählt.

      Er schaute СКАЧАТЬ