Bayerische Hinterhand. Dinesh Bauer
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Название: Bayerische Hinterhand

Автор: Dinesh Bauer

Издательство: Автор

Жанр: Триллеры

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isbn: 9783839267943

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СКАЧАТЬ drehen um und gehen zum ›Kirchenwirt‹ oder ins ›Il Castagno‹, und ich bleib auf meinen Schnitzeln und Hühnerschenkeln sitzen.« Der Lindenwirt zauste den gekräuselten, in zwei Spitzen auslaufenden Rübezahlbart.

      Pföderl war Hobby-Historiker, er nannte eine kleine, aber feine Bibliothek sein eigen, hielt Kurse an der VHS und den einen oder anderen Vortrag im Kreise gleichgesinnter Stammtisch-Gelehrter. Die verblüffende Ähnlichkeit zwischen dem Wirt und dem Tiroler Freiheitskämpfer Andreas Hofer war ihm sofort ins Auge gestochen. Der Wirt hätte sich jederzeit als Hofer-Double verdingen können. In einer beschwichtigenden Geste hob Pföderl die Hände. »Sie haben den Toten gut gekannt, habe ich gehört.«

      Der Hopfen-Hofer beteuerte, dass der Tod Ehgartners einen herben Einkommensverlust für ihn bedeutete. »Freilich! Mit dem Erwin habe ich einen treuen Stammgast verloren, ein fideler, lebenslustiger Bursch, das geht mir durchaus nahe, wissen S’. Aber das Leben geht weiter.«

      Pföderl hatte erst vor drei Wochen ein Seminar mit dem schönen Titel »Strategien der Deeskalation im Polizeivollzugsdienst Teil II« besucht, doch er würde zu einer probateren Methode greifen, um Reinbacher den Giftzahn zu ziehen. Mord ging schließlich vor Schlachtschüssel und Surhaxe: »Schön haben Sie es hier – ein Biergarten wie im Bilderbuch.« Die fünf Kastanien sowie die altehrwürdige Dorflinde machten als Bierkrügel-Begleitgrün zweifelsohne eine gute Figur. »Ein idyllisches Plätzchen, keine Frage.«

      Reinbacher mandelte sich auf wie ein halbstarker Moped-Mafioso: »Der erste schöne Tag im Jahr und irgendein schießwütiger Trottel spuckt mir in die Rinderbrühe!«

      Pföderl wechselte abrupt den Tonfall und zückte sein Smartphone. »Jetzt mal halblang, es handelt sich hier um Mordermittlungen. Wenn du Spaßvogel nicht sofort spurst, ruf ich einen mir wohl bekannten leitenden Beamten im Gewerbeaufsichtsamt an. Der schickt dir demnächst unangemeldet einen Betriebsprüfer und einen Hygienekontrolleur von der Lebensmittelaufsicht vorbei, die nehmen sich dann ausgiebig Zeit für dich und deine Bude auseinander. Die wühlen sich durch sämtliche Gefriertruhen, zerlegen deine Einbauschränke und prüfen deine Bücher, zwei-, drei- und viermal, wenn es sein muss. Haben wir uns verstanden?«

      Der Wirt warf sich in die von einem breiten, ledernen Hosenträger umspannte Brust, schnaubte wie ein dampfiges Ross – und schwieg. Er winkte die wartende Kellnerin heran und bedeutete ihr, sich kooperativ zu verhalten. »Ich war hinten in der Küche. Die Irmi hat draußen im Garten bedient. Mögen S’ vielleicht noch ein Weißbier und ein Schnapserl?«, gab sich der Wirt plötzlich versöhnlich.

      Pföderl wischte demonstrativ auf dem Display seines Galaxy S7 edge herum. »Gern, wenn es Ihnen keine Umstände macht, bringen Sie mir dazu eine Portion Rostbratwürste mit Sauerkraut.« In Reinbachers Augen blitzte es gefährlich auf, doch er trollte sich leise grummelnd in Richtung Kombüse. Bartholomäus Pföderl richtete seine Aufmerksamkeit auf die, zugegebenermaßen nicht ganz unansehnliche, Schweinsbratenschubse. Ehe er sich nach ihren Personalien erkundigen konnte, kam ihm die fesche Malz-Maid zuvor – und zwitscherte mit kokettem Augenaufschlag: »Irmgard Zech, aber nennen Sie mich doch bittschön Irmi.« Zech – Pföderl schmunzelte. Das passte wie der Schlegel zum Bierfass. Allem Anschein nach war diese Irmi ein ganz ausgekochtes Luder – und was er sah, gefiel ihm auf Anhieb.

      Die Einvernahme eines Zeugen war Routine – und glich doch jedes Mal einem Drahtseilakt, der sein ganzes Geschick erforderte. Es gab diverse Befragungstechniken, rhetorische Kniffe und Psycho-Tricks, um möglichst viele und detaillierte Informationen aus seinem Gegenüber herauszukitzeln. Um einen Zeugen gesprächig zu machen, musste man ihn erst ein wenig zappeln und im Unklaren lassen, worauf man hinauswollte. Pföderl schickte seine Blicke erst einmal auf Wanderschaft: Eine Buchsbaumhecke begrenzte den Biergarten zu einem kleinen Dorfsträßchen hin. Hinter dem schmalen Streifen Asphalt erhob sich der von wild wucherndem Gestrüpp bedeckte Kirchbichl. Am Fuß des Hangs trat eine Lage Tuffstein zutage. Ein Tor mit schmiedeeisernen Beschlägen ließ ahnen, dass sich dahinter ein ins Gestein gehauener Felsenkeller verbarg. In diesen Kellern hatte man früher die Bierfässer und andere leicht verderbliche Ware gelagert, schließlich sollte das Bier im Sommer schön kühl bleiben – und das Futter für Mensch und Tier nicht schimmelig werden. Eine Bogenlampe reckte ihren Giraffenhals über das schmale Sträßchen – sinnigerweise hing dort ein Wahlplakat der NP, der Nationalen Patrioten. Darauf war das Konterfei Erwin Ehgartners zu sehen, das auch post mortem noch ungebrochene Zuversicht ausstrahlte. Irmgard Zech hatte seinen Blick bemerkt. »Es ist eine wahre Tragödie, nicht? Er hätt’ beim Bier bleiben und die Finger von der Politik lassen sollen. Der Erwin war kein einfacher Mensch, aber irgendwie ein feiner Kerl. Wenn er sein hinterfotziges Lausbubenlächeln aufgesetzt hat, hat man ihm einfach nicht böse sein können.« Ihr Tonfall, erst noch ein wenig kratzig, war nun weich und warm. »Ich bedien gern hier. Der Wirt ist ein jähzorniger Sauteufel, aber er zahlt seine Leute anständig und versteht sein Metier. Wissen S’, der Betrieb ist seit anno 1864 in Familienbesitz. Eine echte Traditionswirtschaft. Der Sepp ist gelernter Koch und hält große Stücke auf die Rezeptsammlung seiner Oma. Bei uns finden Sie alles von A wie Apfelkücherl bis Z wie Zwiebelrostbraten, aber keinen Schicki-Micki Fraß à la Weißwurst-Carpaccio auf Ingwer-Vinaigrette.« Die Kellnerin hatte sich in Rage geredet, doch Pföderl ließ sie vorläufig gewähren. »Schauen Sie sich doch in der Gastronomie um. Die meisten Pächter wollen bloß den schnellen Reibach machen – und sparen überall, bei den Angestellten und an der Qualität der Ware.«

      Pföderl legte abrupt den Schalter um und kam zur Sache: dem Mordfall Ehgartner. »Gut, helfen Sie mir. An was können Sie sich erinnern? Ist Ihnen etwas merkwürdig vorgekommen, war etwas anders als sonst?« Standardfragen – aber altbewährt.

      Irmgard Zech sah sich an ihrem vertrauten Arbeitsplatz um – alles war wie immer, und doch war etwas anders als sonst. Der Schatten des Todes wich nur langsam von diesem Ort der Geselligkeit und des fröhlichen Zusammenseins. Die Leiche Ehgartners war vor gut eineinhalb Stunden von einem Leichenwagen des Bestattungsinstituts »Frohberger & Sohn« abtransportiert worden – und lag inzwischen still und starr in einer Kühlkammer, bereit zur Obduktion. »Da gibt’s nicht viel zu erzählen. Die vier sind da drüben am runden Tisch gesessen – Schafkopf eben. Es war noch früh am Abend, aber der Ehgartner hat schon einen sitzen gehabt. Die anderen drei haben es ruhiger angehen lassen, hatten aber auch schon einige Halbe intus. Nix Auffälliges, gute Kundschaft!« Irmi holte tief Luft. Ihre drallen, vom großzügig bemessenen Ausschnitt ihrer Dirndl-Bluse zur Geltung gebrachten Brüste hoben sich: »Das meiste Geschäft hab ich am Stammtisch drüben gemacht. Die zahnluckerten Salferer lassen sich beim Trinkgeld nicht lumpen.« Das Dekolleté der Dame gewährte tiefe Einblicke, sodass es Pföderl schwerfiel, sich auf das Wesentliche, die Befragung, zu konzentrieren.

      »Als die Schüsse gefallen sind – wo waren Sie da?«

      »Ich war auf dem Weg zum Stammtisch drüben – mit einem Tablett Bier aufm Arm. Da hat’s plötzlich einen Kracherer getan, nicht allzu laut, aber nicht zum Überhören. Es hat einige Sekunden gedauert, bis ich realisiert habe, dass da in nächster Nähe geschossen wird.«

      »Sie haben nur einen Schuss gehört?«, hakte der Kommissar verwundert nach.

      »Denk schon. Ich bin dann ziemlich panisch zurück ins Wirtshaus gerannt. Meine größte Sorge war, dass den Bierglasln nix passiert und ich nix verschütte – seltsam, oder?«

      »Und dann?«, fasste Pföderl sachte nach.

      »Nach zwei oder drei Minuten hab ich meine Nase ins Freie gesteckt. Aber da war alles ruhig. Erst als ich den Ehgartner kopfüber auf dem Tisch hab liegen sehen, war mir klar, dass etwas Schlimmes passiert ist. Herzinfarkt – hab ich gemeint. Also bin ich ins Büro gerannt und hab den Notruf gewählt – 110!«

      »Haben Sie denn draußen im Garten nichts bemerkt? Ein ungewöhnliches Geräusch? Ein wegfahrendes Auto zum Beispiel.«

      Die СКАЧАТЬ