Название: So macht MANN das
Автор: Bernhard Fanger
Издательство: John Wiley & Sons Limited
Жанр: Малый бизнес
isbn: 9783527834686
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2 Bei manchen ist ein Wechsel im oder außerhalb des Unternehmens angezeigt. Sie sind die typische Klientel der Headhunter und Berufsberater. Nur allzu verständlich. Doch Vorsicht: Oft kommen die gleichen Probleme beim nächsten Arbeitgeber nach einigen Monaten wieder. Denn ich nehme mich immer selbst mit! Sehr gerne projizieren wir unsere eigenen Themen und Probleme auf das Außen, das Unternehmen, die Kollegen und Vorgesetzten: »Neuer Zirkus, gleicher Clown« könnte man flapsig sagen.
3 Die dritte Gruppe hat den Wunsch, sich auf ganz andere Art und Weise ihren Lebenstraum zu erfüllen. Sie suchen nach Ideen, Vorbildern, Rat und vor allem nach Ermutigung und qualifiziertem Feedback. Meine Interviewpartner fallen in diese Kategorie.
Ich hoffe, dass Dich dieses Buch ermutigen wird. Entweder, weil Du den nächsten beruflichen Schritt planst und vor dir hast, oder aber, weil du ab und zu mit dem Gedanken an eine Veränderung spielst. Weil du immer wieder davon träumst »mal was ganz anderes zu machen«, aber den Mut nicht aufbringst oder ganz einfach nicht weißt, wie und wo du starten könntest. Gerade für dich habe ich gute Nachrichten: Du kannst klein anfangen, du kannst dich ausprobieren, darfst auch Fehler machen. Du darfst durchaus radikal sein, musst es aber garantiert nicht! Jede Persönlichkeit und jeder Weg ist anders, deshalb gibt es auch keinen Bauplan, kein für alle gültiges Rezept. Allerdings gibt es Anregungen, Hilfen, Erfahrungen von anderen, die ich hier gerne weitergebe.
Denn dies ist auch ein Buch über mich. Zum einen, da ich auch in diese dritte Gruppe falle, zum anderen, da mir in meiner Coaching-Praxis immer wieder direkt oder indirekt ähnliche Menschen begegnen: Menschen, in der Regel Männer, die auf der Suche sind. Zweifelnd, zumindest teilweise unzufrieden, mit großen, oft etwas diffusen Sehnsüchten. Gefangen in einem Berufs- und Lebensalltag, der ihnen wenig Spielraum für Selbstverwirklichung einräumt.
Gefangen ohne Gitter
Als ich mein erstes Studium beendete, war für meinen Vater klar, dass ich »zum Siemens« gehen würde. Ich hatte schon ein Praktikum dort absolviert und ein paar Kontakte. Für meinen Vater, einen selbstständigen, aber verschuldeten Handwerker und Kleinunternehmer, der täglich zu kämpfen hatte, muss die Aussicht auf eine Position in einem Weltkonzern extrem attraktiv gewesen sein. Siemens galt als Inbegriff für eine sichere, gutbezahlte Stellung mit Status und Aufstiegschancen. Der heilige Gral des deutschen Ingenieurs.
In jedem Land, in jeder Kultur, in jeder Familie und in jedem Einzelnen von uns ist eine Vielzahl von Glaubenssätzen und Einstellungen abgespeichert (mehr dazu auch in Kapitel 9). Diese haben enormen Einfluss auf die Wahl unseres Berufs, unseres Partners, unsere Mobilität und Risikobereitschaft. Traditionell sind wir Deutsche eher auf Sicherheit bedacht, auf Anpassung und soziale Konformität. Berufliche Leistung erzeugt ein hohes Ansehen und ein einmal erreichter Status wird sorgsam verteidigt. Das hat unbestreitbar Vorteile, aber eben auch Nachteile. Etwa wenn es um die Bereitschaft geht, aus einer etablierten Position heraus etwas zu ändern. Wir rationalisieren und bekämpfen sogar unsere Lebensträume, da wir zu viel Angst haben, unsere hart erarbeitete Position zu verlieren und mit leeren Händen dazustehen. »Viele meinen, Gier treibe uns an, das ist falsch: Es ist die Angst. Wir sind gar nicht getrieben von dem Verlangen, immer höher, immer schneller, immer weiter zu kommen, sondern von der Angst, nicht mehr mitzukommen, abzurutschen, zurückzufallen.«2 Der Preis ist ein nicht gelebtes Leben und das Gefühl, Chancen und unsere wahre Bestimmung verpasst zu haben.
Auf Dauer lässt sich dieser Zustand nur schwer aushalten. Oft wird die Hauptursache von Burnout als Dissonanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit beschrieben. Die Strategien zur Überwindung bzw. Vermeidung dieser inneren Konflikte sind vielfältig, führen aber auf Dauer oft zu Erkrankung und Suchtverhalten. Kompensiert wird zum Beispiel durch Reisen oder Luxusgüter. Auch damit, die Verantwortung für meine eigenen Probleme auf andere abschieben, bevorzugt auf den Lebenspartner oder die Vorgesetzten. Ich selbst hatte es mir zur Gewohnheit gemacht, nach langen Arbeitstagen entweder exzessiv Sport zu treiben oder bis zur letzten Runde in Bars abzuhängen. Meine Reisen waren ein Spiegelbild des beruflichen Stresses: immer aktiv, immer unterwegs, immer in Aktion. Ein Beispiel dafür: Nach einer zweiwöchigen Trekkingtour durch Ost-Afrika fuhr ich, ohne einen Stopp zu Hause, vom Flughafen direkt in die Arbeit. Glücklicherweise ging mein Koffer beim Transfer verloren, sonst hätte ich wohl ein noch merkwürdigeres Bild abgegeben.
Unser Gefängnis haben wir selbst erschaffen, durch Konventionen, ständiges Erhöhen der Geschwindigkeit und Effizienz und einem immer verzweifelteren Zwang zu Konsum und Selbstoptimierung. Die gute Nachricht: Wir können uns auch daraus befreien, wie es zum Beispiel Robert Wingham in seinem lesenswerten Buch Ich bin raus3 beschreibt und wie es auch fast alle meiner Gesprächspartner getan haben.
Das Schweigen der Männer
Viele (Ehe-)Partner können davon berichten: Auf die Frage »Wie war's heute?« oder »Wie geht es Dir?« kommt eine eher profane, oberflächliche Antwort. So etwas wie »Ganz okay« oder »Wie schon die ganze Woche, das Projekt geht einfach nicht vorwärts«. Ich selbst habe einige Jahre gebraucht, um zu verstehen, dass die fragende Person vor allem an einem Gefühl interessiert ist, ich aber bestenfalls eine Zustandsbeschreibung der Situation gebe. Wir Männer machen das in aller Regel auch gar nicht absichtlich, vielmehr spüren wir diese Gefühle und damit uns selbst tatsächlich nicht. Wir haben es nicht gelernt, und es war bisher nicht gefordert. Ganz im Gegenteil, es war und ist immer noch ein karriereverhindernder Faktor, wenn wir Gefühle zeigen. Wie sollten wir im privaten Bereich so plötzlich umschalten können?
Gefühle zeigen wir Männer noch am ehesten bei unseren Hobbys, zuallererst beim Sport. »Echte Liebe« steht groß auf dem Mannschaftsbus von Borussia Dortmund, und so etwas wie Liebe empfinden eingefleischte Fußballfans dann ja auch. Da fließen schon mal Tränen, wenn der Verein unglücklich durch ein Tor zum Ende der Verlängerung verliert. Oder es werden im umgekehrten Fall Freudengesänge angestimmt und erwachsene Männer, die sich nur durch das gleiche Fan-Trikot erkennen, fallen sich rührselig in die Arme. Freude, und auch Traurigkeit, dürfen in diesem Rahmen gezeigt und ausgelebt werden. Auch die Wut, zum Beispiel auf den Schiedsrichter, und die Angst, etwa einen Elfmeter zu verschießen.
Damit sind die vier grundlegenden Gefühle schon genannt: Wut, Traurigkeit, Freude und Angst. Jedes dieser Gefühle kennst Du wahrscheinlich, allerdings in unterschiedlichem Ausmaß. Und jedes dieser Gefühle hat eine andere Wertigkeit, eine andere Akzeptanz. Während Wut und, vielleicht etwas weniger, Freude auch Männern gerne zugestanden werden, ist Traurigkeit verpönt. Mann sagt also lieber »Ich bin total sauer, dass das Budget für unser Projekt jetzt endgültig gestrichen ist. Da könnte ich abkotzen, für alles andere war wieder Geld da!« statt »Ich bin wirklich sehr traurig, dass unser Projekt jetzt nicht weitergeht. Wir waren mit so viel Freude und Begeisterung dabei, und die Enttäuschung bei mir und meinen Mitarbeitern ist sehr groß!«
Das am meisten gefürchtete und dementsprechend auch unterdrückte Gefühl ist Angst. Ich selbst war lange der Meinung, gar keine Angst zu haben. Lieber hatte ich Wut, das fühlte sich stark und kämpferisch an. Wut ist akzeptiert in der Männerwelt. Angst wird oft nur im indirekten Zusammenhang verwendet.
Entweder Angst stellvertretend für andere: »Mir ist angst und bange um den Technologiestandort Deutschland« oder »Ich habe Angst, dass wir bald Mitarbeiter entlassen müssen, wenn das so weitergeht mit Corona.«
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