Frau Jenny Treibel. Theodor Fontane
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Название: Frau Jenny Treibel

Автор: Theodor Fontane

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783961182886

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СКАЧАТЬ mißlicher, als ein solches Kunstmonopol; außerdem dürfe man nicht vergessen, der Jugend gehöre die Welt. Dabei verbeugte er sich huldigend gegen einige junge Damen, in deren Familien er ebenso verkehrte, wie bei den Treibel's. Die Commerzienrätin ihrerseits aber übertrug diese ganz allgemein gehaltene Huldigung gegen die Jugend in ein bestimmteres Deutsch und forderte die beiden Fräulein Felgentreu's auf, doch einige der reizenden Sachen zu singen, die sie neulich, als Ministerialdirector Stoeckenius in ihrem Hause gewesen, so schön vorgetragen hätten; Freund Krola werde gewiß die Güte haben, die Damen am Clavier zu begleiten.

      Krola, sehr erfreut, einer gesanglichen Mehrforderung, die sonst die Regel war, entgangen zu sein, drückte sofort seine Zustimmung aus und setzte sich an seinen eben erst aufgegebenen Platz, ohne ein Ja oder Nein der beiden Felgentreu's abzuwarten. Aus seinem ganzen Wesen sprach eine Mischung von Wohlwollen und Ironie. Die Tage seiner eignen Berühmtheit lagen weit zurück, aber je weiter sie zurücklagen, desto höher waren seine Kunstansprüche geworden, so daß es ihm, bei dem totalen Unerfülltbleiben derselben, vollkommen gleichgültig erschien, was zum Vortrage kam und wer das Wagnis wagte. Von Genuß konnte keine Rede für ihn sein, nur von Amüsement, und weil er einen angeborenen Sinn für das Heitere hatte, durfte man sagen, sein Vergnügen stand jedesmal dann auf der Höhe, wenn seine Freundin Jenny Treibel, wie sie das liebte, durch Vortrag einiger Lieder den Schluß der musikalischen Soirée machte. Das war aber noch weit im Felde, vorläufig waren noch die beiden Felgentreu's da, von denen denn auch die ältere Schwester, oder, wie es zu Krola's jedesmaligem Gaudium hieß, »die weitaus talentvollere«, mit »Bächlein laß dein Rauschen sein« ohne weiteres einsetzte. Daran reihte sich: »Ich schnitt es gern in alle Rinden ein«, was, als allgemeines Lieblingsstück, zu der Commerzienrätin großem, wenn auch nicht geäußerten Verdruß, von einigen indiskreten Stimmen im Garten begleitet wurde. Dann folgte die Schlußnummer, ein Duett aus »Figaro's Hochzeit«. Alles war hingerissen, und Treibel sagte zu Vogelsang: »er könne sich nicht erinnern, seit den Tagen der Milanollo's, etwas so Liebliches von Schwestern gesehen und gehört zu haben,« woran er die weitere, allerdings unüberlegte Frage knüpfte: ob Vogelsang seinerseits sich noch der Milanollo's erinnern könne? »Nein,« sagte dieser barsch und peremptorisch. – »Nun, dann bitt' ich um Entschuldigung.«

      Eine Pause trat ein, und einige Wagen, darunter auch der Felgentreu'sche, waren schon angefahren; trotzdem zögerte man noch mit dem Aufbruch, weil das Fest immer noch seines Abschlusses entbehrte. Die Commerzienrätin nämlich hatte noch nicht gesungen, ja war unerhörter Weise noch nicht einmal zum Vortrag eines ihrer Lieder aufgefordert worden, – ein Zustand der Dinge, der so rasch wie möglich geändert werden mußte. Dies erkannte niemand klarer, als Adolar Krola, der, den Polizeiassessor bei Seite nehmend, ihm eindringlichst vorstellte, daß durchaus etwas geschehen und das hinsichtlich Jenny's Versäumte sofort nachgeholt werden müsse. »Wird Jenny nicht aufgefordert, so seh' ich die Treibel'schen Diners, oder wenigstens unsere Teilnahme daran, für alle Zukunft in Frage gestellt, was doch schließlich einen Verlust bedeuten würde ...«

      »Dem wir unter allen Umständen vorzubeugen haben, verlassen Sie sich auf mich.« Und die beiden Felgentreu's an der Hand nehmend, schritt Goldammer, rasch entschlossen, auf die Commerzienrätin zu, um, wie er sich ausdrückte, als erwählter Sprecher des Hauses, um ein Lied zu bitten. Die Commerzienrätin, der das Abgekartete der ganzen Sache nicht entgehen konnte, kam in ein Schwanken zwischen Aerger und Wunsch; aber die Beredtsamkeit des Antragstellers siegte doch schließlich; Krola nahm wieder seinen Platz ein, und einige Augenblicke später erklang Jenny's dünne, durchaus im Gegensatz zu ihrer sonstigen Fülle stehende Stimme durch den Saal hin, und man vernahm die in diesem Kreise wohlbekannten Liedesworte:

Glück, von Deinen tausend Losen, Eines nur erwähl' ich mir, Was soll Gold? Ich liebe Rosen Und der Blumen schlichte Zier. Und ich höre Waldesrauschen Und ich seh' ein flatternd Band – Aug' in Auge Blicke tauschen, Und ein Kuß auf Deine Hand. Geben nehmen, nehmen geben, Und Dein Haar umspielt der Wind, Ach, nur das, nur das ist Leben, Wo sich Herz zum Herzen find't.

      Es braucht nicht gesagt zu werden, daß ein rauschender Beifall folgte, woran sich, von des alten Felgentreu Seite, die Bemerkung schloß, »die damaligen Lieder (er vermied eine bestimmte Zeitangabe) wären doch schöner gewesen, namentlich inniger«, eine Bemerkung, die von dem direct zur Meinungsäußerung aufgeforderten Krola schmunzelnd bestätigt wurde.

      Mr. Nelson seinerseits hatte von der Veranda dem Vortrage zugehört und sagte jetzt zu Corinna: »Wonderfully good. Oh, these Germans, they know everything ... even such an old lady.«

      Corinna legte ihm den Finger auf den Mund.

      Kurze Zeit danach war alles fort, Haus und Park leer, und man hörte nur noch, wie drinnen im Speisesaal geschäftige Hände den Ausziehtisch zusammenschoben und wie draußen im Garten der Strahl des Springbrunnens plätschernd ins Bassin fiel.

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