Название: Das Leben des Antonio Filarete, Benozzo Gozzoli, Vittore Carpaccio und weiterer Künstler
Автор: Giorgio Vasari
Издательство: Bookwire
Жанр: Документальная литература
isbn: 9783803141897
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Vasari beschreibt die heute größtenteils zerstörten Bildszenen im Camposanto recht ausführlich, schließlich stand Pisa damals unter Florentiner Herrschaft und war gut erreichbar, nur zwanzig Kilometer von Florenz entfernt. Die Camposanto-Ausmalung war zudem der größte und wichtigste Auftrag der damaligen Zeit. Für die revidierte Ausgabe von 1568 befaßte sich der Biograph deshalb gezielt erneut mit den dort angebrachten Fresken, nicht nur um die Vita Benozzos ergänzen zu können, sondern auch die aller anderen am Camposanto tätigen Maler.
Abgesehen von dieser als herausragend bewerteten Mammutaufgabe wird beim Lesen von Benozzos Lebensbeschreibung zwischen den Zeilen jedoch klar, daß Vasari in ihm keinen inspirierten Künstler sah oder einen, der andere zu künstlerischen Höhenflügen inspirierte, geschweige denn einen, der die Kunstentwicklung in irgendeiner Weise vorangetrieben hätte. Vasaris mangelnde Wertschätzung zeigt sich etwa in der lückenhaften Lebensbeschreibung, für einen Künstler der Toskana untypisch, war der Biograph und Autor über Florentiner Künstler des Quattro- und Cinquecento doch meist gut informiert. Wir erfahren nichts über Benozzos familiäre Herkunft (sein Vater war Schneider), auch wenn er ihm 1568 den Nachnamen Gozzoli verpaßt (dieser Nachname ist in den Akten nur als Vorname naher Verwandter dokumentiert), nichts über seine Mitarbeit unter Lorenzo und Vittorio Ghiberti an den Paradiestüren des Florentiner Baptisteriums (immerhin drei Jahre) und nichts über viele jener Werke, die er für größere und kleinere Kirchen in Umbrien, in Latium und natürlich in der Toskana schuf (etwa das Tabernakel der Heimsuchung in Castelfiorentino, Museo di Benozzo Gozzoli).2
Letzteres ist am wenigsten verwunderlich, legte Vasari schließlich stets den Schwerpunkt auf die Zentren und nicht auf die Provinz. Benozzos erste eigenständige und signierte Wandgemälde in Montefalco bei Assisi aus dem Jahr 1452 finden bei Vasari ebensowenig Beachtung wie das ein Jahr später freskierte Leben der Rosa von Viterbo in der ihr dort geweihten Kirche.
Doch selbst der noch heute gut erhaltene Zug der Heiligen Drei Könige in der Kapelle des Palazzo Medici-Riccardi in Florenz wird in beiden Editionen Vasaris nur in einem Nebensatz abgehandelt. Vom vielteiligen Freskenzyklus in San Gimignano erzählt der Biograph zwar die Szenen aus dem Leben des Heiligen Augustinus und erwähnt auch weitere Arbeiten, die in dem südtoskanischen Städtchen entstanden; immerhin sind aus Benozzos zweijähriger Tätigkeit in San Gimignano auch die meisten Werke erhalten. Anders als vom Autor dargestellt, siedelte Benozzo aber nicht von Rom zu seinem Großauftrag nach Pisa über, sondern von San Gimignano aus, wo er sich mit dem vollendeten Augustinus-Zyklus quasi für die Aufgabe im Camposanto geeignet gezeigt hatte.
Innerhalb der gesamten Vite vergleicht Vasari Benozzo mehrmals mit Kollegen seines Faches, stets mit demselben Ergebnis, er sei nicht so gut gewesen wie die anderen Künstler. Dennoch war es Benozzo, der sich das Großprojekt am Camposanto in Pisa zutraute. Viele andere Maler hatten laut Vasari Angst gehabt, es anzugehen. So lobt und respektiert der Biograph diese Leistung und außer seinen Bilderfindungen auch die Perspektive, die Landschaftsgestaltung und sogar die Figurenzeichnung, selbst wenn er Benozzo eigentlich für keinen guten Zeichner hielt.
In der Vita des Lorenzo Costa berichtet Vasari, daß jener eigens aus Ferrara in die Toskana gekommen sei, um die Werke von Filippo Lippi und Benozzo Gozzoli zu studieren, da ihm deren Stil gut gefiele, besonders was die Wiedergabe der Natur betraf. Für eine gelungene Nachahmung der Natur wird Benozzo auch in seiner eigenen Vita gelobt. Speziell im Porträt habe er reüssiert, und Vasari ergänzte 1568 einige Namen von Männern, die er in den Pisaner Fresken wiedererkannte. Verwunderlich bleibt, daß er die porträtierten Mitglieder der Familie Medici im Zug der Heiligen Drei Könige unidentifiziert ließ.
Neben Filippo Lippi war also Benozzo der gefragteste Florentiner Künstler seiner Zeit. Tafelbilder und Fresken für kirchliche und weltliche Herren beschäftigten den unermüdlichen Maler über viele Jahrzehnte. Als Florentiner Künstler mit guten Verbindungen zu den Medici war er die meiste Zeit seines Lebens in toskanischen Städten aktiv, die unter Florentiner Herrschaft standen: in San Gimignano, Pisa und Pistoia. Immer mit Aufträgen versorgt und beliebt bei den Zeitgenossen, zeichnet Vasari das Bild eines fleißigen, gesitteten, christlichen Meisters, der ganz klar seiner zweiten Stilepoche, der maniera vecchia, zuzuordnen sei, auch wenn er sich an das gigantische Werk in Pisa wagte, das im 16. Jahrhundert erst von Michelangelo in Rom übertroffen wurde. Lob und Kritik bitetet die Vita reichlich, doch werden sie zum Teil fast wortwörtlich wiederholt und sind insofern redundant.
Nur wenige Änderungen nahm Giorgio Vasari an Benozzos Lebensbeschreibung vor, als er sie für die zweite Edition überarbeitete. Neu hinzu kamen, abgesehen von kleinen sprachlichen Retuschen und Ergänzungen bei den Camposanto-Fresken, lediglich Angaben zu weiteren Werken in Pisa und zu den Werken in Rom, sogar einige biographische Details flocht er ein. Während Vasari bereits 1550 die zwischen Benozzo und Melozzo da Forlì schwankende Zuschreibung eines Freskos in der römischen Kirche Santi Apostoli diskutierte, schrieb er es letzterem 1568 eindeutig zu.
Das Ende von Benozzos Mühen sah Vasari nach Vollendung der Camposanto-Fresken. Er verortet seinen Tod in der Stadt seines Ruhms, wo es zur außergewöhnlichen Ehrung durch ein Epitaph der Bürger – noch zu Lebzeiten – gekommen war. Vasari zitiert den Text hingegen als Grabesinschrift. Offensichtlich wußte er nicht, daß Benozzo noch einmal nach Florenz zurückgekehrt war. Aufgrund neuer Aufträge brach er von dort zusammen mit seinen Söhnen ein letztes Mal nach Pistoia auf, wo er verstarb und im örtlichen Dominikanerkloster seine Grabstätte – ohne Epitaph – fand.
AZ
DAS LEBEN DES FLORENTINER MALERS BENOZZO
Vita di Benozzo. Pittore Fiorentino (1568)
Wer in seinen Bemühungen den Pfad der Tugend geht, und sei er auch, wie sie sagen, noch so steinig und voller Dornen, wird sich am Ende des Aufstiegs schließlich auf einer weiten Ebene inmitten der ersehnten Freuden wiederfinden. Und schaut er hinunter und sieht die schlechten Wege, die er unter Gefahren genommen hat, dankt er Gott, der ihn dort sicher entlanggeführt hat, und preist mit größter Befriedigung jene Mühen, die ihm eben noch so unerträglich erschienen waren. Und während die vergangenen Strapazen in der Heiterkeit einer glücklichen Gegenwart Linderung erfahren, müht er sich nun unermüdlich, denen zu zeigen, die ihn sehen wollen, wie Hitze, Frost, Schweiß, Hunger und Durst und all die Unannehmlichkeiten, die man auf dem Weg zu künstlerischem Verdienst erdulden muß, einen aus der Armut befreien können und in jene sichere und friedvolle Lage versetzen, in der ein unermüdlicher Benozzo Gozzoli sich zu seiner großen Zufriedenheit ausruhen durfte.1 Jener war ein Schüler des engelgleichen Fra Giovanni, von dem er zu Recht geliebt wurde,2 so wie er jedem, der ihn kannte, als erfahrener Meister mit großem Erfindungsreichtum galt, der Tiere, perspektivische Darstellungen, Landschaften und Ornamente überaus vielfältig zu gestalten wußte. Er hat СКАЧАТЬ