Fremdsprachenunterricht aus Schülersicht. Julia Fritz
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Fremdsprachenunterricht aus Schülersicht - Julia Fritz страница 3

СКАЧАТЬ Abkommens der Ministerpräsidenten im Jahr 1955 besiegelt wurde. Das Abkommen regelte die verbindliche Sprachenfolge am Gymnasium. Mit Ausnahme des altsprachlichen Gymnasiums, an dem Latein für den Beginn des Fremdsprachenunterrichts vorgesehen war und erst ab der siebten Jahrgangsstufe eine moderne Fremdsprache folgte, sollte an den anderen beiden gymnasialen Schulformen, dem neusprachlichen und mathematisch-naturwissenschaftlichen Gymnasium, mit Englisch begonnen werden.2

      Ausnahmeregelungen, die einen Beginn mit Französisch oder Latein als erster Fremdsprache vorsahen, waren nur sehr vereinzelt möglich. Andere moderne Fremdsprachen, z.B. Italienisch, Russisch oder Spanisch, fanden im Düsseldorfer Abkommen keine Erwähnung (vgl. Christ 1991:103).

      Verstärkt wurde diese Regelung einige Jahre später im Rahmen des Hamburger Abkommens von 1964, das auch für die Haupt- und Realschulen Englisch als erste Fremdsprache bestimmte3. Während also beinahe alle SchülerInnen in dieser Zeit Englisch lernten und am Gymnasium als zweite Fremdsprache in der Regel Latein gelehrt wurde, erhielten die wenigsten Lernenden Unterricht in einer anderen modernen Fremdsprache. Die Novellierung des Hamburger Abkommens 1971, nach der die erste Fremdsprache eine lebende Fremdsprache oder Latein sein sollte, änderte an dieser Dominanz recht wenig (vgl. ebd.: 102ff.). Als ein wichtiger Eingriff, der die Entwicklung des Unterrichtsfaches Französisch schon zeitig in hohem Maße beeinflusst hat, muss demnach die bundesweit beinahe flächendeckende Verbreitung des Englischen als erste Fremdsprache ausgemacht werden (vgl. u.a. Meißner 1992).

      Die Einführung der reformierten Oberstufe Anfang der 1970er Jahre (vgl. u.a. Klenner 1975; Keller 1977; Christ 1978), die damit verbundene Erweiterung des Sprachenangebots bei gleichzeitiger Reduzierung des Stundenkontingents4 sowie die weitgehende Wahlfreiheit von Fächern in der Oberstufe brachten für die Fremdsprachen Einbußen zugunsten der Fächer Biologie und Gesellschaftswissenschaften (Geschichte, Sozialkunde und Erdkunde) mit sich (vgl. Keller 1977:21), mehr Konkurrenz zwischen den Sprachen sowie für das Fach Französisch einen Verlust von etwa einem Drittel der Lernerschaft in der gymnasialen Oberstufe (vgl. Christ 1991:107). Und obwohl die Überlegungen zu einem Grundkonzept für den Fremdsprachenunterricht (KMK 1994:40) für möglichst viele SchülerInnen Anreize und Möglichkeiten schaffen sollten, zwei, drei oder mehr Fremdsprachen zu erlernen, ergibt sich spätestens seit dem Schuljahr 2004/05 ein deutliches Mehr an Lernzeit zugunsten des Faches Englisch, nachdem in allen Bundesländern schrittweise die erste Fremdsprache ab der dritten Jahrgangsstufe mit in der Regel zwei Wochenstunden in das obligatorische Fächerangebot aufgenommen wurde5. SchülerInnen, für die sich nach der Primarstufe eine acht- oder neunjährige Schullaufbahn am Gymnasium anschließt, genießen so in der Regel zwischen acht und zehn oder mehr Jahre Englischunterricht, während sich für den Französischunterricht ein langfristiger Trend abzeichnet, Einsparungen an den Stundentafeln vorzunehmen (vgl. Reinfried 2008:150) und das Fach häufig nach vier oder fünf Jahren wieder abgewählt werden kann.

      Dieses auf die Lernzeit bezogene Übergewicht wird noch verstärkt, betrachtet man bei einem Vergleich beider Sprachen die für MuttersprachlerInnen des Deutschen vermeintlich höhere Lernökonomie des Englischen, die zugleich eine schnellere Kommunikationsfähigkeit erlaubt. Dass Französisch schwer erlernbar erscheint (vgl. Reinfried 2008:150), wird also nicht zuletzt dadurch begünstigt, dass es unter weniger optimalen Bedingungen als die erste Fremdsprache Englisch unterrichtet wird, zumal Kinder häufig „grammatische Kategorienbildung erst am Gegenstand der 2. Fremdsprache – nicht oder weniger an der Muttersprache – kennen[lernen]“ (Meißner 1997:19).

      Zwar existiert in allen Bundesländern die Möglichkeit, Französisch – als einzige obligatorische Fremdsprache neben Englisch – bereits in der Grundschule zu belegen6. Dennoch wird dem Übergewicht des Englischen sprachenpolitisch nach wie vor wenig entgegengesetzt und so bleibt darauf zu verweisen, was Christ bereits vor beinahe vierzig Jahren konstatiert:

      Eine wirkungsvolle Diversifizierung des Fremdsprachenunterrichts ist allerdings nur dann durchführbar, wenn eine Bewußtseinsänderung in der Öffentlichkeit stattfindet, wenn die Betroffenen davon überzeugt werden, daß Diversifikation des Fremdsprachenunterrichts sinnvoll ist. (Christ 1980:205)

      2.1.2 Entwicklung der Lernerkontingente

      Als erste, zweite oder dritte Fremdsprache stellt Französisch nach Englisch das Fremdsprachenfach mit den meisten Lernenden (vgl. KMK 2013a: 12). Betrachtet man die jährlich erscheinenden Zahlen des Statistischen Bundesamtes der letzten Jahre für Französisch (vgl. Abb. 1), so ist festzustellen, dass die Bedeutung des Faches – gemessen am Zuwachs der Lernerzahlen – scheinbar insgesamt zugenommen hat. Der Anteil der SchülerInnen, die Französisch lernen, ist an allgemeinbildenden Schulen von 16,9 % im Schuljahr 2003/04 auf 18,5 % im Schuljahr 2013/14 gestiegen. Im Jahr 2009/10 belegten insgesamt sogar 1.694.173 SchülerInnen das Fach Französisch, was einem Anteil von 19 % entspricht. Dieser Zuwachs ist vor allem durch die gestiegenen Lernerzahlen in der Sekundarstufe I an Gymnasien zu erklären (vgl. KMK 2013a: 15).

      Abbildung 1:

      Entwicklung der Lernerzahlen für das Fach Französisch an allgemeinbildenden Schulen in Prozent1

      Am Gymnasium wird Französisch in allen Bundesländern traditionell als zweite Fremdsprache ab der sechsten oder siebten Klasse unterrichtet, kann aber gleichermaßen auch als dritte Fremdsprache ab der Jahrgangsstufe 8 bzw. 9 angeboten werden.2 Immer häufiger wird die Möglichkeit wahrgenommen, Französisch als zweite oder gar erste Fremdsprache bereits ab Klasse 5 zu lernen (vgl. ebd.: 13). Waren es im Schuljahr 2004/05 noch 4,4 % (12.307 SchülerInnen), die Französisch am Gymnasium ab der Klassenstufe 5 lernten, stieg die Zahl bis zum Schuljahr 2013/14 auf 6,05 % (16.818 Lernende). In der Jahrgangsstufe 6 erhöhte sich die Zahl sogar um 31 % von 54.947 (20,58 %) auf 142.750 Lernende (51,38 %) (vgl. Abb. 2).

      Abbildung 2:

      Vergleich der prozentualen Lernerzahlen für das Fach Französisch an Gymnasien nach Jahrgangsstufen in den Schuljahren 2004/05 und 2013/14 (G8/G9)

      Während im Bereich der Sekundarstufe I bis zur achten Jahrgangsstufe zwischen den Schuljahren 2004/05 und 2013/14 ein konstanter Anstieg zu verzeichnen ist, stagniert der Anteil der Französischlernenden 2013/14 in Klasse 9 bei ca. 59 %. Dies entspricht einem Rückgang von 8,8 % im Vergleich zum Jahr 2004/05, was sehr wahrscheinlich darauf zurückzuführen ist, dass Französisch seltener als dritte Fremdsprache nach Englisch und Latein gewählt wird. Der Französischunterricht in der Sekundarstufe II bildet in aller Regel eine Fortführung des in der Sekundarstufe I begonnenen Unterrichts in Form von Grund- und Leistungskursen bzw. in Kursen auf grundlegendem und erhöhtem Anforderungsniveau3. Hier lässt die Grafik (Abb. 2) jedoch einen drastischen Negativtrend erkennen. Der Rückgang der Lernerzahlen verschiebt sich zwar zwischen den beiden ausgewählten Schuljahren von der elften in die zehnte Jahrgangsstufe, was im Zusammenhang mit der Umstellung von G9- auf G8-Jahrgänge in zahlreichen Bundesländern zu interpretieren sein dürfte. Dennoch wird das Fach Französisch nach Beendigung der Sekundarstufe I in der gymnasialen Oberstufe immer häufiger abgewählt – ein Trend, der im Vergleich der beiden Schuljahre noch zugenommen hat (vgl. Abb. 2).

      Ein Blick auf die Daten in der nachfolgenden Tabelle, die die bundesweite Entwicklung der Lernerzahlen innerhalb von zehn Jahren (2004/05–2013/14) auflistet, bestätigt das zunehmende Abwahlverhalten der SchülerInnen. Mit Ausnahme eines kurzen Zwischenhochs von 33,1 % im Schuljahr 2008/09, das sich möglicherweise auf einen sogenannte Doppeljahrgang im Saarland – in dem das Französische insgesamt einen besonders hohen Stellenwert genießt – zurückführen lässt, fallen die Belegzahlen in der Sekundarstufe II stetig ab.

Schuljahr 2004/05 СКАЧАТЬ