Название: Zeit zählt
Автор: Andrew Abbott
Издательство: Bookwire
Жанр: Социология
Серия: Positionen – Sozialforschung weiter denken
isbn: 9783868549812
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158Es gibt Klassenlagen, es gibt Zivilgesellschaft und Staat, es gibt Öffentlichkeit und Privates oder natürlich Individuum und Gesellschaft usw.
159Heike Delitz, »Das soziale Werden und die Fabulationen der Gesellschaft. Umrisse einer bergsonianischen Soziologie«, in: dies./Frithjof Nungesser/Robert Seyfert (Hg.): Soziologien des Lebens. Überschreitung – Differenzierung – Kritik, Bielefeld 2018, S. 341–372, hier S. 341–342.
160Ebd.
161Ebd., S. 344.
162Ebd., S. 342.
163Robert Seyfert, »Lebenssoziologie – eine intensive Wissenschaft«, in: Delitz/Nungesser/Seyfert (Hg.): Soziologien des Lebens, S. 373–407, hier S. 376.
164Siehe dazu kritisch Wolfgang Knöbl, »Neues Altes aus Frankreich«, in: Soziopolis, 12. 01. 2016. https://www.soziopolis.de/beobachten/wissenschaft/artikel/neuesaltes-aus-frankreich/ [18. 10. 2019], sowie die betreffenden Passagen (S. 10–11) in: Martin Bauer/Wolfgang Knöbl/Aaron Sahr, Arbeiten mit Sozialen Prozessen, unveröffentlichtes Manuskript, Hamburg 2016.
165Dies auch deshalb, weil Abbott seine Argumentation – im Unterschied zur Lebenssoziologie – im Anschluss an allgemeine prozessphilosophische Analysen vorangetrieben hat, die zwar biologisch orientiert sein können, aber eben nicht müssen, die ebenso phänomenologisch inspiriert sein können wie physikalistisch (vgl. Rescher, Process Metaphysics, S. 22 ff.).
166Abbott, »Sequences of Social Events«, S. 132.
167Ebd., S. 134.
168Siehe dazu auch Enno Aljets/Thomas Hoebel, »Prozessuales Erklären. Grundzüge einer primär temporalen Methodologie empirischer Sozialforschung«, in: Zeitschrift für Soziologie 46 (2017), 1, S. 4–21.
169Zum Paradigma der Wiederholung in der Praxistheorie allgemein siehe Hilmar Schäfer, Die Instabilität der Praxis: Reproduktion und Transformation des Sozialen in der Praxistheorie. Weilerswist 2013; ders., »Praxis als Wiederholung«, in: ders. (Hg.), Praxistheorie. Ein soziologisches Forschungsprogramm, Bielefeld 2016, S. 137–160.
170Für unsere Auseinandersetzung orientieren wir uns maßgeblich an: Theodore Schatzki, The Timespace of Human Activity. On Performance, Society, and History as Indeterminate Teleological Events, Lanham u.a. 2010; siehe außerdem ders., Social Change in a Material World, New York 2019.
171Schatzki, The Timespace of Human Activity.
172Abbott, »Preface«, S. IX.
173Ebd.
174Ebd.
175Weiterentwicklungen von Schatzkis Ansatz in Richtung einer Theoretisierung von Veränderung finden sich etwa bei Elizabeth Shove/Mika Pantzar/Matt Watson, The Dynamics of Social Practices. Everyday Life and How it Changes. Los Angeles u.a. 2012, oder Schatzki, Social Change in a Material World.
176Ein besonderes Verhältnis zur Zeitlichkeit hatte freilich von Anfang an der kommunikationstheoretische Ansatz Niklas Luhmanns, insbesondere in seiner Zuspitzung durch Armin Nassehi. Dessen Blick auf Gesellschaft geht allerdings noch einmal auf eine andere Weise vom Diktum »Zeit zählt« aus, indem er den operativen Vollzug der Gegenwart als Bezugspunkt wählt. Auch damit ist eine Sozialtheorie aufgerufen, die von einem Ereignisbegriff als ontologischer und epistemologischer Grundlage soziologischer Forschung ausgeht: »es lässt sich kein ontologisches Substrat ausmachen jenseits des ›Es geschieht‹« (Armin Nassehi, Die Gesellschaft der Gegenwarten, Berlin 2011, S. 16). Siehe dazu auch ders., Die Zeit der Gesellschaft. Da es Nassehi noch nicht gelungen ist, einen vergleichbaren turn der Sozialtheorie einzuleiten, blenden wir ihn an dieser Stelle aus Platzgründen aus. Eine umfangreichere Verortung Abbotts in den Varianten von »Time Matters« dürfte freilich auf Nassehi nicht verzichten.
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Die Historizität von Individuen
Wir sollten Individuen in der Geschichte wieder viel mehr zur Geltung bringen.1 Warum? Das möchte ich im Folgenden ausführen. Es geht mir dabei keinesfalls um die Rückkehr zur Geschichte der großen Männer, übrigens auch nicht zu einer der großen Frauen. Zwar kann die soziale Struktur einzelnen Individuen mitunter außergewöhnliche Macht verleihen, um die Zukunft zu gestalten, die entscheidende explanatorische Frage gilt aber nicht den Qualitäten oder den Taten jener Individuen, so spannend diese auch sein mögen. Erklärungsbedürftig sind vielmehr die Bedingungen, unter denen sich derartige soziale Strukturen herausbilden und festigen. Die eigentliche Frage ist beispielsweise nicht, warum sich Elizabeth Tudor gegen die Ehe entschied, sondern wie eine soziale Struktur zustande kam, in der ihre Weigerung, zu heiraten, so dauerhafte politische Folgen zeitigen konnte. So gesehen ist die Geschichte der großen Persönlichkeiten lediglich eine empirisch definierte Unterabteilung der Geschichte sozialer Strukturen im Allgemeinen. Sie handelt nicht wirklich von Individuen als Individuen oder auch nur von Individuen als einer Gruppe oder einem Typus, sondern von den Bedingungen, die besondere Individuen besonders wichtig machen. Ich möchte uns also auf keinen Fall eine Rückkehr zum Nachdenken über große Persönlichkeiten ans Herz legen.
Genauso wenig geht es mir darum, dass wir uns die »Lebenslaufperspektive« zu eigen machen, auch wenn einige meiner früheren Arbeiten über Karrieren dieser Perspektive zumindest in methodologischer Hinsicht ähneln. In den Lebenslaufansätzen suchen wir die Bedeutung von Ereignissen bekanntlich nicht, indem wir eine Anzahl von Fällen in den Blick nehmen, so wie wir das in der variablenbasierten Sozialwissenschaft tun. Wir schauen uns die Fälle vielmehr jeweils für sich an, um die Bedeutung dieses oder jenes Ereignisses in seinem Verhältnis zur Entfaltung der Erfahrung eines Individuums zu entdecken. Dabei macht es keinen Unterschied, ob wir einen narrativen Ansatz wählen und die »Geschichte« eines individuellen Lebens mit textuellen Methoden untersuchen oder ob wir uns für einen analytischen Ansatz entscheiden und mit Zeitreihenmethoden (oder СКАЧАТЬ