Название: Die Zeitmaschine
Автор: Herbert George Wells
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9783961184057
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»Erzählen!« rief der Herausgeber.
»Zum Henker mit dem Erzählen!« sagte der Zeitreisende. »Ich will essen. Ich sage kein Wort, ehe ich nicht etwas Pepton in meine Arterien bekomme. Danke. Und das Salz.«
»Ein Wort«, sagte ich. »Sind Sie in die Zeit gereist?«
»Ja«, sagte der Zeitreisende mit vollem Munde, indem er nickte.
»Ich gebe einen Schilling die Zeile für eine Verbatimnote«, sagte der Herausgeber. Der Zeitreisende schob dem Schweigenden sein Glas hin und klingelte mit seinem Fingernagel daran; worauf der Schweigende, der ihm ins Gesicht gestarrt hatte, krampfhaft zusammenfuhr und ihm Wein einschenkte. Der Schluß des Diners war ungemütlich. Mir für meinen Teil stiegen fortwährend plötzliche Fragen auf die Lippen, und ich denke, mit anderen war es ebenso. Der Journalist versuchte die Spannung zu lösen, indem er Anekdoten von Hetti Potter erzählte. Der Zeitreisende wandte alle Aufmerksamkeit dem Essen zu und entfaltete den Appetit eines Landstreichers. Der Arzt rauchte eine Zigarette und beobachtete den Zeitreisenden durch seine Augenwimpern. Der Schweigende erschien noch ungeschickter als gewöhnlich; er trank aus bloßer Nervosität mit Regelmäßigkeit und Entschlossenheit Sekt. Schließlich schob der Zeitreisende seinen Teller zurück und blickte sich unter uns um. »Ich glaube, ich muß um Verzeihung bitten,« sagte er. »Ich verhungerte einfach. Ich habe eine erstaunliche Zeit durchgemacht.« Er streckte die Hand nach einer Zigarre aus und schnitt das Ende ab. »Aber kommen Sie ins Rauchzimmer. Die Geschichte ist zu lang, um sie über schmutzigen Tellern zu erzählen.« Und indem er im Vorbeigehen auf die Glocke drückte, führte er uns ins Nebenzimmer.
»Sie haben Blank und Dash und Chose von der Maschine erzählt?« sagte er zu mir, indem er sich im Sessel zurücklehnte und die neuen Gäste nannte.
»Aber die Sache ist ein bloßes Paradoxon«, sagte der Herausgeber.
»Ich kann heute abend nicht debattieren. Ich will Ihnen die Geschichte erzählen, aber ich kann nicht debattieren. Ich will Ihnen erzählen, was mir begegnet ist, aber Sie müssen Unterbrechungen vermeiden. Ich möchte es erzählen. Schlecht. Das meiste wirkt wie gelogen. Meinetwegen. Es ist trotzdem wahr – jedes Wort davon. Ich war um vier Uhr in meinem Laboratorium, und seitdem ... habe ich acht Tage gelebt ... Tage, wie sie noch kein menschliches Wesen erlebt hat! Ich bin fast am Ende, aber ich werde nicht schlafen, bis ich Ihnen diese Geschichte zu Ende erzählt habe. Dann werde ich zu Bett gehen. Aber keine Unterbrechungen! Sind Sie einverstanden?«
»Einverstanden,« sagte der Herausgeber, und wir anderen echoten: »Einverstanden!« Und damit begann der Zeitreisende seine Geschichte, wie ich sie aufgezeichnet habe. Er setzte sich zunächst im Stuhl zurück und sprach wie ein müder Mann. Nachher wurde er lebendiger. Jetzt, wo ich es niederschreibe, fühle ich die Ohnmacht von Tinte und Feder nur zu scharf – und vor allem auch meine eigene Ohnmacht. Man liest, will ich annehmen, aufmerksam genug; aber man sieht nicht des Redenden weißes, aufrichtiges Gesicht im hellen Kreise der kleinen Lampe, und man hört nicht die Intonation seiner Stimme. Man kann nicht wissen, wie sein Ausdruck den Wendungen seiner Erzählung folgte! Die meisten von uns Zuhörern saßen im Schatten, denn im Rauchzimmer waren die Kerzen nicht angezündet, und nur das Gesicht des Journalisten und von den Knien ab die Beine des Schweigsamen waren beleuchtet. Zuerst blickten wir einander von Zeit zu Zeit an. Nach einer Weile hörte das auf, und wir sahen nur noch auf das Gesicht des Zeitreisenden.
Das Reisen in der Zeit
Einigen von Ihnen habe ich am letzten Donnerstag ein wenig von den Prinzipien der Zeitmaschine erzählt, und ich habe Ihnen das Ding selber unvollendet in der Werkstatt gezeigt. Da steht es auch jetzt; freilich, ein wenig abgenutzt; auch ist eine Elfenbeinstange zerbrochen und eine Messingschiene verbogen; aber sonst ist sie heil. Ich erwartete, ich würde sie Freitag fertig bekommen; aber als ich Freitag beinahe mit dem Zusammensetzen fertig war, fand ich, daß eine der Nickelstangen genau einen Zoll zu kurz war, und ich mußte sie neu machen lassen; so wurde die Maschine erst heute morgen fertig. Heute, gegen, zehn Uhr, begann die erste aller Zeitmaschinen ihre Karriere. Ich legte die letzte Hand an, sah noch einmal alle Schrauben nach, tat noch einen Tropfen Öl auf die Quarzstange und setzte mich auf den Sattel. Ich vermute, ein Selbstmörder, der sich die Pistole an den Schädel hält, muß ungefähr ebenso fragen wie ich, was nun kommen werde. Ich nahm den Vorwärtshebel in die eine, den Rückwärtshebel in die andere Hand, preßte den einen und faßte sofort auch den anderen. Mir war, ich drehte mich; ich hatte die Alpempfindung des Fallens; und als ich mich umsah, sah ich das Laboratorium genau wie vorher. War irgend etwas geschehen? Einen Moment lang argwöhnte ich, mein Intellekt habe mich betrogen. Dann sah ich auf die Uhr. Einen Moment zuvor, wie es schien, hatte sie noch etwa eine Minute nach zehn gestanden. Jetzt war sie fast halb vier.
Ich holte Atem, biß die Zähne zusammen, faßte den Vorwärtshebel mit beiden Händen und ging mit einem dumpfen Schlag los. Das Laboratorium wurde neblig und dunkel. Mrs. Watchett kam herein und ging, offenbar ohne mich zu sehen, zur Gartentür. Sie wird wohl eine Minute oder so gebraucht haben, um durchs Zimmer zu gehen, aber mir kam es vor, als schösse sie wie eine Rakete hindurch, Ich drückte den Hebel zu seiner äußersten Lage hinüber. Die Nacht kam, wie wenn man eine Lampe ausbläst, und im nächsten Moment kam der Morgen. Das Laboratorium wurde blaß und verschwommen, dann blasser und immer blasser. Hierauf kam schwarze Nacht, dann wieder Tag, wieder Nacht, wieder Tag, schneller und immer noch schneller. Ein wirbelndes Murmeln füllte mir die Ohren und eine seltsame dumpfe Verwirrung senkte sich auf meinen Geist.
Ich fürchte, die eigenartigen Sensationen des Reisens in der Zeit kann ich nicht klarmachen. Sie sind außerordentlich unangenehm. Man hat ein Gefühl wie auf der Rutschbahn – ein Gefühl hoffnungsloser, jäher Bewegung! Ich hatte auch dasselbe furchtbare Gefühl eines drohenden Zusammenstoßes. Als ich die Geschwindigkeit vermehrte, folgte die Nacht dem Tage wie das Schlagen eines schwarzen Flügels. Dann schien die dunkle Andeutung des Laboratoriums von mir abzufallen, und ich sah die Sonne über den Himmel hüpfen: jede Minute sprang sie hinüber, und jede Minute war ein Tag. Ich dachte mir, das Laboratorium sei zerstört und ich sei in die freie Luft hinausgekommen. Ich hatte eine dunkle Empfindung des Stürzens, aber ich ging schon zu schnell, um mir noch sich bewegender Dinge bewußt zu werden. Die langsamste Schnecke, die jemals kroch, raste zu schnell an mir vorbei. Die, blinkende Folge von Dunkelheit und Licht war fürs Auge außerordentlich schmerzhaft. Dann sah ich in den dunklen Intervallen den Mond schnell durch seine Viertel spinnen, vom Neumond bis zum Vollmond, und dunkel sah ich die kreisenden Sterne. Dann wurde, als ich immer noch an Geschwindigkeit gewann, das Zucken von Tag und Nacht zu einer kontinuierlichen Grauheit; der Himmel nahm eine wundervolle Tiefe des Blaus an, eine glänzende, leuchtende Farbe gleich der des frühen Zwielichts; die springende Sonne wurde ein Feuerstreif, ein glänzender Bogen im Raum; der Mond ein schwächeres, fluktuierendes Band; und von den Sternen konnte ich nichts mehr sehen als hin und wieder einen helleren Kreis, der im Blau aufzitterte.
Die Landschaft war neblig und unbestimmt. Ich war noch auf dem Bergabhang, wo jetzt dieses Haus steht, und der Vorsprung des Hügels erhob sich grau und unbestimmt über mir. Ich sah Bäume wie Dampfstrahlen wachsen und sich ändern; jetzt braun, jetzt grün: sie wuchsen, breiteten sich aus, zerbrachen und verschwanden. Ich sah große Gebäude sich matt und schön erheben und wie Träume schwinden. Die ganze Oberfläche der Erde schien verändert – unter meinen Augen zu schmelzen und zu zerfließen. Die kleinen Zeiger auf den Zifferblättern, die meine Geschwindigkeit angaben, rasten rascher und rascher herum. Dann sah ich, daß der Sonnengürtel in einer Minute, oder weniger von Wendekreis zu Wendekreis auf und nieder schwankte, und daß also meine Geschwindigkeit über ein Jahr in der Minute betrug; und Minute für Minute blitzte der weiße Schnee über die Welt und verschwand, und ihm folgte das helle, kurze Grün des Frühlings.
Die СКАЧАТЬ