2 Jahre später. Regina Mars
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Название: 2 Jahre später

Автор: Regina Mars

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783962556426

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      »Glaubst du, das merkt noch einer?« Kai legte den Kopf schief.

      »Hoffentlich nicht.« Arthur räusperte sich. »Ich hoffe, meinen Eltern fällt nichts auf.«

      »Du hast doch gesagt, die hängen eh nur an ihren Handys und bemerken nicht, was um sie herum passiert.«

      »Was?« Arthur zuckte zusammen. »Das hab ich erzählt?«

      Kai nickte. Seine Luchsaugen waren so intensiv, dass Arthur es kaum schaffte, den Blick zu halten.

      »Du hast gesagt, du wärst ganz alleine.« Kais Stimme schien nach dem Kampftrinken noch rauer. »Soll ich hierbleiben? Ein paar Tage?«

      Kais Hand öffnete und schloss sich, als wollte er sich an irgendetwas festhalten. Arthur verharrte. Mist, er war so erbärmlich. Er durfte auf keinen Fall zeigen, wie einsam er war, obwohl er sich nichts mehr wünschte, als dass Kai hierblieb. Andererseits hatte er sich gestern eh schon blamiert. Kai wusste, dass er eine peinliche Jungfrau war. Und er wollte trotzdem hierbleiben.

      »Ja«, brachte er hervor. »Wenn dir das nicht zu langweilig ist.«

      Kai schüttelte den Kopf.

      »Nie. Ich … Zeigst du mir nochmal die Bücherei?«

      »Klar, warum?«

      »Ich hab gelogen.« Kai grinste schief. »Ich mag Bücher. Bin eine totale Leseratte, nur … na ja …«

      »Meine Freunde sagen, dass Lesen langweilig ist«, platzte Arthur heraus. »Dass das nur bescheuerte Streber und alte Leute machen, aber ich … ich mag das.«

      »Ich auch.« Kai schien richtig aufgeregt. »Am meisten mag ich Krimis. Gangstergeschichten. Mit Schießereien und so. Und so richtig dicke Fantasyschinken mit zehn Bänden.«

      »Die haben wir bestimmt. Komm mit!« Arthur wirbelte auf dem Absatz herum und stürmte ins Haus. Kai folgte ihm.

      Als der rostige Transporter vorfuhr, saßen sie auf einem kleinen Balkon im ersten Stock. Lesend, die Rücken gegen die Gitterstäbe gelehnt. Neben ihnen lagen stapelweise Bücher und ein halbleerer Teller mit Butterbroten. Immer wieder musste Arthur von seinem tschechischen Historienkrimi aufschauen, um Wörter nachzuschlagen. Und jedes Mal gönnte er sich einen Blick auf Kai, dessen sonnengebräunte Haut im Licht schimmerte. Kais Gesicht war so konzentriert, dass er es bestimmt nicht bemerkte.

      5. Kai

      Arthur sah ihn an und Kai war ganz kribbelig vor Freude. Er wusste nicht, wieso. Aber er spürte den dunklen Blick auf sich.

      Er würde hierbleiben. Ein paar Tage lang. Ein paar Tage in diesem gigantischen, wunderschönen Haus mit der unendlichen Bibliothek und vor allem: mit Arthur. Es kam ihm wie ein Wunder vor.

      Die Villa Blau wirkte verwunschen, wie eine Märchenvilla. Mit all den Schlingpflanzen, dem Efeu, das in den sonnendurchfluteten Innenhof wuchs, mit den verschnörkelten, schmiedeeisernen Gittern, den leise flüsternden Baumwipfeln in der Ferne … Fast unwirklich. Erst das röhrende Keuchen des alten Transporters brachte die Realität zurück. Er seufzte leise.

      »Das ist mein Vater«, sagte er und stand schweren Herzens auf. »Ich muss ihm helfen.«

      »Oh. Ich kann auch helfen.«

      »Das wird er nicht zulassen.« Kai lächelte. »Ich würd mich natürlich freuen. Äh, dass mir jemand Arbeit abnimmt.«

      »Junge!«, hörte er seinen Alten rufen. Kai atmete ein. Er hoffte, dass man ihm die letzte Nacht nicht ansah. Hoffte es sehr.

      »Ich … fahr mittags mit ihm heim und packe ein paar Sachen«, sagte er zögernd. Nicht, dass Arthur es sich anders überlegt hatte. Aber der lächelte.

      »Gut. Ich sage der Haushälterin, dass sie für Zwei kochen soll.«

      »Was? Nein!« Meinte er das ernst? »Ich muss doch nicht bekocht werden! Und die Haushälterin ist Frau Montag, die kann mich nicht leiden!«

      »Was? Wieso kann sie dich nicht leiden?« Arthur wirkte ernsthaft erstaunt. Tat irgendwie gut.

      »Nichts, kein Grund, ich …« Mist, war die Wirklichkeit dabei, ihn wieder einzuholen? Arthur sah ihn von unten her an.

      »Weißt du«, sagte der bedächtig. Eine Stimme wie Samt hatte der Kerl. »Ich hab dir gestern fast über die Füße gekotzt und … na ja, du weißt, dass ich noch nie … dass ich überhaupt keine Erfahrung mit nichts hab und dass ich ein langweiliger Bücherwurm bin und nicht mal meine Eltern sich besonders für mich interessieren. Vor mir musst du echt keine Geheimnisse haben. Du hast mich in der Hand.« Ein scheues Lächeln.

      »Du mich doch auch.« Auf mehr als eine Art. Kai verzog das Gesicht. »Ist auch keine große Sache. Sowas hält sich auf dem Dorf halt ewig. Hab gehört, woanders wär das nicht so. Gelesen.« Er räusperte sich. »Na, ich bin mit ihrem Sohn in der Grundschule gewesen. Markus. Und irgendwann gab’s ’ne Läuseplage und es gab einen Infoabend für Eltern und Schüler dazu und … Natürlich dachten alle, ich wäre schuld.«

      »Du? Warum?«

      »Ich bin an allem schuld.« Kai seufzte. »Weiß nicht, ob du das erkennst, so als reicher Adliger, aber ich bin … Sogar für arme Leute sind Paps und ich … arm. Das Shirt hier hab ich von so einem Wohltätigkeitsverein und … Na, wenn irgendwer Läuse hat, ist es natürlich die Zecke, die in einer Bruchbude haust. Ich also. Sie wollten mich isolieren, damit es nicht wieder ausbricht. Ich sollte einen Tisch für mich alleine bekommen. Ganz hinten in der Ecke, damit Frau Montag nicht nochmal das ganze Bettzeug waschen und ihre Familie mit Läuse-Shampoo behandeln muss. Dabei hatte ich gar keine Läuse. Die Ersten, bei denen sie die gefunden haben, waren Markus und Horst. Aber sie hat darauf bestanden, dass ich«, ein bitterer Geschmack kroch in seinen Mund, »isoliert werde, zum Wohle aller. Ich glaub, sie hat schon kapiert, dass ihr eigener Sohn die Quelle war und wollte, dass … Sie wollte wohl, dass das keiner merkt. Sowas hängt einem hier ewig nach.«

      »Und deshalb hasst sie dich?«

      »Njaa …« Kai kratzte sich am Hals. »Paps hat mir das nachher erklärt. Anscheinend hätte ich das nicht auf der Veranstaltung sagen sollen, vor allen. Dass ich keine Läuse hab und dass Markus der Erste war, der sich gekratzt hat. Und dass sie mir nicht die Schuld in die Schuhe schieben soll, weil wir kein Geld haben. Das war alles, echt. Ich wusste nicht … Manchmal kapiere ich sowas nicht. Was man wo sagt und wie.«

      »Nein, das hab ich gemerkt.« Seltsamerweise lächelte Arthur.

      »Paps meint, das hätten wir mit ihr alleine besprechen sollen. Stimmt das?«

      »Ja, wahrscheinlich.« Arthurs Lächeln wurde noch breiter. »Außerdem pullert man normalerweise nicht in Blumenkübel und nennt Leute Fettsäcke.«

      »Oh, ich meinte nicht, dass du schlecht aussiehst …«, stotterte Kai. Du siehst total gut aus, dachte er, aber selbst er wusste, dass man sowas nicht zu einem anderen Jungen sagte. »Und Mann, diese Kübel stehen doch eh draußen, die … Was meinst du, woraus Dünger ist?«

      »Ich habe keine Ahnung.«

      »Echt?« Aber СКАЧАТЬ