2 Jahre später. Regina Mars
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Читать онлайн книгу 2 Jahre später - Regina Mars страница 15

Название: 2 Jahre später

Автор: Regina Mars

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783962556426

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      »Das ist nicht …«, stotterte er. »Wir haben nicht … Das war nur Spaß, das … Wir sind doch nicht schwul. Oder, Kai?«

      Sein bittender Blick war das Schlimmste. Die verräterischen Augen, die Kai flehend ansahen.

      »Es ist mir scheißegal, was ihr da veranstaltet!«, brüllte sein Vater. »Raus aus dem Pool, sofort!«

      Und Arthur gehorchte. Kais Herz fühlte sich an, als würde es aufgeschlitzt. Er sah den runden Rücken, der sich von ihm entfernte. Die Wassertropfen darauf glitzerten immer noch.

      Ihm war schlecht. Er wollte heulen, schreien, Arthur anflehen, dass er dablieb, hier, bei ihm, dass er diese Worte zurücknahm. Aber Arthur kletterte aus dem Pool, nackt und hilflos.

      »Zieh dir was an«, zischte seine Mutter. »Das ist ja ekelhaft. Was habt ihr euch dabei gedacht?«

      Arthur antwortete nicht. Wie ein Zombie stieg er in die Hose, ohne sich abzutrocknen. Er streifte das Shirt über. Die Sachen klebten ihm sofort am Leib.

      »Und jetzt ins Auto mit dir!« Seine Mutter packte ihn am Ohr und zerrte ihn hinter sich her. Das Letzte, was Kai von ihm sah, war ein verzweifelter Blick. Dann verschwand er hinter dem Poolrand.

      Er hörte eine Tür knallen. Immer noch konnte er sich nicht bewegen. Das Wasser gluckerte um ihn herum. Arthurs Vater sah ihn an. Kai spürte den Ekel hinter den dunklen Brillengläsern schwelen.

      »Verschwinde von hier«, knurrte Arthurs Vater. »Oder ich rufe die Polizei.«

      Arthur hat mich eingeladen, wollte Kai sagen. Ich darf hier sein. Er hat mich eingeladen und er liebt mich.

      Aber das wäre eine Lüge gewesen.

      Er stieg aus dem kalten Wasser in die zu heiße, böse flirrende Luft. Egal. Alles egal.

      Ein Kloß bildete sich in seiner Kehle. Arthurs Vater beobachtete ihn und zum ersten Mal fühlte er sich wirklich nackt. Nackt und verletzlich. Er packte seine fadenscheinigen Klamotten und hätte sie fast fallengelassen, weil Arthurs Vater ihn im Nacken packte wie einen Hund.

      Er wurde durch die Eingangshalle gezerrt, über die glatten Fliesen. Ein harter Stoß schleuderte ihn in den Kies der Einfahrt. Steinchen gruben sich in die zu mageren Knie. Als er aufblickte, sah er Arthur. Arthur, der neben seiner Mutter am Auto stand, einem schwarzen Aston Martin, und ihn anstarrte.

      Hilf mir, dachte Kai, aber in Arthurs blassem Gesicht war nichts als Panik.

      Der Kloß füllte Kais ganze Kehle aus, dehnte sich weiter und die Sicht verschwamm.

      Mist, Mist, Mist …

      »Arthur«, schluchzte er, aber da packte ihn eine Pranke, diesmal in den Haaren und schleuderte ihn vorwärts.

      »Verschwinde endlich!«

      Kai stolperte die Einfahrt herunter, durch den Kies, nackt, die Klamotten in den Händen. Er heulte und heulte. Er heulte immer noch, als er sich längst auf der Straße befand. Schluchzend streifte er die Hose über. Die restlichen Sachen behielt er in der Hand.

      Der Asphalt war so heiß, dass er sich die Fußsohlen verbrannte. Aber seine Schuhe waren irgendwo in dieser blöden Villa und dahin würde er nie mehr zurückkehren. Nie mehr.

      Als er sich endlich umsah, war die Villa längst aus seinem Blickfeld verschwunden. Da waren nur noch die Straße und der düstere Wald.

      10. Arthur

      Erst, als sie ihn ins Auto verfrachtet hatten, kapierte Arthur, was hier geschah. Als der Motor startete, als die ersten Bäume vorbeizogen, immer schneller.

      »Lasst mich raus!«, brüllte er. Er krabbelte über die Ledersitze, öffnete die Wagentür und stürzte hinaus.

      Heißer Schmerz schrammte durch seine Schulter. Er rollte über den Asphalt wie eine fette, feige Kugel.

      Kai hatte geweint. Er hatte … Arthur spürte Gras unter den Händen. Der Straßengraben. Er schluchzte auf. Aber er stemmte sich hoch. Kai! Wo war er?

      Bremsen quietschten. Schritte erklangen.

      Er stand auf, aber er war viel zu langsam. Sein Vater packte ihn, verdrehte seinen Arm hinter dem Rücken und er konnte sich nicht wehren.

      »Was veranstaltest du hier? Das wird Konsequenzen haben, Junge«, zischte er ihm ins Ohr.

      Arthur konnte noch so sehr zappeln, sein Vater zerrte ihn zurück ins Auto. Er schleuderte ihn auf den Rücksitz, rief »Kindersicherung! Sonst haut er wieder ab!«, warf sich neben ihm in den Sitz und schlug die Tür zu. Wie versteinert sah Arthur die Bäume weiter vorbeiziehen.

      Er schrie.

      Er brüllte, bis seine Kehle wund war. Bis ihm die Tränen aus den Augen, der Nase und dem Mund liefen. Bis aus dem Wald längst eine Autobahn geworden war und aus dem Blätterdach ein grell leuchtender Himmel. Nichts konnte ihn davon abhalten. Nicht die wütenden Befehle seiner Mutter, nicht die Ohrfeigen seines Vaters.

      »Hörst du auf?«, bellte der. »Du bist ja total durchgeknallt!«

      Aber das war er nicht. Er war ein elender Feigling. Ein schwacher Feigling, ein fetter Feigling.

      Ein Vollidiot.

      Warum hatte er nicht … Warum hatte er Kai nicht verteidigt? Wie hatte er zulassen können, dass sein Vater ihn auf die Straße jagte, nackt, wie einen Köter?

      Er hatte geweint.

      Arthur weinte auch. Als er nicht mehr brüllen konnte, heulte er, stundenlang. Es wurde eine sehr unangenehme Rückfahrt.

      Sie machten ihm Vorwürfe. Auf der Fahrt und später, als sie daheim angekommen waren. Auf dem düsteren Anwesen, das so anders war als die Villa Blau. Er schleppte sich die Treppen hoch, die sein Vater mit dem neu gestalteten Familienwappen hatte verzieren lassen.

      »Was denkst du, was du da tust?«, fragte seine Mutter.

      Normalerweise gehorchte er sofort, wenn sie in diesem Ton mit ihm redete. Aber diesmal trottete er einfach in sein Zimmer und schlug die Tür hinter sich zu. Normal wäre es auch gewesen, dass seine Eltern dieses Benehmen nicht hinnahmen. Aber nach all dem Heulen und Schreien waren wohl selbst sie müde.

      Arthur stürzte auf das Bett, in dem er höchstens zwei Wochen pro Jahr schlief, und heulte weiter. Leiser, weil ihm der Hals inzwischen so wehtat, als hätte man ihn mit einem Reibeisen bearbeitet. Es war ihm nicht mal peinlich. Keiner seiner Freunde weinte noch, aber er legte eine stundenlange Baby-Heulorgie hin. Na und? Kai wäre es egal gewesen. Wahrscheinlich.

      Kai, den er im Stich gelassen hatte. Er schämte sich so entsetzlich.

      Noch viel mehr, als er am nächsten Morgen aufwachte, rau und zerschlagen und wund und immer noch ein blöder Feigling. Warum war er überhaupt eingeschlafen?

      Arthur richtete sich auf. Die abgestandene Luft drang in seine Lungen. Kühl, trotz des Sommers vor dem Fenster. Kein Geräusch. СКАЧАТЬ