Dombey und Sohn. Charles Dickens
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Название: Dombey und Sohn

Автор: Charles Dickens

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

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isbn: 9783961183135

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СКАЧАТЬ sicherlich aus guten Gründen vor Angst in Krämpfe gefallen. Aber Paul schlummerte sanft, ohne Ahnung von den liebevollen Absichten der Miß Tor, von der Verwunderung des Majors, von den frühen Leiden seiner Schwester und von den ernsteren Visionen seines Vaters; konnte er ja nicht dafür, daß irgendein Teil der Erde einen Dombey oder einen Sohn barg.

      Unter den wachsamen Augen der Zeit – so ganz anderen, als die des Majors waren – ging mit Pauls Schlummern allmählich eine Veränderung hervor. Es gewann mehr und mehr Licht, immer bestimmtere und bestimmtere Träume störten ihn, und eine Menge von Gegenständen und Eindrücken umschwärmten sein Lager. Er ging aus dem Alter der hilflosen Kindheit in das der regsameren über und wurde ein plaudernder, umhergehender, neugieriger Dombey.

      Nach dem Sturz der Verbannung der Richards wurde die Kinderstube nur provisorisch versorgt, wie es zuweilen auch bei Ministerien zu sein pflegt, wenn sich kein individueller Atlas finden läßt, um sie zu tragen. Die provisorisch Betrauten waren natürlich Mrs. Chick und Miß Tor, die sich ihren Obliegenheiten mit so erstaunlichem Eifer hingaben, daß Major Bagstok mit jedem Tage neu an sein Vergessensein erinnert wurde, während Mr. Chick, der häuslichen Oberaufsicht beraubt, sich in die lustige Welt warf, in Klubs und Kaffeehäusern speiste, bei drei verschiedenen Gelegenheiten nach Tabak roch, allein ins Theater ging und – um es kurz zu sagen – sich jeder sozialen Pflicht und jeder moralischen Verbindlichkeit – wie ihm einmal von Mrs. Chick bedeutet wurde – als enthoben erachtete.

      Aber trotz der früheren guten Aussichten und trotz aller dieser Wachsamkeit und Sorgfalt wollte der kleine Paul doch nicht recht gedeihen. Von Natur aus zart, nahm er nach der Entfernung seiner Amme sehr ab, und es hatte geraume Zeit den Anschein, als warte er nur auf eine Gelegenheit, seinen neuen Wärterinnen aus den Händen zu gleiten und seine verlorene Mutter zu suchen. Den gefährlichen Boden auf der Rennjagd zu dem reiferen Alter fand er sehr schwer durchzumachen, und er wurde im Laufe derselben von allen erdenklichen Hemmnissen hart bedrängt. Jeder Zahn wurde für ihn zu einer halsbrechenden Verzäunung, jeder Masernflecken zu einer steinernen Mauer. Jeder Anfall von Keuchhusten warf ihn aufs Krankenlager, und er mußte ein ganzes Feld kleiner Krankheiten, die sich auf den Fersen folgten, um ihn ja nicht zum Aufstehen kommen zu lassen, überqueren. Ja sogar die Hühner wurden wütend, wenn sie etwas mit der Kinderkrankheit zu tun hatten, der sie ihren Namen liehen, und quälten den armen Paul wie Tigerkatzen.

      Vielleicht hatte auch die Kälte bei Pauls Taufe irgendeinen empfindsamen Teil seines Wesens berührt, so daß er sich in dem kalten Schatten seines Vaters nicht erholen konnte; so viel ist gewiß, daß er von diesem Tage an ein unglückliches Kind war. Mrs. Wickham sagte oft, sie habe nie ein so liebes Geschöpf so schwer heimgesucht gesehen.

      Mrs. Wickham war die Frau eines Kellners – was etwa gleichbedeutend sein dürfte mit der Witwe eines jeden andern Mannes – und ihre Bewerbung um ein Unterkommen in Mr. Dombeys Dienst hatte unter Berücksichtigung des Umstandes, daß sie augenscheinlich keinen Anhang haben konnte, geneigte Aufnahme gefunden. Einige Tage später nach Pauls schneller Entwöhnung war sie zu dessen Wärterin bestellt worden. Mrs. Wickham war eine bescheidene Frau mit weißem Teint, stets emporgezogenen Augenbrauen und unablässig gesenktem Kopfe. Stets bereit, sich selbst zu bemitleiden, bemitleidet zu werden, oder jemand anders zu bemitleiden, hatte sie eine überraschende natürliche Gabe, alle Gegenstände in einem gänzlich verlorenen beklagenswerten Lichte zu betrachten, die schauerlichsten Vorgänge damit in Verbindung zu bringen und aus der Übung ihre« Talents die größten Tröstungen abzuleiten.

      Es ist kaum nötig, zu bemerken, daß kein Zug dieser ihrer Eigenschaft je zur Kenntnis des großmächtigen Mr. Dombey kam. Das wäre auch in der Tat merkwürdig gewesen, da es doch niemand im Haus – nicht einmal Mrs. Chick oder Miß Tor – je wagte, ihm bei irgendeiner Gelegenheit zuzuraunen, daß in Beziehung auf den kleinen Paul auch nur der mindeste Grund zur Unruhe vorhanden sei. Er hielt es für etwas Notwendiges, daß das Kind eine gewisse Reihe kleiner Krankheiten durchmachen müsse, und es sei nur um so besser, je früher das geschehe. Allerdings, wenn er imstande gewesen wäre, ihn loszukaufen oder einen Substituten an seine Stelle zu setzen, wie man das im Falle eines unglücklichen Zugs bei der Konskription zu tun pflegt, so würde er keine Geldausgabe gescheut haben; da das aber nicht möglich war, so wunderte er sich nur hin und wieder in seiner hochmütigen Weise, was denn die Natur damit bezwecke, und tröstete sich mit dem Gedanken, es sei wieder ein weiterer Meilenstein zurückgelegt und das große Ziel der Reise näher herangerückt. Das vorherrschendste Gefühl in seiner Seele, das sich immer mehr steigerte, je älter Paul wurde, war die Ungeduld – ein sehnsüchtiges Harren der Zeit, in welcher seine Träume von ihrer vereinten Bedeutsamkeit und Größe zur triumphierenden Wirklichkeit würden. Einige Philosophen sagen uns, daß unseren besten Neigungen immer die Selbstsucht zugrunde liege. Für Mr. Dombey war der kleine Paul von Anfang an als ein Teil seiner eigenen Größe oder – was damit gleichbedeutend ist – der Größe von Dombey und Sohn so entschieden wichtig, daß ohne Frage, wie mancher gute Oberbau eines unbescholtenen Rufs, seine väterliche Liebe sich leicht auf eine sehr niedrige Grundlage zurückführen ließ. Er liebte übrigens seinen Sohn mit aller Liebe, deren er fähig war. Wenn sich je in seinem frostigen Herzen ein warmer Winkel befand, so war dieser von dem Sohn in Anspruch genommen, und wenn die sehr harte Oberfläche desselben den Eindruck eines Bildes aufnehmen konnte, so war es das des Sohnes. Doch war es kaum das Bild des kindlichen oder knabenhaften, sondern vielmehr das des erwachsenen, des »Sohns« der Firma. Deshalb sah er so ungeduldig der Zukunft entgegen, deshalb wäre er so gern über die früheren Abschnitte der Entwicklung hinweggeeilt, und darum machte er sich, trotz seiner Liebe, nur so wenig oder gar keine Sorge darüber. Er schien der Überzeugung zu sein, der Knabe habe ein gefeites Leben und müsse notgedrungen der Mann werden, mit dem sich schon jetzt unaufhörlich seine Gedanken beschäftigten, und für den er, wie für eine existierende Wirklichkeit, jeden Tag neue Pläne schmiedete.

      Paul war jetzt beinahe fünf Jahre alt. Er war ein hübsches Knäblein, hatte aber dabei ein so schmächtiges, tiefsinniges Gesichtchen, daß Mrs. Wickham oft bedeutungsvoll den Kopf schüttelte und tief dabei seufzte. Seine Gemütsart stellte in Aussicht, daß er im späteren Leben sehr gebieterisch werden dürfte; auch wußte er seine eigene Bedeutsamkeit und die Pflicht zur Unterwerfung allen andern Personen und Gegenständen so deutlich klar zu machen, als es das Herz nur wünschen konnte. Zuweilen war er kindlich und scherzhaft genug, da er überhaupt keinen störrischen Charakter besaß; aber zu andern Zeiten hatte er eine gar befremdliche altmodische, gedankenschwere Art an sich, wenn er brütend in seinem kleinen Sesselchen saß und dabei wie eines jener schrecklichen kleinen Wesen in den Feenmärchen aussah oder redete, die bei einem Alter von hundertundfünfzig oder zweihundert Jahren phantastisch die Kinder repräsentieren, mit denen sie vertauscht wurden. Droben in der Kinderstube wandelte ihn gar oft diese frühreife Stimmung an, und er konnte mit dem Ausruf, daß er müde sei, urplötzlich darin verfallen, selbst wenn er gerade mit Florence spielte oder Miß Tor als Pferd am Leitseil gehen ließ. Nie aber befiel ihn diese Laune so sicher, als wenn sein kleiner Stuhl nach dem Zimmer seines Vaters gebracht wurde und er dort nach der Mahlzeit neben seinem Erzeuger am Feuer sitzen mußte. Zu solcher Zeit waren sie das seltsamste Paar, das je vom Feuerlichte beschienen wurde. – Mr. Dombey, so aufrecht und feierlich in die Flamme schauend, sein kleines Ebenbild aber mit einem alten, alten Gesicht, mit der gespannten und verzückten Aufmerksamkeit eines Zauberers in die rote Perspektive blickend. Mr. Dombey unterhielt sich mit verwickelten weltlichen Entwürfen und Plänen, Sohn aber erging sich in weiß der Himmel was für wilden Phantasien, halbgeformten Gedanken und unsteten Spekulationen. Mr. Dombey saß da, steif von Stärke und Anmaßung, Sohn als sein echter Sprößling in unbewußter Nachahmung. Beide waren sich so sehr ähnlich und bildeten doch einen so schreienden Gegensatz.

      Bei einer dieser Gelegenheiten waren beide geraume Zeit vollkommen ruhig dagesessen, und Mr. Dombey entnahm das Wachen des Kindes nur dem Umstände, daß ihn hin und wieder ein Blitz seines Auges traf, in dem das helle Feuer wie aus einem Diamant funkelte, als der kleine Paul das Schweigen in folgender Weise unterbrach:

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