Название: Waidmannsruh
Автор: Alexandra Bleyer
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Sepp Flattacher
isbn: 9783960416456
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Beim Frühstück trödelte er mehr als sonst, obwohl die Zeitung noch im Briefkasten an der Straße wartete. Er fühlte schon jetzt Schwielen an seinen Händen wachsen; auch im Rücken stach es prophylaktisch. Das dröhnende Kreischen von Nebenan schien ihn zu verspotten.
Erst als der Lärm vom Nachbarsgrundstück verstummt war, raffte Sepp sich widerwillig auf. Es half alles nichts. Da musste er durch, wenn er nicht wie ein grummeliger Braunbär Winterschlaf halten und auf das Tauwetter im Frühjahr warten wollte.
Auf einen Pullover unter der Winterjacke verzichtete er wohlweislich; ihm würde gleich ordentlich warm werden. Er streifte die Arbeitshandschuhe über und trat vor das Haus. Das kleine Vordach über der Tür hatte die Schwelle halbwegs schneefrei gehalten. Dahinter sah es aus wie in der Antarktis. Der Neuschnee war mindestens zehn, fünfzehn Zentimeter hoch, eher mehr. Eine Knochenarbeit lag vor ihm, und er verfluchte stumm jeden Meter seiner viel zu langen Auffahrt.
»Morgen, Sepp!«
Nebenan latschte Belten seine geräumte Auffahrt rauf und wieder zurück; er winkte Sepp fröhlich zu. Die leuchtend rote Schneefräse stand gleich an seinem Haus und schien Sepp ebenso auszulachen wie ihr stolzer Besitzer.
Missmutig griff Sepp nach der Schneeschaufel, die an der Hauswand lehnte, und fing an. Schon beim ersten Hub ächzte er. Beim zweiten stieß er einen Fluch aus. Der Schnee hatte beim Blick aus dem Fenster zwar pulvrig gewirkt, erwies sich jedoch als verdammt patzig und schwer. Und seine Auffahrt erschien ihm doppelt so lang wie sonst.
»Du, Sepp, mit einer Schneefräse geht’s leichter.«
Musste Belten auch noch frotzeln? Der war lebensmüde!
»Nein, im Ernst. Willst du deine ganze Auffahrt schippen? Da bekommst du garantiert einen Hexenschuss und liegst auf der Schnauze.«
Noch eine Ladung, dann stellte Sepp die Schaufel auf und stützte sich am Stiel ab. Er kam jetzt schon ins Schwitzen. Als Junger hatte es ihm nichts ausgemacht, und vor Jahrzehnten waren die Winter auch noch richtige Winter. Aber heute spürte er seine neunundsechzig Komma neun Jahre im Kreuz, und auch seine Armmuskeln begannen zu zittern.
»Weißt, wenn dir meine Schneefräse ausleihen willst, musst du nur fragen«, rief Belten herüber. »Oder fällt dir da ein Zacken aus der Krone?«
»Ja«, raunzte Sepp zurück.
Verbissen nahm er die Arbeit wieder auf. Warum konnte Belten ihn nicht in Ruhe leiden lassen? Er schnaufte.
Hätte er den Suzuki doch nur an der Straße oben geparkt! Dann würde ein Trampelweg reichen, und er müsste nur den Übergang von seiner Auffahrt zur geräumten Straße bewältigen. Aber nein, aus Bequemlichkeit hatte er mit seinen schweren Einkäufen – neben einem Fünfundzwanzig-Kilo-Sack Hundefutter, das in Aktion war, hatte er noch einen Wocheneinkauf an Lebensmitteln für sich ins Haus zu tragen gehabt – so nah wie möglich am Haus geparkt. Das hatte er nun davon.
Noch zehn Minuten, forderte Sepp sich selbst heraus. Dann würde er eine Pause einlegen. Einlegen müssen. Wenn er in dem Tempo weiterarbeitete, würde er bis zum Abend fertig werden. Er wischte sich den Schweiß von der Stirn.
Warum konnte sich Belten nicht verzupfen? Vermutlich wollte er sich das Schauspiel nicht entgehen lassen. Schadenfreude war eben etwas Schönes. Grantig beobachtete er, wie der Nachbar seine teure Schneefräse anwarf und völlig unnötig die geräumte Auffahrt hinaufschob. Ob er auch noch so munter dahinspazieren würde, wenn Sepp demnächst in tiefer Nacht seine Auffahrt flutete? Dann bräuchte Belten Schlittschuhe!
Als Belten an der Straße angelangt war, kehrte er aber nicht um. Wollte er dem Bauern Konkurrenz machen, der mit Traktor und Schneeschaufel die Straße auf den Pfaffenberg bearbeitete?
Der Schnee spritzte in hohem Bogen heraus. Ha! Vermutlich wollte er Sepps Ausfahrt durch eine weitere Lage Schnee blockieren. Das sah ihm ähnlich, dem …
Hoppla. Was …?
Belten schob die Schneefräse auf Sepps Grundstück. Stück für Stück arbeitete er sich die Einfahrt entlang auf sein Haus zu; der Schnee flog Richtung Zaun.
Akko drängte sich an Sepps Bein. Der wusste wohl nicht, ob er Belten verbellen oder ihn schwanzwedelnd begrüßen sollte. Sepp kannte das Gefühl.
Am Ende angekommen, machte Belten kehrt und räumte die nächste Schneise frei. Sepp schnappte sich Besen und Schaufel, stapfte durch den Schnee zum Suzuki und putzte ihn ab. Dann begann er, das Auto freizuschaufeln, denn zu knapp an dieses herankommen lassen wollte er den påtschaten Belten nicht.
Auf die Uhr zu schauen hatte Sepp vergessen; eben hatte er die letzte Schaufel Schnee gehoben, da stellte Belten die kreischende Schneefräse ab, nahm seinen Ohrenschützer ab und rief fröhlich: »Fertig!«
Sepp drückte sich die Fäuste gegen die Lendenwirbelsäule, in der es etwas zog, und ließ die Hüften kreisen. Nicht vorzustellen, wie sich das anfühlen würde, wenn er die ganze Auffahrt geschaufelt hätte. Jetzt lag sie nahezu blank vor ihm. Er musste bei Gelegenheit Streusalz kaufen.
»Jetzt kannst mit deinem Besen fegen«, sagte Belten.
»Nicht nötig. Das passt schon so.«
Belten stand vor ihm und trat von einem Fuß auf den anderen. Auf was wartete er, auf bessere Zeiten? »Also …«
Ja, sapperlot, hatte er kein Heimgehen? Oder wusste Belten echt so wenig mit sich anzufangen, fühlte er sich so einsam, dass er sogar nach Sepps zugegeben zweifelhafter Gesellschaft gierte? Dabei war dessen Wiener Sippschaft in den Ferien ein paar Tage auf Besuch gewesen, und da war es vorbei gewesen mit der ruhigen Weihnachtszeit. Die drei Fråtzn hatten beim Schneemannbauen so a Gschra gmacht, dass Sepp mit Akko gern in den Wald geflohen war. Die geköpften Schneemänner dürften sie aber als Warnung begriffen haben. Danach waren sie leiser gewesen.
»Also was?«, knurrte Sepp.
Belten kaute auf seiner Unterlippe herum. »Wie wäre es mit einem Danke?«, fragte er dann vorsichtig.
Irgendwie konnte er einen fast erbarmen.
»Hab ich dich drum gebeten?« Zaghaft schüttelte Belten den Kopf. »Eben!«
Sepp ließ die Haustür krachend zufallen.
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