Название: Hallo Änne, hier is Lisbeth ...
Автор: Usch Hollmann
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Humoris Causa
isbn: 9783932927089
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*sinngemäß Wurzelgemüse/Möhreneintopf
**deftig
Hummerwochen im Gourmet-Tempel
… Änne, ich kann jetzt mitreden, wenn vonne gehobene Gastronomie de Rede is: Vorgestern hab ich dat erste Mal in mein’m Leben Hummer gegessen. Wieso? Dat hat mit Größenwahn nix zu tun. Yvonne ihren neuen Freund wollte sich vonne beste Seite zeigen und hat uns alle in ein’n Gourmet-Tempel eingeladen. Änne, dat muß man ja mal mitgemacht haben, wie dat bei vornehme Herrschaften zugeht!
Schon am Eingang stürzten se sich mit drei Mann auf uns, nahmen uns de Mäntel ab und geleiteten uns an einen großen, rosa gedeckten Tisch, wo ’n rosa Schild drauf stand: RESERVIERT. Alles andere war auch rosa, de Servietten, de Kerze, de künstlichen Blumen.
Ein Ober kam und machte de rosa Kerze an und brachte uns de rosa Speisekarte. Da dacht ich schon, der Abend wär für mich gelaufen, weil ich feststellen mußte, dat ich meine Lesebrille vergessen hatte. Aber sowat is in ein’m besseren Lokal heutzutage kein Problem mehr: Ein anderer Ober brachte mir ein rosa Etui mit acht Brillen drin, alle mit dunkelrosa Gestelle, aber mit unterschiedliche Sehstärken. Konnt ich mir eine aussuchen.
Dat hat mich tief beeindruckt, und konnt ich quasi durch ne rosa Brille de Speisekarte lesen. Für de Damen übrigens ohne Preise …, da wußt ich ja erst recht nich, wat ich nehmen sollte. Der Ober, der für mich zuständig war, sagte, ich sollte doch mal dat Hummermenü probieren, dat würde mir sicher munden, sie hätten grade Hummerwochen. Ich sag zu Yvonne ihr’m Freund, dat träf sich ja gut, bei Aldi hätten se grad auch zentnerweise Hummer inne Tiefkühltruhe liegen, ich hätt mich aber noch nich drangetraut, weil ich doch gar nich weiß, wie man diese Biester zu Leibe rückt. Am Nebentisch hatten se eben einen inne Mache und waren mit Hammer und Zange und Meißel zugange. Ich wollt mich aber nich gern blamieren und hab mir den Hummer gleich ausgelöst bestellt.
Nun hieß dat warten. Erstmal kucken, wat dat mitte vielen Bestecke auf sich hat. Jeder hatte zwei Messer, zwei Gabeln, dat heißt, eine Gabel und ein Gäbelchen, und ein’n Löffel und ein Löffelchen und außerdem drei Gläser und ein’n großen und ein’n kleinen Teller.
Dann kam der Ober mitte rosa Weinkarte, aber bloß Yvonne ihren Freund hat sich ein’n trockenen Rotwein bestellt, weil der ja kein Hummer aß. Zu Hummer kannst ja kein’n Rotwein trinken und wenn du den noch so gerne magst. Dat hab ich vorgestern gelernt.
Nach ne Zeit wurde der Wein gebracht. Der Wein-Ober hielt’n wie’n schlafenden Säugling in Schräglage im Arm und zeigte dat Etikett. Ach, und dann dat Zeremoniell mit öffnen und dran schnüffeln und probieren und mit halboffenen Mund schlürfen …, wie im Kino.
Wir ham uns bloß Mineralwasser bzw. Anton ein Pils bestellt. Dat paßte denen ja gar nich, und ham se uns jeder zwei Gläser weggenommen.
Nach ne halbe Stunde wurde dat Hummersüppchen gebracht. So weit, so gut. Dann mußten wer wieder warten. Wir wußten schon bald nich mehr, wat wer reden sollten. Endlich kam dat Hauptgericht, gut, dat ich meine rosa Brille aufhatte. Der „ganze Hummer, ausgelöst, an einer leichten Champagnersoße“ war ein hühnereigroßes Häufchen rosaweißes Gedöns, mit ein’m Champignon geschmückt, auf ein’m wunderbaren rosa Teller und de Sättigungsbeilagen in so ne Art Gemüse-Ikebana daneben, nach dem Motto „dat Auge ißt mit“: ein Hügelchen Wildreis und dann die frischen Gemüse der Saison, fünf Erbsenschoten, sechs kunstvoll geribbelte Scheibchen Möhren, ein Zahnrad aus Rote-Bete und ein Broccoliröschen – alles schön anschaulich verteilt.
Wie dat geschmeckt hat? Also alles wat recht is – nich schlecht. Aber bevor sich meine Geschmacksnerven drauf eingestellt hatten, war der Teller schon leer. Aber der Hummer als solcher schmeckte noch am ehesten nach Champignon. Wie der Ober kam und fragte, wie es den Herrschaften gemundet hätte, da wollt ich ne einklich fragen, ob dat typisch für Hummer wär, dat der nach Champignon schmeckt, aber ich hab mich nich getraut, dat war da alles so vornehm, alles vom Feinsten.
Als wir kurz nach Mitternacht endlich wieder zu Hause waren, ham wer uns erstmal bei mir inne Küche gesetzt und ’n Kanten Brot reingehauen, und Anton schwärmte von Möhreneintopf und Kathrina von Himmel und Erde mit Bratwurst und ich von Reibekuchen mit Apfelmus. Da waren Yvonne und ihr Freund aber nich mehr bei.
Trotzdem, den Abend möcht ich nich missen, aber dat ich jetzt bei Aldi den Hummer aufkauf, nä, dat ja nun doch nich. Müllers Nelli hat gestern drei Stück mitgenommen, weil ihr Mann den neuen Werkzeugkasten ausprobieren will …
Antonius hat geholfen
… ich muß dir eben erzählen, wat Kathrina passiert is. Nä, nix Schlimmes, im Gegenteil. Letzten Mittwoch hatte se ihr’n Schlüsselbund mit Autoschlüssel und Hausschlüssel und noch alles mögliche dran verloren. Dat ganze Haus hat se auffen Kopp gestellt …, nix! Und Anton natürlich am Toben: Wat ihre Schusseligkeit für Folgekosten hätte! Überall neue Schlösser einbauen, und dat Auto könnte geklaut werden – wat hatte die ne Not!
Hat se bei unser Tant’ Thea angerufen, ob der Schlüsselbund da womöglich läg, aber Fehlanzeige. Tant’ Thea hat ihr bloß geraten, sie sollte man zum Heiligen Antonius beten, der wär von jeher zuständig für wenn man wat verloren hat. Kathrina denn auch in ihre Verzweiflung:
Heiliger Antonius, ich vertrau’
und auf deine Hilfe bau’,
gib, dass deine Wunderkraft,
das Verlorene wiederschafft.
Heiliger Antonius, hilf mir suchen!
Und ob du’s glaubst oder nich: Dat Wunder passiert. Mittags findet se den Schlüssel in ihre Einkaufstasche, wo se vorher schon x-mal drin gesucht hatte. Egal, direkt nachem Mittagessen fährt se mit ihr Fahrrad nache Antoniusbasilika und zündet vor seine Statue ne Kerze an, dat hatte se ihm versprochen.
Aber – wie se ausse Kirche kommt, da hatten se ihr dat Fahrrad geklaut. Weg! Obwohl se’s abgeschlossen hatte. Wat macht unser Kathrina? Kennst ja wohl, dat is ein Deibel: wieder rein inne Kirche und die Kerze ausgepustet. „So geht’s nich, Antonius.“ Und denn zu Fuß nache Polizei und den Diebstahl gemeldet, Ort, Zeit, Farbe, Rahmennummer – wie sich dat gehört.
Aber abends krichte se ’n schlechtes Gewissen, dat se Antonius die Kerze wieder ausgepustet hatte, weil er für den Diebstahl ja nix konnte, und bei der Schlüsselsuche hatte er ja getan, wat von ihm erwartet worden war. Kathrina also mit unser Yvonne ihr Fahrrad wieder nache Kirche. Ich mußte mitfahren, auf dat Rad aufpassen, solange wie sie drin war und für Antonius ne neue Kerze anmachte.
Und heute morgen passiert dat zweite Wunder: De Polizei ruft an und sagt, ihr Rad wär wieder da, nach drei Tagen schon! Dat hätte im Stadtpark inne Büsche gelegen.
Änne, sag selbst, dat is doch ’n Wunder! Sollst mal sehen, wenn sich dat rumspricht, dauert’s СКАЧАТЬ