Название: Tausend Jahre Kaiserschmarrn
Автор: Georg Markus
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9783902998408
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»Denk lieber an den Perserteppich.«
»Welchen Perserteppich?«
»Stell dich nicht so blöd. Den Perserteppich in meinem Arbeitszimmer, den du gemeinsam mit 23 deiner Artgenossen so vollgemacht hast, daß uns nichts anderes übrigblieb, als das sündteure Stück wegzuwerfen.«
»Du hättest es ja versichern lassen können.«
»Kannst du mir ein Institut nennen, das einen Haushalt versichert, in dem zweihundert wilde Tiere leben? Allein der Schaden, der durch den kaputten Teppich entstand, macht ein Zehntel der Nobelpreis-Summe aus.«
»Und was ist mit dem Rest?«
»Da war die Ratte, die aus unseren Bettüchern so lange den Stoff herausgebissen hat, bis sie genügend Material hatte, um damit ihr Nest tapezieren zu können. Ganz zu schweigen von dem Kakadu, der uns von der Wäsche, die zum Trocknen im Garten hing, regelmäßig die Knöpfe herunterbiß. Und – weißt du noch, wie du mit Kollegen in unseren gepflegten Beeten herumgetrampelt bist, bis sämtliche Blumen kaputt waren?«
»Konrad, sei nicht so pingelig!« sagte die Graugans.
»Pingelig?« Professor Lorenz drohte die Fassung zu verlieren. »Du hast ja keine Ahnung, wieviel Futter ihr in all den Jahrzehnten verfressen habt.«
»Verfressen – wie du über deine kleinen Lieblinge sprichst!«
»Außerdem muß man die für mich und meine Familie erschwerenden Lebensumstände in Rechnung stellen, die sich durch das Zusammenleben von Mensch und Wildgans ergeben.«
»Wildgans ist ein Dichter«, sagte Martina und schüttelte den an ihrem langen Hals befindlichen Kopf. »Und so jemand kriegt den Nobelpreis.«
»Laß die blöden Witze«, sagte Konrad Lorenz, »du weißt genau, daß ich mein ganzes Leben den Tieren gewidmet habe. Und, daß ich es immer abgelehnt habe, euch in Käfige zu sperren. Denn wer geistig regsame Wesen wirklich kennenlernen und erforschen will, der muß sie in Freiheit beobachten. Nur das seelisch gesunde, von den schädlichen Einwirkungen der Gefangenschaft unbeeinflußte Versuchstier eignet sich für tiefenpsychologisch stichhaltige Untersuchungen.«
»Stimmt«, bestätigte Martina.
»Stimmt«, äffte Lorenz die Graugans nach. »Das sagst du so leicht. Dabei ist es gar nicht ungefährlich, mit euch unter einem Dach zu leben. Einen Raben zum Beispiel kann man mit einem Kind nicht allein lassen. Daher durfte unser ältester Sohn nie frei herumlaufen, weil ihr ja immer wie die Wahnsinnigen durch Haus und Garten, Veranda, Schlaf- und Wohnzimmer tollen mußtet. Was tat meine gute Frau in einer solchen Situation? Sie baute im Garten einen Käfig auf, sperrte aber aus lauter Rücksicht auf eure empfindlichen Seelen nicht euch, die Tiere, darin ein – sondern unseren kleinen Buben.«
Die Graugans lachte. »Jetzt erinnere ich mich wieder. Das war sehr komisch.«
»Komisch? Das Kind hat durch das ewige Eingesperrtsein bleibende Schäden erlitten.«
»Als Verhaltensforscher müßtest du wissen, daß man bleibende Schäden mit Geld nicht wiedergutmachen kann. Also her mit unserem Anteil am Nobelpreis!«
»Was würdet ihr denn mit dem Geld machen, würde ich es tatsächlich mit euch teilen?« fragte der Ausgezeichnete.
»Als erstes unsere Verpflegung umstellen«, sagte die Graugans, erhob sich aus ihrer Steinbank und watschelte in Richtung Eiskasten, dem sie mit sicherem Griff eine Portion feinsten Parmaschinkens entnahm.
»Mußt du mir immer die teuersten Delikatessen wegnehmen?« beklagte sich der Hausherr.
»Du bist knausrig – als Nobelpreisträger kannst du dir das leisten. Die uns von dir vorgeschriebene einseitige Kost ekelt uns an. Wir wollen auch einmal Filetsteak, Kaviar und Vanilleeis mit heißer Schokoladensauce.«
»Kaviar! Weißt du überhaupt, was es kostet, täglich ein Haus voller Viecher durchzufüttern?« fragte Lorenz. »In Wahrheit habe ich für euch weit mehr ausgegeben, als mir der ganze Nobelpreis gebracht hat.«
»Wenn du glaubst, uns mit einem Butterbrot abspeisen zu können, hast du dich getäuscht.« Martina entleerte mit großem Appetit den Eisschrank, ohne deshalb ihre politische Rede zu unterbrechen. »Ich habe mit den anderen gesprochen, wir denken an die Gründung einer Gewerkschaftsbewegung. Mit je einer Fraktion für Greif- und Singvögel, für Menschen- und Halbaffen, für Hunde, Katzen, Mäuse, Biber, Bienen, Wespen, Fliegen, Rotkehlchen …«
»Natürlich – die Roten müssen dabeisein, wenn’s um Forderungen gegen den Brötchengeber geht! Aber bitte, wir können über alles sprechen.«
»Wieso kannst du überhaupt mit uns sprechen, wann hast du das gelernt?« fragte die Graugans.
»Mir blieb ja gar nichts anderes übrig. Denk einmal an deine Kindheit. Du wolltest nie bei deiner Mutter, sondern immer nur bei mir im Bett schlafen. Zuerst mußte ich genau studieren, was du sagtest, damit ich verstehen konnte, was du wolltest. Pfühp, pfühp … waren deine ersten Worte. Anhand deines verzweifelten Gesichtsausdrucks hatte ich bald heraußen, daß das soviel wie ›Laß mich nicht allein!‹ bedeutet. Das nächste war Wiwiwiwiwi – auf gut deutsch: ›Hier bin ich, wo bist du?‹ Bald konnte ich, durch Studium und anschließende Nachahmung deiner Ausdruckslaute, in gebrochenem Graugänsisch antworten: Gangangang – ›Ich bin da.‹ Wolltest du deine Ruhe, sagtest du Wirrr – ›Ich schlafe schon, gute Nacht!‹ So ergab ein Wort das andere, ehe wir konfliktfrei konversieren konnten. Mit den anderen Tieren auf meinem Hof ging’s ähnlich, es war einfach eine Überlebensfrage, wollte man in einer so großen Familie miteinander auskommen.«
»Über alles kann man mit dir sprechen«, sagte Martina, »nur wenn’s ums Geld geht, versagt die Verständigung.«
»Also gut, du sollst sehen, daß ich auch auf diesem Gebiet mit mir reden lasse.« Die Graugans hatte ihr Ziel erreicht, sie streckte Konrad Lorenz zum Zeichen der Einigung den rechten Flügel hin.
»Du weißt, daß Geld nicht glücklich macht«, sagte der Professor am Schluß der Verhandlungen.
»Aber es beruhigt.«
»Dumme Gans!«
Aerarisches Essen Ist Oft Ungenießbar
oder Was AEIOU wirklich bedeutet
An Kirchen und Kapellen, Spitälern und an den Portalen herrschaftlicher Häuser – kurz, allüberall in Österreich, findet sich die geheimnisvolle Buchstabenkombination »AEIOU«. Jeder kennt sie, hat irgendwann im Geschichtsunterricht von ihrer Zusammensetzung vernommen, aber welche Bedeutung die fünf Vokale tatsächlich haben, weiß kaum jemand.
Oder besser gesagt: Überhaupt niemand. Denn bisher konnte nicht einwandfrei nachgewiesen werden, was Kaiser Friedrich III. mit dem populären Wahl- und Wappenspruch meinte, der sich auf Besitztümern und Gebäuden, die während seiner 53jährigen Herrschaft – von 1440 und 1493 – errichtet wurden, sowie auf Waffen und auf Münzen, die er prägen ließ, befindet. Wir müssen uns also auf Spekulationen einlassen, die im Lauf der Jahrhunderte angestellt wurden. Der Historiker Alphons Lhotsky hat etwa neunzig СКАЧАТЬ