William Lovell. Ludwig Tieck
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Читать онлайн книгу William Lovell - Ludwig Tieck страница 16

Название: William Lovell

Автор: Ludwig Tieck

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783849637699

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СКАЧАТЬ es ist der See dazwischen, den die Franzosen aus Spaß, (wie sie denn bei allen Sachen dummes Zeug machen) einen Kanal nennen; wenn viel solche Kanäle bei uns in England wären, so würde von dem Lande eben nicht außerordentlich viel übrigbleiben. – Bleiben Sie ja gesund, mein liebster, gnädiger Herr, daß ich Sie mit meinen alten, schwachen Augen noch einmal wiedersehn kann. Ich würde viel weinen, wenn ich einmal wieder die Türme von London sähe und Sie wären dann in der ganzen weiten Gegend umher nicht zu finden, als auf dem Kirchhofe, und auch da nur tot – es wäre ein Jammer für mich und jeden andern ehrlichen Mann, besonders aber auch außerdem für meinen Herrn; wenn Sie können, so bleiben Sie gesund, wie ich.

      Ihr Willy.

      15

      Die Comtesse Blainville an Rosa

      Paris.

      Da Sie mich itzt nur so selten besuchen, so seh ich mich genötigt, mich schriftlich mit Ihnen zu unterhalten, so ungern ich es auch tue, denn ganz Ihrem Umgange zu entsagen, wäre eine zu harte Buße für mich.

      Seit Ihrem neulichen Besuche haben sich einige nicht unwichtige Vorfälle ereignet. Der Graf wird immer freundlicher und höflicher, er ist schon zehnmal im Begriffe gewesen, mir durch Umwege einen Heiratsvorschlag zu tun, aber immer ist ihm noch sein böser Genius wieder in den Zügel gefallen. Solche Leute werden sehr langweilig, wenn sie nachher in einer Art von Verlegenheit einen andern Weg einlenken; sie sind gestolpert und haben im Schrecken die Steigbügel verloren.

      Doch, Sie kennen ja den Grafen, daß er sich pikiert gerade dann am geistreichsten zu sein, wenn er die Gegenwart des Geistes am meisten vermißt. Ein Hinkender wird aber erst am meisten lächerlich, wenn er seinen Fehler verbergen will; dies Stottern, dies Jagen nach Wortspielen und Verdrehungen des Sinnes – oh, es gibt nichts Häßlicheres, wenn man soeben etwas Vernünftiges gesprochen hat.

      Lovell ist mit seiner Naivität allerliebst, der Galimathias, den er zuweilen spricht, kleidet ihn recht gut, und ich habe itzt die Manier gefunden, ihn zu attachieren. Er ist eigensinnig genug, nicht durch gewöhnliche Aufmerksamkeit gefesselt zu werden; ein Franzose würde über die Art der Rolle lachen, die ich itzt spiele. Freilich sind die Weiber verdammt, immer nur Rollen auswendig herzusagen, vielleicht auch viele Männer; aber meine itzige liegt mir so entfernt, daß ich auf meine Merkworte sehr aufmerksam sein muß, wenn ich nicht zuweilen das ganze Stück verderben will. Ich bin so empfindsam, wie Rousseaus Julie, ein wenig melancholisch, eine kleine Teinture aus Young und eine so langweilige Vernunft- und Moralschwätzerin, als die Heldinnen der englischen Romane. Sie würden mich hassen, wenn Sie mich in dieser Tragödienlaune sähen; aber Lovell ist davon bezaubert; er hält mich in Gedanken für ein Ideal Richardsons, für ein himmlisches und überirdisches Geschöpf. Wir empfinden so sehr ins Feine hinein, daß mir schon oft ein Gähnen angewandelt ist, das ich nur mit Mühe verbissen habe; durch hundert Vorfälle ist es nun endlich dahin gekommen, daß er wirklich verliebt ist; er will sich zwar dies Gefühl selbst nicht gestehn, aber ich mache mich jeden Tag auf eine sehr pathetische Erklärung gefaßt; er ist schon oft auf dem Wege gewesen, aber jedesmal muß ihn noch das Bild seiner Geliebten zurückgehalten haben. –

      Gestern ging er melancholisch im Garten auf und nieder, ich begegnete ihm, wie von ohngefähr. Er freute sich und erschrak zu gleicher Zeit, meine Gegenwart war ihm lieb, aber es war ihm unangenehm, selbst durch mich in seinen Träumen gestört zu werden; er geriet in eine Art von Verlegenheit. Es war ein schöner Abend, wir waren allein, ich hörte wenig von dem, was er sagte, seine Bildung, sein schöner Wuchs, sein feuriges Auge zerstreuten meine Aufmerksamkeit: er ist einer der schönsten Männer, die ich bis itzt gesehn habe. Wir kamen zu einer Laube und setzten uns. Der Abend und die Einsamkeit luden zu mancherlei Träumen ein; ich sah es, wie Lovell schwer seufzte und ein Geheimnis auf dem Herzen hatte.

      »An diese Abende«, fing er endlich an, »ich ahnde es, werd ich in der Zukunft oft mit Schmerzen zurückdenken.«

      »Mit Schmerzen? – Sie verlassen uns also ungern?«

      »Und Sie können noch fragen?«

      »Sie werden neue Freunde und schönere Gegenden finden, und über die letzteren die ersteren vergessen.«

      »Sie quälen mich«, rief er nach einer kleinen Pause etwas unwillig.

      »Ich habe Ursache zu klagen«; fuhr ich leise fort, um nicht in eine Art von Zank zu fallen, der so leicht langweilig und widrig, selbst für beide Parteien, werden kann, wenn man einer sehr zärtlichen Aussöhnung nicht äußerst gewiß ist; und dies war hier nicht der Fall: – »Ich habe Ursache zu klagen«, sagt ich, »denn ich bleibe hier in dieser öden langweiligen Welt zurück, ich verliere einen Freund, der mir in so kurzer Zeit sehr viel wert geworden ist.«

      Er küßte mir sehr feurig die Hand. – »Comtesse!« rief er aus – »wollen Sie mich nicht vergessen?«

      »Vergessen?« seufzt ich ganz leise. – Meine Rolle ward mir hier äußerst natürlich, und ich spielte sie mit einer täuschenden Leichtigkeit. Er rührte mich, denn, wahrlich, er ist mir nicht gleichgültig. – Meine Hand lag in der seinigen, ich drückte sie ganz leise, er erwiderte es mit Heftigkeit, unsre Lippen begegneten sich –

      Ich stand auf, wie erzürnt, er suchte mich zu versöhnen. – Wir fingen bald wieder ein melancholisch empfindsames Gespräch an, und so ward der Streit darüber vergessen. – Als wir zur Gesellschaft zurückkamen, stand er oft in Gedanken. –

      Beim Abschiede drückte er auf meine Hand einen sehr feurigen Kuß. Itzt ist in seinem Herzen die entscheidende Epoche; indes versprech ich mir über meine unbekannte Nebenbuhlerin den Sieg. –

      16

      William Lovell an Balder

      Paris.

      Ich bin die ganze Stadt durchstrichen, ohne Dich zu finden, der Abend ist so schön, ich hätte Dir so gern alles gesagt, was ich auf dem Herzen habe; ich schreibe Dir daher, weil ich Dich doch wahrscheinlich heut nicht mehr sehn werde. Antworte mir noch heut, wenigstens morgen früh, wenn Du mich nicht selbst besuchen solltest.

      O Balder, könnte doch meine Seele ohne Worte zu der Deinigen reden – und so alles, alles Dir ganz glühend hingeben, was in meinem Busen brennt, und mich mit Martern und Seligkeiten quält.

      Ja, Freund, itzt fühl ich es, wie sehr Rosa recht behält, wenn er sagt: Der Busen des fühlenden Menschen hat für tausend Empfindungen Raum, warum will der Mensch seiner eigenen Wonne zu enge Schranken setzen? Des Toren, der da schwört, daß er nie wieder lieben wolle! Kann er seine Seele zurücklassen?

      Du weißt von Amalien. Soll ich Dir sagen, daß ich ihr treulos bin? Treulos? das Wort hat keinen Sinn, sie ist meinem Herzen so unentbehrlich wie je. Aber kann ich denn diesem nämlichen Herzen widerstehn, welches mich zur Blainville reißt. Soll ich blind sein, und ihre Schönheit nicht sehen? Welche Macht ist es, die uns zueinander führt?

      Es war ein schöner Abend, ich war mit ihr im Garten des Grafen Melun, wir gingen lange einsam auf und ab. Balder, sie ist das edelste weibliche Geschöpf, das ich bis itzt gekannt habe! so viel Natur und Herzensgüte! Ich СКАЧАТЬ