Ethik. Baruch de Spinoza
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Ethik - Baruch de Spinoza страница 4

Название: Ethik

Автор: Baruch de Spinoza

Издательство: Bookwire

Жанр: Документальная литература

Серия:

isbn: 9783849636500

isbn:

СКАЧАТЬ ihn die Termini der »Ursache« ( causa) und des »Grundes« ( ratio) einfach zusammen. In ähnlicher Weise wendet sich Spinoza gegen das reale Nacheinander, die Zeit, die nach seiner Auffassung nur eine verworrene Vorstellung ist. Seine Lehre, daß der Philosoph alles unter der Form der Ewigkeit aufzufassen habe (s. ob. S. IX), d. h. in völliger Zeitlosigkeit, nicht in seiner realen, sondern bloß in seiner logischen Folge, scheint freilich dem Averroës entlehnt zu sein.

      Während die politischen Schriften Spinozas sich das Ziel setzen, die bürgerliche Freiheit, d. h. diejenige Machterweiterung darzustellen, deren die Masse der Menschen fähig ist, ist es die Aufgabe der »Ethik«, zu zeigen, wie die wenigen, die des Staates nicht bedürfen und denen eben darum die bürgerliche Freiheit nicht genügt, sich zu der höchsten, der Geistesfreiheit erheben, die eine Privattugend ist. Bei dem Ausgangspunkte Spinozas ist es, da er den Zweckbegriff und damit auch denjenigen des »Sollens« ablehnt, begreiflich, daß er kein ethisches System aufstellen konnte, das sich, wie etwa das Kantische, auf einem kategorischen Imperativ aufbaut. Wie alles, so wird auch das Wollen des Menschen bei Spinoza nach Art der mathematischen Physik behandelt (s. ob. S. X). So ist es zu verstehen, daß der eigentliche Wert dieser Ethik weniger in den streng erkenntnis-theoretischen Voraussetzungen, als in den psychologischen Darlegungen und Beobachtungen zu sehen ist, die – und das gilt besonders für die Affektenlehre – voller Tiefen und Feinheiten sind.

      Die Leidenschaft ist nur ein verworrenes Denken oder die Idee einer Körperstörung. Das Eigentümliche dieser beschränkten oder ersten Weise des Erkennens ist es, daß sie alles vereinzelt und stückweise und darum alles gesondert betrachtet, also als ein Zufälliges, das auch anders sein kann, daß sie alles nicht unter den Gesichtspunkt der Ewigkeit, sondern unter den der Dauer stellt. Diese beschränkte Auffassung ist bei den meisten Menschen die einzige und für jeden ist es schwer, sich ganz von ihr zu befreien. Dem Beschränkten stellt nun Spinoza den Geistesfreien und Geistesstarken entgegen, den nichts mit dem unfreien Staunen erfüllt, welches das nicht oder nur halb Erkannte begleitet, sondern der es erkennt und demgemäß (diese Folgerung ist echt intellektualistisch!) auch billigt oder will. In der höheren Erkenntnis, die solche Freiheit verleiht, unterscheidet Spinoza zwei Grade, darum heißt sie Erkenntnis der zweiten bzw. dritten Gattung. Jene erkennt mittelbar, also auf dem Wege des Schlußverfahrens, die letztere dagegen in unmittelbarer Anschauung, darum hat es die Erkenntnis der zweiten Gattung mit dem Bedingten und Abgeleiteten, die der dritten mit dem Unbedingten zu tun. Diese beiden Erkenntnisgrade betrachten alles in seinem ewigen und notwendigen Zusammenhange, es gibt für sie keine Möglichkeit, daß etwas auch anders sein könnte, also verhalten sie sich zu allem frei.

      Je mehr nun das Wissen, die klare Erkenntnis, zum Verlangen, d. h. zum Affekt wird, desto mehr ist sie imstande, die Leidenschaften zu besiegen; je mehr sie wächst, um so mehr nimmt die Gelassenheit und Geistesstärke zu. Diese hat die höchste und dauernde Freude, die Seligkeit, nicht etwa zum Lohne, sondern in ihr besteht die Seligkeit. Da nun alles in seiner Notwendigkeit nur erkannt wird, wenn man es als Folge des unendlichen, göttlichen Seins erkennt, so ist diese Freude ohne die Idee Gottes nicht möglich. Also ist jenes Erkennen notwendig Liebe zu Gott. Diese intellektuelle Liebe aber ist nichts anderes als die Liebe zur Wahrheit. Wie wir nun die Wahrheit nicht lieben, damit sie uns wieder liebe, so auch Gott nicht. Nicht also liebt Gott uns, sondern wir, wenn wir erkennen, lieben Gott. –

      Dies einige der wichtigsten und geschichtlich fruchtbarsten Gedankengänge der Spinozaschen Philosophie, in deren Hauptwerk, die »Ethik« man ohne eine solche kurze Einführung den Zugang nicht leicht findet. Es dürfte sich, zumal für den philosophisch wenig Geschulten, empfehlen, mit dem dritten Buche zu beginnen und die beiden ersten Bücher erst nach dem fünften zu lesen. Auch so bietet die »Ethik« noch der Schwierigkeiten genug, doch darf man eben auch nicht erwarten, daß sich einem die Schönheiten und Tiefen dieses Meisterwerkes der Weltliteratur sogleich bei der ersten Lektüre ganz erschließen. –

      Die »Ethik« ist nicht zu Lebzeiten Spinozas erschienen, da der Philosoph, dessen »theologisch-politischer Traktat« sogar in dem wegen seiner Denkfreiheit berühmten Holland verboten worden war, das um seiner persönlichen Sicherheit willen nicht wagen durfte. Das druckfertige Manuskript befand sich in seinem Nachlaß, und die Freunde Spinozas zögerten zunächst, es dem Drucke zu übergeben, offenbar weil es ihnen gefährlich schien. Ja, man dachte sogar daran, die Originalhandschrift an Leibniz für 150 fl. zu verkaufen, doch bald besann man sich eines Besseren. Noch im November des Jahres 1677 erschienen mit Unterstützung eines einflußreichen Mannes, der im Haag wohnte und dessen Name verschwiegen wurde, die »Nachgelassenen Werke«, Opera posthuma, welche die Ethik, die Bruchstücke des Traktats über die Läuterung des Verstandes, der hebräischen Grammatik, des politischen Traktats und ausgewählte Briefe enthielten.

      Der Druck aber mußte geheim gehalten werden, weil man fürchtete, daß sonst das Unternehmen verhindert werden würde. Auch wagte man es nicht, den Druckort und den Namen des Druckers anzugeben. Daß ferner der Verfasser auf dem Titelblatt nicht genannt wurde, hatte dieser selbst angeordnet. Nur seine Lehre, nicht sein Name, sollte ihn überleben, ein Wunsch Spinozas, der freilich nicht in Erfüllung gegangen ist. Seine Werke haben seinen Namen und trotz vieler Verlästerung auch seinen Ruhm durch die Jahrhunderte getragen. Von ihm gilt das Wort von Platen: »Hier ist alles: Charakter und Geist und der edelsten Menschheit Bild, und die Götter vergehn vor dem alleinigen Gott.«

      Erster Teil / Von Gott

      Definitionen

      1. Unter Ursache seiner selbst verstehe ich das, dessen Wesen das Dasein in sich schließt, oder das, dessen Natur nur als daseiend begriffen werden kann.

      2. Dasjenige Ding heißt in seiner Art endlich, welches durch ein anderes von gleicher Natur begrenzt werden kann. Ein Körper z. B. heißt endlich, weil wir immer einen andern größeren begreifen. So wird ein Gedanke durch einen anderen Gedanken begrenzt; der Körper aber nicht durch einen Gedanken, noch ein Gedanke durch den Körper.

      3. Unter Substanz verstehe ich das, was in sich ist und aus sich begriffen wird; das heißt das, dessen Begriff nicht eines andern Dinges Begriff bedarf, um daraus gebildet zu werden.

      4. Unter Attribut verstehe ich das, was der Verstand an der Substanz, als ihr Wesen ausmachend, erkennt.

      5. Unter Daseinsweise verstehe ich die Affektionen der Substanz, oder das, was in einem andern ist, wodurch man es auch begreift.

      6. Unter Gott verstehe ich das absolut unendliche Wesen, d. h. die Substanz, die aus unendlichen Attributen besteht, von denen jedes ein ewiges unendliches Wesen ausdrückt.

      Erläuterung. Ich sage absolut, nicht aber seiner Art nach unendlich; denn, was nur seiner Art nach unendlich ist, dem können wir unendliche Attribute absprechen; was aber absolut unendlich ist, zu dessen Wesen gehört alles, was Wesen ausdrückt und keine Negation in sich schließt.

      7. Dasjenige Ding wird frei heißen, das aus der bloßen Notwendigkeit seiner Natur existiert und von sich allein zum Handeln bestimmt wird; notwendig aber, oder vielmehr gezwungen, dasjenige, was von einem andern bestimmt wird, auf gewisse und bestimmte Weise zu existieren und zu wirken.

      8. Unter Ewigkeit verstehe ich das Dasein selbst, sofern es aus der bloßen Definition eines ewigen Dinges, als notwendig folgend, begriffen wird.

      Erläuterung. Denn ein solches Dasein wird ebenso, wie das Wesen des Dinges, als ewige Wahrheit begriffen, und kann deshalb nicht durch Dauer oder Zeit erklärt werden, wenn man sich auch die Dauer als ohne Anfang und Ende vorstellt.

СКАЧАТЬ