»Reg dich nicht gleich auf! Ich weiß, daß er dir gefällt. Bobby wäre überglücklich, wenn aus euch ein Paar würde, und Jürgen sagt, daß David bloß einen kleinen Schubs braucht, um mehr aus sich herauszugehen. Ihr wart doch zusammen im Urlaub. Hat sich da gar nichts getan?«
»Wir hatten sehr gute Gespräche, aber denk bitte daran, daß ich nicht seine Freundin, sondern seine Angestellte bin.«
»Das ist doch Quatsch. Ich bin auch seine Angestellte, aber für ihn in erster Linie Jürgens Verlobte. Und wenn wir nächsten Monat heiraten, werdet ihr unsere Trauzeugen sein.«
»Rolf ist noch kein Jahr tot«, sagte Jana leise, »und ich glaube, daß die Erinnerung an Julie sehr lebendig ist.«
»Bei Bobby nicht mehr, und David ist ein Licht aufgegangen, sagt Jürgen. Ich sage ja gar nicht, daß du ihm den Kopf verdrehen sollst, aber ein bißchen könntest du ihm schon zeigen, daß du ihn gern hast.«
Jana blockte ab, aber sich selbst gestand sie doch ein, daß er schon einen festen Platz in ihrem Leben einnahm.
Bobby überlegte unentwegt, wie er es anfangen könnte, seine Wünsche in die Tat umzusetzen. Sollte er das wirklich bis zu seinem Geburtstag im Dezember aufschieben? Es gefiel ihm sowieso nicht besonders, so kurz vor Weihnachten Geburtstag zu haben.
Im Oktober wollten Jürgen und Simone heiraten, und da gab es natürlich ein Fest. Er wollte Jana schon mal auf den Zahn fühlen, was sie sich dazu ausgedacht hatte.
»Bis dahin sind es noch sechs Wochen«, erklärte sie, »jetzt holen wir erstmal Granny heim. Du freust dich doch auch, wenn wir wieder zusammen sind.«
Natürlich freute er sich, obgleich er nichts hatte vermissen müssen. Überrascht waren sie aber, als David erklärte, daß er die Granny abholen würde.
»Ihr dürft natürlich mitkommen, und wir machen ein verlängertes Wochenende daraus.«
»Mit Übernachten?« fragte Bobby. »So im Hotel, wie an der Nordsee?«
»Wir fahren am Freitag, und am Sonntag fahren wir mit Granny zurück. Ich habe schon mit ihr telefoniert. Es ist Ihnen doch recht, Jana?«
»Wenn Sie es so geplant haben?«
»Hatten Sie etwas anderes vor?«
»Ich habe nie etwas vor.«
»Jana ist am liebsten mit uns zusammen«, sagte Bobby.
»Stimmt das auch, Jana?« fragte David.
Sie nickte. »Dann werde ich schon mal die Sachen für Bobby richten.«
»Vergessen Sie Ihren Koffer nicht«, sagte er lächelnd, und sie wurde verlegen unter seinem Blick.
»Wir fahren so gegen zehn Uhr los. Essen können wir unterwegs, wo es uns gefällt.«
Er war bei bester Laune, und Jana fragte sich, was plötzlich in ihn gefahren war.
»Jürgen und Simone werden übrigens eine Woche nach Frankreich fahren, das haben wir heute besprochen. Geschäftlich natürlich«, fügte er mit einem vielsagenden Lächeln hinzu.
»Es ist dort hoffentlich alles in Ordnung, oder gibt es Schwierigkeiten?«
Es war das erste Mal, daß sie eine solche Frage stellte und es freute ihn, daß sie sich dafür interessierte.
»Jürgen und Simone werden das schon in Ordnung bringen. Ich hätte dieses Geschäft nicht machen sollen, aber hinterher ist man immer klüger. Ein Verlust ist es ja nicht, nur Ärger bringt es mit sich. Wie steht es eigentlich mit der Haemlin-Geschichte, wenn ich fragen darf?«
»Das machen die Anwälte, ich will damit nichts zu tun haben.«
»Sie verzichten auf viel Geld, das eigentlich eine Wiedergutmachung für Sie sein könnte.«
»Ich habe nur den einen Wunsch, mich nie mehr an diese Zeit erinnern zu müssen. Bobby hat mir geholfen, ein neues Leben zu beginnen.«
Da Bobby gerade mal zu Klara gelaufen war, um ihr von dem Ausflug zu berichten, sagte David leise: »Ich möchte ihm gern dabei helfen, Jana, denn Sie haben mir auch geholfen…«, weiter kam er nicht, denn Bobby war schon wieder zur Stelle.
*
Es war ein schöner, sonniger Morgen, als sie losfuhren. Klara konnte sich ungestört an die Arbeit machen und das Haus auf Hochglanz bringen. Dabei dachte sie nur, daß es doch wunderbar wäre, wenn David und Jana ein Paar würden und Bobby noch ein paar Geschwister bekäme. Klara hatte ihre Vorstellungen von einem harmonischen Familienleben, und in das hatte Julie nicht gepaßt mit ihren ständigen Eifersüchteleien.
David und Jana dachten nicht an die Vergangenheit, als sie in den sonnigen Tag hineinfuhren, der den Sommer noch einmal zurückzubringen schien. Bobby wollte genau erklärt haben, welche Orte das waren, an denen sie vorbeifuhren. Er hatte seine Augen überall, entdeckte jede Burg und jeden Kirchturm.
Jana war froh, daß sie die Gegend ganz gut kannte, während David zugab, wohl noch manches lernen zu müssen, um Bobby zufriedenstellen zu können.
»Man kann nicht alles wissen«, sagte Jana. »Wir können ja die Ortsschilder lesen, und das wird Bobby auch bald lernen.«
»Eigentlich möchte ich noch lange klein bleiben«, sagte Bobby, »damit Jana bei uns bleibt.«
»Wenn wir sie bitten, bleibt sie vielleicht auch, wenn du größer wirst«, meinte David.
»Bittest du sie auch, Papi?«
»Ich werde mir etwas einfallen lassen.«
Jana bekam Herzklopfen, und Bobby fand das schon sehr verheißungsvoll. Er dachte aber auch daran, was Klara ihm mit auf den Weg gegeben hatte, sich nämlich nicht zu sehr einzumischen und ihnen lieber mal ein bißchen Zeit zu geben, allein zu sein.
Leicht fiel ihm das nicht, aber nachdem sie einen sehr abwechslungsreichen Tag verbracht hatten und in einem schönen an einem Hang gelegenen Hotel übernachten wollten, war Bobby nach dem Essen so müde, daß er doch freiwillig schlafen gehen wollte. Allerdings wünschte er sich, daß sie beide noch bei ihm bleiben sollten. Jana mußte die Gutenachtgeschichte erzählen, und David lauschte genauso andächtig wie sein Sohn. Als dann Bobbys tiefe Atemzüge verrieten, daß er tatsächlich schlief, gingen sie leise hinaus auf den Balkon. Tief atmeten sie die würzige Luft ein und blickten zum Himmel empor, an dem unzählige Sterne funkelten.
»Es ist schön, daß wir mal allein sein können, Jana«, sagte David leise. »Und eigentlich weiß ich auch nicht, wie ich es sagen soll, um es nicht falsch zu machen. Wir haben ja beide einiges zu bewältigen gehabt, und ich weiß nicht, inwieweit Sie den Tod Ihres Mannes verkraftet haben. Würden Sie mir ein bißchen weiterhelfen?«
»Es ist so viel geschehen in der kurzen letzten Zeit, daß ich manchmal meine, Jahre wären vergangen. Ich weiß, daß ich nie so glücklich war wie jetzt. Die Zuneigung, die mir Bobby entgegenbringt, hat mein Leben völlig verändert.«
»Bobby liebt Sie, meine Mutter liebt Sie und ich liebe Sie auch, Jana. Ich möchte Sie bitten, immer bei uns zu bleiben, nicht nur wegen Bobby.«
СКАЧАТЬ