Название: Mami Bestseller Staffel 3 – Familienroman
Автор: Jutta von Kampen
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Mami Bestseller Staffel
isbn: 9783740951443
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Sekundenlang stand Kathinka wie erstarrt, dann verzerrte sich ihr Gesicht zu einer bösartigen Grimasse. »Was maßt du dir eigentlich an? Willst du mich verdammen, weil irgend jemand mich verleumdet hat?«
»Niemand hat dich verleumdet. Ich weiß nur endlich die Wahrheit die ganze, furchtbare Wahrheit!« Er schloß einen Augenblick die Augen, weil er glaubte, das alles nicht mehr ertragen zu können.
Vor ihm stand die Frau, die er geliebt hatte und immer noch mit einer schmerzhaften Sehnsucht liebte, doch gleichzeitig mischten sich in das Gefühl brennenden Verlangens Schmerz, Empörung und abgrundtiefe Verachtung.
Kathinka war totenblaß geworden. »Was – weißt – du?«
»Alles! Daß du den anderen liebst, daß du von ihm ein Kind erwartest, das meinen Namen tragen sollte, weil der andere dich nicht heiraten will!« Unbarmherzig schleuderte er ihr seine Anklage ins Gesicht.
»Nein!« schrie Kathinka auf. »Nein, das ist nicht wahr! Er – er war bei dir, nicht wahr? Hat er dir diese Geschichte erzählt? Er lügt! Du darfst ihm kein Wort glauben, Rainer – kein einziges Wort! Er lügt, denn er ist feige und schwach!«
Voll Verachtung sah er auf sie hinab. »Ich dachte, ihn würdest du wenigstens wirklich und ehrlich lieben!«
»Nein, ich liebe ihn nicht! Dich liebe ich – dich allein!«
»Vor einer Stunde hast du ihm das gleiche versichert«, sagte er. »Du hast beteuert, daß der Mann, den du heiraten willst, dir nichts bedeutet, sondern daß deine Liebe Peter Greve gehört!«
Sie wich vor ihm zurück. »Woher weißt du das?« flüsterte sie atemlos.
»Ich saß auf der Terrasse im Hause Theodor Greves. Ich habe alles mit angehört!«
Sie schlug die Hände vor das Gesicht und wandte sich aufschluchzend ab. »Du hast alles falsch verstanden«, murmelte sie leise.
»Erkläre es mir, bitte!«
»Ich – ich kann nicht!« stammelte Kathinka schluchzend. Dann hob sie ihr Gesicht zu ihm empor. »Hast du kein Mitleid mit mir? Du liebst mich doch! Wie kannst du mich so quälen!«
»Ich habe kein Mitleid, und ich liebe dich auch nicht mehr«, antwortete er mit äußerster Beherrschung. »Was du getan hast, ist weder zu verstehen noch zu entschuldigen!« Die Empörung übermannte ihn wieder. »Für uns gibt es keinen gemeinsamen Weg mehr«, sagte er bitter. »Meine Liebe ist tot. Ich selbst bin tot. Du hast alles zerstört, was mir im Leben wichtig war.« Mit einem Blick unsagbaren Schmerzes sah er sie an. »Adieu, Kathinka.« Er wandte sich um und ging hinaus.
Und erst jetzt, als er die Treppe Stufe für Stufe hinunterging, wurde Rainhart Arundsen bewußt, was er verloren hatte. Die Liebe und das Glück waren aus seinem Leben verschwunden. Er war allein und wußte nicht, für wen er weiterleben sollte.
*
Die folgenden Tage waren furchtbar. Mechanisch tat Rainhart Arundsen seine Arbeit, während ihn die schmerzhaftesten Gedanken quälten.
Immer wieder sah er Katja vor sich – Katja, die er geliebt hatte, mit strahlenden Augen und einem verführerischen Lächeln, und dann jene Katja, die ihm mit verzerrter Miene und einem haßerfüllten Blick gegenübergestanden hatte.
Nachts konnte er nicht schlafen. Ruhelos wälzte er sich von einer Seite auf die andere, und der Schmerz um seine verlorene Liebe ließ ihn nicht zur Ruhe kommen.
Er mußte seine ganze Selbstbeherrschung aufbringen, um mit unbewegter Miene die Leute auf dem Gut darüber aufzuklären, daß keine Hochzeit stattfinden würde.
Er begegnete manchem ungläubigen und neugierig forschenden Blick, doch niemand wagte, eine Frage zu stellen.
Nur Johanna, die alte Wirtschafterin, die Rainhart schon als kleinen Jungen gekannt hatte, sagte zögernd, als sie mit dem Majoratsherrn einen Augenblick allein war: »Vielleicht ist es besser für Sie, Herr Arundsen. Sie war nicht wie die Arundsens; sie wäre ewig eine Fremde geblieben.«
Viel schwieriger war es, die geladenen Hochzeitsgäste von der neuen Wendung der Dinge zu unterrichten. Stundenlang saß Rainer an seinem Schreibtisch und dachte über die Formulierungen nach, mit denen er seine Niederlage erklären mußte.
Dann ging er in den Ort zum Pfarrer.
»Nanu, Herr Arundsen – eine knappe Woche vor der Hochzeit, und dann so eine finstere Miene?«
»Es gibt keine Hochzeit!« stieß Rainhart kurz hervor. »Ich bin gekommen, um es Ihnen zu sagen, Herr Pastor!« Er vermied den Blick des Pfarrers.
Pastor Engelbrecht verbarg sein Erschrecken hinter gespielter Gleichmütigkeit. »Sie wollen mit der Heirat noch eine Weile warten, Herr Arundsen?« fragte er vorsichtig.
Rainhart blickte rasch auf und machte eine abwehrende Handbewegung. »Nein, ich werde überhaupt nicht heiraten!« antwortete er schroff und versuchte, es zu erklären.
*
Rainhart Arundsen stürzte sich mit wahrem Feuereifer in die Arbeit, als könnte er damit alles vergessen, was ihn bedrückte.
Aber die Gedanken kamen immer wieder. Abends, wenn er allein durch die stillen Räume des Gutes ging oder brütend an seinem Schreibtisch saß, nachts, wenn er nicht schlafen konnte. Und stets mußte er an die Folgen denken: Die anderen warten schon darauf, ihm den Erbanspruch streitig zu machen!
Er hatte nie darüber nachgedacht, weil vorher alles ganz selbstverständlich gewesen war. Er liebte Kathinka und wollte sie heiraten. Sie würden Kinder haben, ganz gewiß auch einen Sohn. Sie hatten sich auch schon einen Namen für den Erstgeborenen ausgedacht – damals, als sie sich verlobten und Kathinka voll wachsender Begeisterung mit Rainhart das Gut und die Ländereien durchstreifte und allmählich von allem Besitz nahm. Da hatte sie zum erstenmal über den Sohn gesprochen, den Rainhart sich wünschte. Er sollte Alexander heißen, und Kathinka hatte der Name sehr gut gefallen.
Wie lange ist das alles her? dachte Rainhart, als er eines Abends in seinem Arbeitszimmer saß und sich gedankenvoll eine Zigarette anzündete. Ihm kam es vor, als lägen Ewigkeiten zwischen jenen glücklichen Tagen und dem Heute. Und doch war nicht mehr als ein Jahr vergangen, seit er und Kathinka ihre Verlobung gefeiert hatten!
Damals hatte Rainhart Arundsen, der Herr auf Gut Arundsen, nie an die Klausel des Erbfolgesetzes gedacht, weil es für ihn keinen Zweifel gab, daß er eines Tages einen männlichen Erben haben würde, der später das Majoratserbe antreten würde. Er hatte vergessen, daß es eine Möglichkeit gab, ihn von dem geliebten Besitz zu vertreiben.
Jetzt mußte er unablässig daran denken. Und diese Vorstellung schmerzte ihn fast ebenso sehr wie der Kummer um seine verlorene Liebe.
Rainhart versank in dumpfes Brüten.
Wie soll es weitergehen, fragte er sich.
Es gab keinen anderen Ausweg als eine Heirat. Er mußte es endlich einsehen.
Arundsen erhob sich und trat ans Fenster.
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