Название: Der kleine Fürst Staffel 12 – Adelsroman
Автор: Viola Maybach
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Der kleine Fürst Staffel
isbn: 9783740970284
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Verena legte den Hörer auf und wusste nicht, was sie denken sollte. Hätte er nicht wieder von seiner Mutter angefangen … Womöglich hätte sie jetzt auf ihren großen Tag verzichtet und wäre gleich nach Hause gefahren. Nun aber schrillte in ihrem Hinterkopf eine Warnglocke. Nein, sie wollte es genauso machen, wie sie gesagt hatte. Sie kannte sich in ihrem Herzen ja wirklich selbst nicht mehr aus. Zuerst also die Vernissage, dann die Liebesgeschichten. So viel Zeit musste einfach sein.
*
Das Wohnhaus der Familie von Bäumler befand sich in einer kleinen Seitengasse neben dem Stephansdom. Von außen unterschied sich das Palais nur unmerklich von den Nachbarhäusern. Wie diese, handelte es sich um ein altehrwürdiges Innenstadthaus mit einer geschmackvollen Fassade. Nur ein kleines goldenes Schild neben dem Eingang zeugte von seiner historischen Bedeutung.
Im Erdgeschoss befanden sich die Nutzräume: die Küche, die Speisekammer und das Bügelzimmer. Über eine geschwungene Treppe gelangte man in den ersten Stock, den die Familie zum Wohnen, aber auch zu Repräsentationszwecken benutzte. Im zweiten Stock befand sich das Büro der Hoftischlerei Bäumler, und ganz oben, in einer netten Einzimmerwohnung mit Dachgarten, hatte sich der Juniorchef einquartiert.
Heute Abend war ein Essen im kleinen Familienkreis angesagt. Leider hatten sich die beiden jungen Damen, Gabriela und Sonja, entschuldigt. Die eine, weils sie sich mit einer alten Freundin aus ihren amerikanischen Studententagen traf, die andere, weil sie in einem kleinen Kellertheater auf der Bühne stand.
Nur der Hausherr, Graf Carl, seine Frau Gerlinde, Markus und dessen Patenonkel Theo saßen um den Tisch. Theo Swoboda ließ einen gefälligen Blick über die Ansammlung von Antiquitäten gleiten. Man sah der Einrichtung ihren Wert nicht gleich an, aber hier waren tatsächlich Kunstwerke versammelt! Die Möbel stammten freilich aus der eigenen Produktion, aber auch das Geschirr und das Glas trugen ehrwürdige Namen. Die Kerzenhalte, die den Tisch in flackerndes Licht tauchten, waren aus schwerem Silber und ein persönliches Geschenk des letzten Kaisers.
Theo hob sein Glas und prostete dem jungen Mann zu.
»Jetzt bist du also verlobt. So, so. Da muss ich dir wohl gratulieren, Junge! Schade, dass die Braut nicht hier ist. Ich hätte sie gerne geküsst!«
»Ja, wir sind alle sehr glücklich!«, antwortete Gräfin Gerlinde stellvertretend für ihren Sohn und lächelte stolz. Graf Markus selbst sah etwas verlegen drein. »Na ja, Onkel Theo, Sonja und ich, wir kennen uns schon so lange, da ist es keine große Sache.«
»Das Heiraten ist immer eine große Sache, Markus!«, sagte der alte Mann und betrachtete sein Gegenüber kritisch. »Ich hoffe, du hast dir das gut überlegt!«
»Das ist nicht nur eine Liebesgeschichte, Theo«, warf Graf Carl ein. »Hier geht es auch um unser Unternehmen. Um unseren Namen, um unseren Ruf, um unsere Position in der Gesellschaft.«
»Also ums Geld, habe ich recht?« Theo lachte schallend.
Markus wurde das Gefühl nicht los, dass der Onkel mit seiner Entscheidung nicht einverstanden war.
»Vergiss nicht, Markus, das Heiraten ist eine Sache fürs Leben!«
»Wie könnte ich das vergessen?«, fragte der junge Graf zerknirscht und starrte in sein Glas.
»Ach lass ihn, Theo, er ist zurzeit etwas durcheinander«, rief Graf Carl und klopfte seinem Sohn freundschaftlich auf die Schulter. »Markus hat ja auch einen großen geschäftlichen Erfolg zu verbuchen, weißt du?« Er erzählte dem Galeristen von dem großen Auftrag, den Markus mit dem Emir von Fudschaira abgeschlossen hatte.
Theo gratulierte aufrichtig. »Ich wusste, dass du es drauf hast, Markus. Aber was bedeutet dieser Auftrag konkret?«
»Wir werden …«, begann Graf Carl, doch Markus fiel ihm ins Wort:
»Ich werde die Planung und das Design übernehmen. Die geschäftlichen Belange überlasse ich Vater.«
Graf Carl bedachte seinen Sohn mit einem fragenden Blick. Offensichtlich war er mit dieser Rollenverteilung nicht ganz einverstanden. Theo beschloss, nicht weiter Öl ins Feuer zu gießen, und wechselte das Thema.
»Ich habe auch etwas zu berichten«, sagte er nun und lächelte in die Runde. »Ich habe eine wunderbare Künstlerin entdeckt und stelle ihre Bilder aus. Nächste Woche findet die Vernissage statt!«
»Erzähl!«, rief Gräfin Gerlinde aufgeregt. Sie liebte Vernissagen und hatte ein ehrliches Interesse an der Kunst. Graf Carl hingegen nutzte den Erwerb von Kunstwerken vor allem als Investitionsmöglichkeit. Vielversprechende junge Talente weckten daher immer seine Aufmerksamkeit.
Er schaute interessiert hoch. »Eine junge Malerin?«
»Ja. Verena Königshofer.« Als er Verenas Namen nannte, beobachtete Theo seinen Neffen genau. Und richtig: der Junge schluckte den Köder. Seine Wangen wurden dunkelrot. Die Gabel fiel ihm aus der Hand. Nervös zupfte er mit der Serviette über seine Lippen. denn griff er zum Wasserglas, aber er verschluckte sich beim Trinken.
»Alles in Ordnung mit dir?«, fragte Theo scheinheilig.
»Aber ja, Onkel Theo. Ich finde es toll, dass du wieder eine junge Künstlerin entdeckt hast.« Markus’ Stirn glänzte vor Schweiß.
Die Eltern hatten inzwischen ein anderes Thema aufgegriffen. Gräfin Gerlinde erzählte von einer Ausstellung, die sie kürzlich besucht hatte. Da sie so abgelenkt waren, konnte Theo seinem Neffen zuraunen: »Sag mir, was dich bedrückt, Junge. Was hältst du davon, deinem alten Onkel später ein Glas Whisky anzubieten, oben, in deiner Wohnung?«
Vom ›Graben‹ her wehte leises Stimmengewirr herüber. Noch immer schlenderten vereinzelte Nachtschwärmer durch die warme Abendluft. Von jenseits des Donaukanals blinkten die Leuchtreklamen der Hochhäuser. Markus reichte seinem Patenonkel ein Glas, lehnte sich an die Brüstung seiner Terrasse und schaute ins Leere. Ins Leere richtete er dann auch seine Beichte. Währender sprach, wurde ihm klar, wie sehr er Sonja mochte. Sie war seine beste Freundin. Es wurde ihm aber auch deutlich bewusst, dass er sie nicht liebte. Wenn er an Liebe dachte, kam ihm ein anderer Name in den Sinn …
»Warum hast du dich von Verena getrennt, Markus?«, fragte der alte Herr sanft.
»Sie hat sich von mir getrennt, Onkel Theo. Sie hat mich verlassen. Sie wollte nichts mit einer reichen Familie zu tun haben. Und schon gar nicht mit einem Grafen. Sie hat in Hamburg mit dem Sohn einer Fernsehfirma schlechte Erfahrungen gemacht. Dieser Kerl hat sie ausgenutzt. Und sie glaubt wohl, ich bin genauso, nur weil ich kein armer Schlucker bin. Verena hielt mich für einen einfachen Tischler. Das habe ich leider nicht richtig gestellt.«
»Und deine Verlobung mit Sonja? Hast du Verena davon erzählt? Könnte ja auch ein Grund für ihre Zurückhaltung sein, oder?« Die Eiswürfel im Whiskyglas klirrten leise.
»Ich habe mich doch erst nachher verlobt. Erst als Verena für mich für immer verloren war.«
»Was genau hat Verena zu dir gesagt, Markus?«, wollte Theo Swoboda wissen.
»Gar СКАЧАТЬ