Kaiserin Elisabeths Fitness- und Diät-Programm. Gabriele Praschl-Bichler
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СКАЧАТЬ Beispiel der Schulunterricht darstellte – zu begeistern. Gouvernanten und Lehrer hatten wenig Freude mit der Schülerin, denn Elisabeth war zappelig und beinahe ständig unkonzentriert.

      Zu den vielen sportlichen Betätigungen, die die Prinzessin in ihrer Jugend betrieb und die damals natürlich noch nicht »sportliche Betätigungen« hießen, gehörten das Gehen, das Springen, das Wandern, das Kraxeln und das Bergsteigen, die meisten davon Sportarten, für die sich schon ihr Vater, Herzog Maximilian in Bayern, begeistert hatte. Daß sich dieser Wittelsbacher – entgegen den Vorstellungen der Zeit und der Gesellschaft, der er angehörte – für so viele damals unelegante Sportarten interessierte, hängt bestimmt mit der ungewöhnlichen Erziehung zusammen, die er genossen hatte: Als sicherlich einziger Mitteleuropäer seines Standes hatte er im frühen 19. Jahrhundert sowohl eine öffentliche Schule wie auch eine öffentliche Universität besucht. Das (und ein die Familie prägender, eigensinniger Charakter) scheint ihn für viele volkstümlichen und zeitgeistigen Ideen »offen« gemacht zu haben. Dazu gehörte im deutschsprachigen Raum auf dem Gebiet des Sports vor allem das Gedankengut, das der Pädagoge GutsMuths und der ihm folgende, nicht unumstrittene »Turnvater Jahn« verbreiteten.

      Kaiserin Elisabeth mit ihrer ältesten Schwester, verehelichte Erbprinzessin Helene von Thurn und Taxis, und ihrem Lieblingsbruder, Herzog Carl Theodor in Bayern. Alle Kinder Herzog Maximilians beherrschten die Reitkunst seit Kindertagen und waren als Erwachsene begabte Reiter.

      Um nachvollziehen zu können, warum Herzog Max als Verfechter dieser Ideen so außergewöhnlich gehandelt hatte, braucht es eines kurzen Einschubes über die Kindererziehung vergangener Epochen. Denn die hatte einige Jahrhunderte lang ohne Gymnastik und Bewegungsunterricht für Kinder ihr Auskommen gefunden. Das sollte sich im 18. Jahrhundert mit einem Schlag ändern. »Schuld« an dieser völlig neuen Entwicklung war Jean Jacques Rousseau, der mit zahlreichen pädagogischen Schriften die geistige Welt seiner Zeit in Bewegung brachte. Rousseau forderte darin als einer der ersten, daß der schulische Lehrplan für Kinder neben den theoretischen Fächern fortan auch Leibesübungen enthalten sollte. Das war – was man aus heutiger Sicht nicht sofort erkennt – eine besonders radikale Forderung. Das Außergewöhnliche dieses Gedankens wird man erst dann verstehen, wenn man sich vor Augen hält, wie viele Jahrhunderte geistig arbeitende Menschen auf den Ausgleich durch körperliche Betätigung verzichtet hatten. Doch Rousseau und seine Anhänger verfolgten mit ihren Ideen noch ein anderes Ziel: Sie wollten mit »dieser neuen, philanthropischen Erziehung« aus jedem Jugendlichen einen »Menschen und Europäer … bilden, dessen Leben so unschädlich, so gemeinnützig und so zufrieden sein möge, als es durch Erziehung veranstaltet werden kann«. (alles in: Wildt, S. 14) So viel erhoffte man sich also schon damals von dieser neuen Idee, die eigentlich den Beginn aller bis heute gültigen, schulischen und gesamterzieherischen Programme darstellt.

      Eine Turnvorführung zu Ehren Kaiser Franz Josephs (1896, Budapest). Auch hundert Jahre nach Jean Jacques Rousseau war dieser Sport noch immer eine männliche Domäne.

      Wie gut kann man sich die kleinen Prinzen vorstellen, die da munter in den Schloßgärten ihrer Ahnen herumtollten. Und wie ungewöhnlich müssen diese Anweisungen im späten 18. Jahrhundert geklungen haben, als die meisten zeitgenössischen Kinder in die Kleidung von Erwachsenen gepreßt wurden – Mädchen trugen, kaum daß sie laufen konnten, Mieder und lange Röcke – und vor allem in den oberen Gesellschaftsschichten dazu erzogen wurden, immer und in jeder Situation »Haltung zu bewahren«. Die steife Kleidung hat diese Idee nicht nur unterstützt, sondern geradezu herausgefordert. Ganz davon abgesehen wird bis dahin wohl kaum je jemand seine Kinder dazu aufgefordert haben, »munter zu sein« oder gar »Lärm zu machen«.

      Dieser kurze Abstecher in die Welt des 18. Jahrhunderts war nötig, um hervorzuheben, wie modern die Ideen Kaiser Leopolds II. in einer noch immer von Etikette geprägten Epoche gewesen und wie modern sie selbst noch drei Generationen später waren, als die nachmalige Kaiserin Elisabeth nach Rousseau-ähnlichen Grundsätzen erzogen wurde. Und selbst vierzig Jahre später, als in den 70er- und 80er-Jahren des 19. Jahrhunderts ihr sportlicher Eifer einen Höhepunkt erreichte, galt diese Leidenschaft noch immer als aufsehenerregend, in ihrer Gesellschaftsschicht sogar als revolutionär. Denn, wenn Elisabeths Vorreiter und auch sie bei den »gymnastischen Übungen« auf Vorbilder der griechisch-römischen Antike zurückgriffen (um demselben Schönheitsideal zu huldigen und sich einen »statuenhaft vollkommenen Körper« zu meißeln), so haftete der Bewegung noch lange Zeit etwas Freigeistiges und Aufrührerisches an. Um das in seiner Gesamtheit zu verstehen, halte man sich das Gedankengut des puritanischen 19. Jahrhunderts vor Augen, in dem man in vornehmen Kreisen – außer über den Kopf – kaum je über einen Körperteil sprach, geschweige denn, daß man sich mit ihm beschäftigte oder ihn sogar formte. Zudem verlangte der Zeitgeist in den gehobenen Gesellschaftsschichten und bei den Leuten, die sich nach ihnen richteten, ein elegantes Erscheinungsbild, und das war eben nur bei der Ausübung eleganter Sportarten zu erreichen: beim Reiten, bei der Jagd, wohl auch schon beim Tennisspiel (das sich aus dem seit dem 18. Jahrhundert in Frankreich gespielten »Jeux de Pomme« entwickelt hatte) und beim gemütlichen Promenieren.

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      Der nachmalige Kaiser Leopold II. (li., damals Großherzog von Toskana) mit seinem Bruder, Kaiser Joseph II. Im Unterschied zu seinen konservativen Vorgängern zählte Leopold zu den fortschrittlichsten Habsburger Herrschern und setzte sich auch als einer der ersten mit moderner Kindererziehung auseinander.

      Im Unterschied zu ihren Zeit- und Standesgenossen verhielt sich Kaiserin Elisabeth aber immer ganz entgegengesetzt und betrieb demgemäß auch völlig andere Sportarten als sie. Tennis, das zu ihrer Zeit gerade so richtig in Mode kam, spielte sie zum Beispiel nicht. Vermutlich auch deshalb, weil sie dafür zumindest einen Spielpartner gebraucht hätte. Und von so einer Notwendigkeit hätte sie sich niemals abhängig gemacht. Sie wollte alleine sein und bleiben, duldete um sich ausschließlich von ihr erwählte Hofleute, außer dem Ehemann und den Kindern keine Verwandten, geschweige denn andere Leute der Gesellschaft. Daß Elisabeth unter den vielen Sportarten, die sie betrieb, auch eine ganz unfeine, wie das Turnen, ausübte, war daher auch sehr typisch für sie. Denn von der Hochzeit an bis an ihr Lebensende pflegte sie sich – immer ihrem Trotzkopf-Charakter folgend – alles, was »üblich« und »der Form entsprechend« war, zu widersetzen, um statt dessen allem СКАЧАТЬ