Seine Schriften zur Wissenschaftslehre. Max Weber
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Seine Schriften zur Wissenschaftslehre - Max Weber страница 13

Название: Seine Schriften zur Wissenschaftslehre

Автор: Max Weber

Издательство: Bookwire

Жанр: Математика

Серия:

isbn: 9783849612269

isbn:

СКАЧАТЬ logisch widersinnige Voraussetzung und, was die sachliche Seite anlangt, so zeigt z.B. der Begriff der »potentiellen Energie«, auf dessen Einführung das Energiegesetz ruht, ganz ebenso »unbegreifliche« (hier: unanschauliche) Bestandteile wie irgendwelche noch so verwickelten hirnanatomischen Voraussetzungen der Psychophysik zum Zweck der Erklärung des »explosions« artigen Verlaufs gewisser »Auslösungs«-vorgänge. Die Voraussetzung der Möglichkeit solcher Feststellungen ist, als ideales Ziel der psychophysischen Forschung gedacht, trotz der höchsten Wahrscheinlichkeit seiner Unerreichbarkeit, jedenfalls als Problemstellung positiv sinnvoll und fruchtbar. Es mag ferner – um noch eine andere Seite heranzuziehen – die Biologie die »psychische« Entfaltung unserer logischen Kategorien, die bewußte Verwendung des Kausalprinzips z.B., etwa als Produkt der »Anpassung« »verstehen«: man hat bekanntlich die »Schranken« unserer Erkenntnis prinzipiell daraus abzuleiten versucht, daß »das Bewußtsein« eben nur als Mittel der Erhaltung der Gattung entstanden sei und daher – weil die Erkenntnis »nur« um des Erkennens selbst willen ja Produkt des »Spieltriebs« sei – seine Sphäre nicht über das durch jene Funktion bedingte Maß ausdehnbar sei. Und man mag diese freilich dem Wesen nach »teleologische« Interpretation weiterhin durch eine mehr kausale zu ersetzen suchen, indem etwa die allmähliche Entstehung des Wissens von der Bedeutung jener Kategorie als Ergebnis ungezählter spezifischer »Reaktionen« auf gewisse, irgendwie näher zu bestimmende »Reize« im Laufe einer langen phylogenetischen Entwicklung – für die ja die nötigen Jahrmillionen gratis zur Verfügung stehen – interpretiert wird. Man mag ferner über die Verwendung so summarischer und stumpfer Kategorien, wie »Anpassung«, »Auslösung« u. dgl. in ihrer generellen Fassung hinausgehen und die speziellen »Auslösungsvorgänge«, welche die moderne Wissenschaft entbunden haben, auch streng historisch in gewissen – im weitesten Sinne des Wortes – »praktischen« Problemen zu finden suchen, vor welche konkrete Konstellationen der gesellschaftlichen Verhältnisse das Denken stellten, und weiterhin aufzeigen, wie die Verwendung bestimmter Formen des »Auffassens« der Wirklichkeit, zugleich praktische Optimalitäten der Befriedigung gewisser jeweils ausschlaggebender Interessen bestimmter sozialer Schichten darstellten, – und man mag so in einem freilich stark veränderten Sinne mit dem Satz des historischen »Materialismus«, daß der ideelle »Ueberbau« Funktion des gesellschaftlichen Gesamtzustandes sei, auch auf dem Gebiet des Denkens Ernst machen: der Satz, daß letztlich als »wahr« nur zu gelten pflege, was uns »nützlich« sei, würde so gewissermaßen historisch erhärtet werden. Jene Aufstellungen mögen sachlich sehr skeptisch zu beurteilen sein, – einen logischen Widersinn schließt dieser Satz jedenfalls erst da ein, wo »Erkenntniswert« und »praktischer Wert« konfundiert werden und die Kategorie der »Norm« fehlt, wo also behauptet wird: daß das Nützliche, weil nützlich, auch wahr sei, daß jene »praktische Bedeutung« oder jene »Auslösungs«- und Anpassungsvorgänge die Sätze der Mathematik – nicht etwa nur zu einer faktisch erkannten, sondern – zu einer normative Geltung besitzenden Wahrheit erst gemacht haben. Das wäre freilich »Unsinn«, – im übrigen finden alle jene Ueberlegungen ihre prinzipielle erkenntnistheoretische Schranke nur in dem ihrem Erkenntniszweck immanenten Sinn und die Schranken ihrer sachlichen Verwertbarkeit lediglich an der Grenze ihrer Fähigkeit, die empirisch gegebenen Tatsachen widerspruchslos derart zu »erklären«, daß die Erklärung sich »in aller Erfahrung bewährt«. Was nun aber bei idealster Lösung aller solcher Zukunftsaufgaben einer physiologischen, psychologischen, biogenetischen, soziologischen und historischen »Erklärung« des Phänomens des Denkens und bestimmter »Standpunkte« desselben natürlich gänzlich unberührt bleiben würde, das ist eben die Frage nach der Geltung der Ergebnisse unserer »Denkprozesse«, ihrem »Erkenntniswert«. Welche anatomische Vorgänge der Erkenntnis von der »Geltung« des kleinen Einmaleins korrespondieren, und wie diese anatomischen Kostellationen phylogenetisch sich entwickelt haben, dies könnten, käme es nur auf die logische Möglichkeit an, irgendwelche »exakten« Zukunftsforschungen zu ermitteln hoffen. Nur die Frage der »Richtigkeit« des Urteils: 2 x 2 = 4 ist dem Mikroskop ebenso wie jeder biologischen, psychologischen und historischen Betrachtung aus logischen Gründen für ewig entzogen. Denn die Behauptung, daß das Einmaleins »gelte«, ist für jede empirische psychologische Beobachtung und kausale Analyse einfach transzendent und als Objekt der Prüfung sinnlos, sie gehört zu den für sie gar nicht nachprüfbaren logischen Voraussetzungen ihrer eigenen psychometrischen Beobachtungen. Der Umstand, daß die Florentiner Bankiers des Mittelalters, infolge Unkenntnis des arabischen Zahlensystems, sich selbst bei ihren Erbteilungen ganz regelmäßig – wie wir vom »normativen« Standpunkt aus sagen – »verrechneten« und wirklich »richtige« Rechnungen bei größeren Posten in manchen Buchungen der damaligen Zeit beinahe die Ausnahme bilden, – dieser Umstand ist kausal genau so determiniert wie der andere: daß die »Richtigkeit« heute die Regel bildet, und wir solche Vorkommnisse bei heutigen Bankiers höchst übel zu »deuten« geneigt sein würden. Wir werden zur Erklärung jenes Zustandes in den Büchern etwa der Peruzzi alles mögliche, – nur das eine jedenfalls nicht geltend machen können, daß das kleine Einmaleins zu ihrer Zeit noch nicht »richtig« gewesen sei, ebensowenig wie seine »Richtigkeit« heute etwa erschüttert werden würde, falls eine Statistik über die Anzahl der Fälle, in denen im Laufe eines Jahres tatsächlich »unrichtig« gerechnet worden ist, ein »ungünstiges« Resultat ergeben sollte, – denn »ungünstig« wäre es eben nicht für die Beurteilung des Einmaleins auf seine Geltung hin, sondern für eine vom Standpunkt und unter Voraussetzung dieser Geltung aus vorgenommene Kritik unserer Fähigkeit im »normgemäßen« Kopfrechnen. – Würde nun – um bei dem Beispiel der intellektuellen Entwickelung zu bleiben – eine an Wundts Begriffen orientierte Betrachtungsweise auf alle diese etwas sehr simplen und natürlich von Wundt selbst am allerwenigsten bestrittenen, nur eben sachlich von ihm nicht festgehaltenen Bemerkungen antworten, daß das Prinzip der »schöpferischen Synthese« oder der »steigenden psychischen Energie« ja, unter anderm, gerade dies bedeute, daß wir im Laufe der »Kulturentwickelung« zunehmend »befähigt« werden, solche zeitlos gültigen »Normen« intellektuell zu erfassen und »anzuerkennen«, dann wäre damit lediglich konstatiert, daß diese angeblich empirisch-»psychologische« Betrachtung eben keine im Sinne der Abwesenheit von Wertungen »voraussetzungslose« empirische Analyse, sondern eine Beurteilung der »Kulturentwickelung« unter dem Gesichtspunkt eines bereits als geltend vorausgesetzten »Werts«: des Werts »richtiger« Erkenntnis, darstellt. Denn jenes angebliche »Gesetz« der »Entwickelung« würde dann nur da eben als vorhanden anerkannt, wo sich eine Veränderung in der Richtung auf die Anerkennung jener »Normen« hin bewegte113. Dieser Wert – an welchem der Sinn unseres gesamten wissenschaftlichen Erkennens verankert ist – versteht sich aber doch nicht etwa »empirisch« von selbst. Während, wenn wir z.B. den Zweck wissenschaftlicher Analyse der empirisch gegebenen Wirklichkeit als wertvoll – es sei aus welchen Motiven immer – anerkennen wollen, bei der wissenschaftlichen Arbeit selbst die »Normen« unseres Denkens sich ihre Beachtung (soweit sie uns bewußt bleiben und solange zugleich jener Zweck festgehalten wird) erzwingen, – ist der »Wert« jenes Zweckes selbst etwas aus der Wissenschaft als solcher ganz und gar nicht begründbares. Ihr Betrieb mag in den Dienst klinischer, technischer, ökonomischer, politischer oder anderer »praktischer« Interessen gestellt sein: dann setzt, für die Wertbeurteilung, ihr Wert denjenigen jener Interessen voraus, welchen sie dient, und dieser ist dann ein »a priori«. Gänzlich problematisch aber wird dann, rein empirisch betrachtet, der »Wert« der »reinen Wissenschaft«. Denn, empirisch-psychologisch betrachtet, ist der Wert der »um ihrer selbst willen« betriebenen Wissenschaft ja nicht nur praktisch, von gewissen religiösen Standpunkten und etwa demjenigen der »Staatsraison« aus, sondern auch prinzipiell unter Zugrundelegung radikaler Bejahung rein »vitalistischer« Werte oder umgekehrt radikaler Lebensverneinung tatsächlich bestritten worden, und ein logischer Widersinn liegt in dieser Bestreitung ganz und gar nicht oder nur dann, wenn etwa verkannt würde, daß damit eben lediglich andere Werte als dem Wert der wissenschaftlichen Wahrheit übergeordnet angesprochen werden. –

      Es würde nun zu weit führen, nach diesen umständlichen Darlegungen von »Selbstverständlichkeiten« hier auch noch zu erörtern, daß für andere Werte genau das gleiche gilt, wie für den Wert des СКАЧАТЬ