Название: Sammelband 6 Extra Western September 2018
Автор: Alfred Bekker
Издательство: Readbox publishing GmbH
Жанр: Вестерны
isbn: 9783745205664
isbn:
Wir hatten noch etwas kaltes Fleisch und verzehrten den Rest. Alle anderen Lebensmittel waren mittlerweile in der Nässe verdorben. Da es gleichzeitig auch warm war, schimmelte es beizeiten, und wir hatten es wegwerfen müssen.
Die Maultiere und das Pferd waren besser dran. Sie fanden Futter. Körnerfutter hatten wir schon längst nicht mehr. Sie mussten sich mit Gras begnügen, und das war genügend vorhanden.
Am nächsten Morgen war es deutlich kälter geworden. Wir waren zwar unterhalb der Baumgrenze, aber immer noch in ziemlicher Höhe. Und am Tag ließ der Regen ein wenig nach. Dann verwandelte er sich in Graupeln. Es wurde noch kälter. Der Wind drehte, kam jetzt aus Norden.
Wir konnten nicht mehr weiter talwärts ziehen, denn wir mussten einen Höhenrücken überwinden, der sich plötzlich vor uns aufbaute. Unsere Hoffnung, weiterhin bergab in wärmere Gegend zu gelangen, zerstob. Aber kaum waren wir über diesen Höhenrücken hinweg, ging es wieder bergab. Und nun schien sich Abes Vorstellung zu erfüllen, dass wir doch rasch und besser talwärts gelangten als auf dem alten Weg.
Es begann zu schneien. Aber das hielt nicht lange an, denn ein eisiger Wind trieb die Wolken mit dem Schnee davon. Danach regnete es wieder, wurde wärmer, und der Regen nahm zu.
Wir zogen immer noch talwärts. Manchmal mussten wir Steilwände umgehen, um einen günstigen Abstieg zu finden. Und dann hörten wir den Fluss. Es konnte nur der Yellowstone sein.
Aber wir sahen noch nichts davon. Und als wir ihn sahen, wurde uns klar, dass er für uns eine noch größere Barriere darstellte als das Wasser in jenem Tal, wo Weber und Joshua sicherlich noch immer warteten.
„Der Yellowstone!“, meinte Abe und sah mich fragend an.
Ich nickte. „Und er ist verdammt weit über die Ufer getreten. Das ganze Tal ist überschwemmt. Wir kommen nicht hinüber. Wir finden noch nicht einmal eine halbwegs ebene Lagerstelle.“
„Wir müssen hinüber“, meinte Abe entschlossen. „Verdammt, durch wie viele Flüsse sind wir schon hindurch. So reißend ist der doch gar nicht. Es müsste doch eine günstige Gelegenheit geben. Vielleicht weiter oben.“
„Er hat ziemlich viel Gefälle. Du sagst, er ist nicht reißend? Es würde uns abtreiben und mitreißen. Wir hätten gar keine Möglichkeit, auf die andere Seite zu gelangen.“
Dort, wo wir uns befanden, war das Gelände noch ziemlich steil. Es standen aber Tannen darauf; dicke, mächtige Stämme.
„Wir haben unsere Beile. Wenn wir ein paar von den Tannen umschlagen, können wir so etwas wie eine Brücke bauen“, schlug ich vor.
Abe war sofort einverstanden. Wir suchten uns also eine Stelle aus, wo wir der Meinung waren, dass die Wipfel der Tannen bis zur anderen Seite des Flusses reichen würden, wenn wir die Stämme umschlugen. Und dann begannen wir. Nach einer Stunde hatten wir zwei Stämme umgeschlagen. Während der eine aber etwas unglücklich drehte und schräg im Fluss lag, fiel der zweite genau im rechten Winkel zur Flussrichtung, und die Spitze landete auf dem anderen Ufer.
Wir feuerten uns durch begeisterte Rufe an und machten nur eine kurze Pause, bevor wir darangingen, die nächsten beiden Bäume zu fällen.
Nach einer Stunde knackten auch die und rauschten dann herunter. Das Wasser spritzte hoch auf, als sie mit ihren Ästen in den Fluss schlugen. Beide Bäume kamen gut, wie schon der zweite, quer zur Flussrichtung und bildeten jetzt schon eine Art Brücke. Aber zugleich stauten sie das Wasser an. Oberhalb der Bäume wurde der Fluss höher und drückte und drückte. Aber die Bäume hielten stand. Ein Teil der Äste wurden weggerissen. Mir war klar, dass die Äste das waren, was wir zumindest in der Mitte abschlagen mussten, um diesen Stau zu verhindern.
Ich sagte es Abe, aber er beschwor mich, es nicht zu tun, denn das Arbeiten auf dem glitschigen Stamm mitten im Fluss war mehr als lebensgefährlich.
Wir ließen es zunächst bleiben und schlugen noch zwei Bäume. Sie fielen direkt auf die anderen, und der Stau wurde noch intensiver.
„Mit den Tieren kommen wir nie hinüber! Nehmen wir doch das Notwendigste und lassen die Maultiere und das Pferd hier. Mein Gott, wenn wir das Gold haben, dann können wir doch ...“
„Das Gold alleine ist so schwer, dass wir daran schleppen wie die Ochsen. Aber das genügt nicht. Wir müssen Gewehr, Spaten und Beil mitnehmen und Proviant.“
„Was macht das denn, wenn wir ein paar Tage nichts essen“, erwiderte Abe. „Wir müssen weiter. Die Tiere können wir hierlassen. Die helfen sich selbst. Wir nehmen die Packen herunter, lassen sie frei.“
Ich zögerte erst, diesen Vorschlag anzunehmen, aber dann sagte ich mir, dass es wirklich die einzige Möglichkeit war, aus dieser Nässe, aus dem Dreck und all dem herauszukommen, in dem wir uns befanden. Denn die Baumstämme wurden so überspült, dass es unmöglich sein würde, die Maultiere und das Pferd auf die andere Seite zu bringen. Und so gab ich nach.
*
WIR BEGNÜGTEN UNS MIT dem Gold. Es war wirklich unheimlich schwer. Aber wir machten uns von den Riemen der Packlasten so etwas wie Rucksäcke, in die wir alles verstauen konnten. Und dann marschierte Abe zuerst. Ich wollte noch, dass wir uns gegenseitig mit einem Lasso verbanden, damit einer dem anderen helfen konnte, falls der abrutschte und ins Wasser stürzte. Aber Abe war dagegen.
Er marschierte auch als erster zur anderen Seite hin. Und er kam wirklich gut voran. Als er in der Mitte war, drehte er sich sogar noch um und winkte mir zu. Da sah ich sein Gesicht zum letzten mal in meinem Leben.
Das Wasser brauste über die Stämme wie an den Niagarafällen. Abe tastete sich Schritt für Schritt weiter und hielt sich an den Ästen fest. Ich, der ihm folgte, machte es ebenso. Er hatte alle Hände voll damit zu tun, nicht abzurutschen. Um meine Beine herum gurgelte und schäumte es, und die Stämme vibrierten. unter dem Druck und dem Anprall des Wassers.
Die vielen Zweige der Douglastannen stauten nicht nur das Wasser ab, sie fingen auch alles mögliche an mitgerissenem Strauchwerk und dergleichen auf, was der Fluss talwärts führte. Das blieb dann hängen und machte die Anstauung immer dichter. Gleichzeitig wuchs der Druck.
Plötzlich sah ich, wie einer der Stämme sich anhob, wie er hochkam, talwärts auf Abe zuschwenkte, und ich wollte noch schreien, wollte ihn warnen, aber mir blieben die Worte im Halse stecken.
Ich hatte Mühe, mich festzuklammern, denn unter mir geriet plötzlich alles in Bewegung. Mein rechter Fuß verlor den Halt, ich rutschte ab und sah gerade noch, wie der Baumstamm Abe gegen den Kopf fegte und Abe regelrecht von unserer Notbrücke herunterwischte, durch die Luft fegte, und wie Abe dann im gurgelnden, strudelnden Wasser verschwand.
Ich selbst blieb hängen, geriet plötzlich zwischen die Baumstämme, die mit einem Mal alle in Bewegung zu sein schienen, wurde untergetaucht, dann prallte mir etwas gegen die Schulter. Unter mir schnellte ein Baumstamm hoch und katapultierte mich regelrecht durch die Luft. Ich klatschte ins Wasser, wurde von der schweren Last, die ich auf dem Rücken trug, sofort in die Tiefe gezogen und dann streifte mir ein Ast mit benadelten Zweigen übers Gesicht.
Ich bekam keine Luft mehr, schluckte Wasser, hatte nur den einen Gedanken, wieder atmen zu können, nach oben zu gelangen und nicht ertrinken СКАЧАТЬ