Название: Einer der auszog, um reich zu werden
Автор: Kanghan YUAN
Издательство: Автор
Жанр: Изобразительное искусство, фотография
isbn: 9783939366041
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Sie spielt weiter auf ihrem Handy herum und sprudelt plötzlich eine chinesischen Weisheit heraus: »Was bedeutet es, wenn du nur ein kleines Vögelchen bist und jemand auf dich scheißt?« Ohne eine Antwort abzuwarten plappert sie weiter: »Merke, nicht jeder, der auf dich scheißt, ist dein Feind. Stell dir nur mal vor, du würdest gerade erfrieren und plötzlich kommt eine Kuh, die einen Fladen auf dich niedersausen lässt. So bleibst du immerhin warm. Aber was wäre, wenn stattdessen ein Adler vorbeifliegt, deinen fröhlichen Gesang hört und dich frisst?«
Aha, denke ich mir. Ich bin zwar kein Vogel, aber ich weiß immerhin, dass man besser den Kopf unten halten sollte.
Meine Frau ist wieder auf WeChat abgetaucht und weitere Neuigkeiten erreichen meine Ohren. »Ein Chinese muss durch unbedachte Nutzung seines Handys nun auf seine Villa verzichten, denn als er im Ausland unterwegs war, hatte sich sein Telefon automatisch mit dem Internet verbunden. Wieder zuhause erlebte der Arme sein blaues Wunder …« Hong wird hektisch und bekommt es mit der Angst zu tun, denn sie hat einen offenen Auslandszugang, um mit ihren Eltern chatten zu können. Augenblicklich lässt sie ihn sperren, nur für alle Fälle. Dank WeChat ist sie jetzt ein Stückchen klüger.
Ich bin gelassener und glaube, dass schon nichts passieren wird. »Nur weil sich ein Handy mit dem Internet verbindet, verliert man ja nicht gleich Haus und Hof. Was hatte das automatische Verbinden zur Folge?«, will ich von Hong wissen.
»Ganz einfach, die Gebühren für das Ausland sind in China extrem hoch, willkürlich und nicht kontrollierbar. Zudem ist das von der Regierung so gewollt, um Reisen und Geschäfte mit dem Ausland und den Geldabfluss ins Ausland zu limitieren.«
Abends suchen wir wieder eine der einheimischen Garküchen auf, denn hier bekommt man in kurzer Zeit ein günstiges Essen. Allerdings muss man ein bisschen aufpassen, da manche Händler nur das schnelle Geld machen wollen und sich nicht darum kümmern, ob die Lebensmittel frisch und sauber sind. Als Faustregel gilt: Dort, wo viele Touristen und Thailänder essen gehen, ist es gut. Wenn ein Restaurant zur Abendzeit immer noch leer ist, sollte man es meiden. Dieselbe Regel gilt für ganz Asien.
Hong plagt wieder der Husten, wir müssen morgen unbedingt neuen Hustensaft kaufen.
Nach einem reichhaltigen Frühstück mit Reissuppe und Fisch – ungewöhnlich, aber auch das kann ein leckeres Essen zu dieser Tageszeit sein – fahren wir ins Zentrum von Pattaya. Nachdem wir Hongs Medizin besorgt haben, schauen wir uns den Strand und den Hafen an, machen ein paar Fotos und ruhen uns dann in einem Restaurant am Hafen aus. Durch das Fenster kann ich auf den Strand sehen und entdecke ein paar chinesische Touristen, die in einer Reisegruppe unterwegs sind und eine Bootsfahrt unternehmen wollen.
»Jetzt möchte ich endlich mal die Gelegenheit nutzen, die Eigentumswohnung anzusehen, die ich vor vier Jahren gekauft habe. Ich hatte damals eine erste Anzahlung geleistet, aber der Bau hat offenbar noch nicht begonnen.«
»Sollen wir zuerst zum Grundstück oder erst zum Bauträger fahren?«, fragt Hong.
»Natürlich zuerst zum Grundstück, dann können wir den Bauunternehmer vielleicht mit ein paar Fakten konfrontieren, wenn er noch nichts geleistet hat«, entscheide ich.
»Es ist sehr verwunderlich, dass du eine Eigentumswohnung kaufst, ohne jemals vorher dort gewesen zu sein. Zudem kann es sein, dass du als Ausländer überhaupt nichts kaufen darfst«, wendet Hong ein.
»Ich will ja nicht dort wohnen, es ist eine reine Kapitalanlage mit guter Rendite. Sie wird über eine Servicefirma vermietet und mit der jährlichen Preissteigerung ergibt sich eine satte Rendite. Aber nur, wenn das Gebäude mit dem Schwimmbad auf dem Flachdach fertiggestellt wird. Zu deiner zweiten Frage: Nach dem Gesetz darf ein geringer Prozentsatz von Immobilien an Ausländern verkauft werden, ist also alles rechtmäßig.«
Nach ewig langer Suche finden wir dann das Grundstück, auf dem ein Gebäude stehen sollte, doch es liegt noch brach. Von Bauarbeiten keine Spur. Und was noch schlimmer ist: Auf dem Grundstück wohnen zahlreiche Menschen, die sich dort einfach wilde Behausungen gebaut haben. Kein Wunder, dass die noch nicht mit dem Bauen anfangen konnten. Wir gehen schnurstracks zum Bauträger, der uns den Schlamassel eingebrockt hat. Der Geschäftsführer ist ausgerechnet heute verreist. Wäre er auch verreist gewesen, wenn wir vorher einen Termin vereinbart hätten? Wir sind im Urlaub und haben Zeit, also vereinbaren wir bei seiner Sekretärin einen Termin. Gleichzeitig werden wir aber noch einen Rechtsanwalt einschalten, denn schließlich habe ich einen schriftlichen Vertrag geschlossen.
»Ich will diese Woche mein Geld zurück haben!«, poltere ich.
Aber Hong bremst mich: „Das ist bloß ein frommer Wunsch, das würde in Deutschland auch nicht so schnell funktionieren. Wenn das Grundstück brach liegt, hat der Bauträger keine Lizenz zum Bauen bekommen oder ist bereits pleite. Warum hast du nicht vorab einen Termin mit den Agenten oder dem Bauträger vereinbart? Als Investor hätten sie dich sogar vom Flughafen abgeholt. Wenn man im Ausland investiert hat und sich von einem Baufortschritt überzeugen will, fliegt man doch nicht einfach los, sondern macht vorher Termine oder klärt wenigstens, dass die entsprechenden Personen auch verfügbar sind.«
Zum Glück habe ich von den Chinesen gelernt, dass man sich beim Essen wunderbar entspannen kann. Also suchen wir uns in der Innenstadt ein Restaurant, genießen das leckere Thai-Essen und beobachten den Sonnenuntergang. Hong nutzt die Gelegenheit, um mir eine neue Lektion in Sachen Geschäftsessen mit Chinesen zu erteilen. Mit seinen Lieferanten essen zu gehen, ist ungemein wichtig – so viel weiß ich schon. Obwohl ich seit fünf Jahren in China privat und geschäftlich unterwegs bin, glaubt Hong, ich habe von den Chinesen noch nicht viel gelernt, da sie alle Geheimnisse für sich behalten, um dem Ausländer gegenüber im Geschäftsleben im Vorteil zu sein.
Recht hat sie, denn ich bewege mich nicht in der chinesischen Kultur, spreche meist nur Englisch und verhalte mich deutsch. Also bin ich Hong dankbar, dass sie mir elementare Grundsätze beibringen möchte, auch wenn ich einige schon kenne.
»Mitarbeiter scheuen sich normalerweise, direkt neben dem Chef zu sitzen. Aber zu weit weg zu sein, ist auch nicht so gut. Wer sich neben den Chef setzt, wird vielleicht für einen Schleimer gehalten, wer zu weit weg sitzt, könnte in den Augen des Vorgesetzten desinteressiert wirken. Oder der Chef könnte dann glauben, der Mitarbeiter könne ihn nicht leiden.«
»Dann wird ja jeder versuchen, irgendwo in mittlerer Entfernung zu sitzen.« Das Gerangel stelle ich mir gerade bildlich vor. »Irgendjemand muss aber den Schwarzen Peter ziehen.«
Hong nickt und erklärt weiter: »Auch bei der Bestellung im Restaurant können Neulinge in China Fehler machen. Außergewöhnliche Speisen erregen immer Aufmerksamkeit und das ist gar nicht gut. Chinesen neigen mehr zum Understatement.«
»Also bloß nicht auffallen?«, folgere ich.
»Genau! Und solltest du zufällig auf die Idee kommen, Affenhirn zu bestellen, könnte man dich als gewalttätig einstufen, denn um an das Gehirn zu gelangen, schlägt der Koch einem lebendigen Affen den Schädel ein.«
Meine Gesichtsmuskeln verziehen sich schmerzhaft und angeekelt. »Danke für den Tipp, aber Affenhirn werde ich wohl zu Lebzeiten nicht probieren.«
Beim chinesischen Geschäftsessen läuft es folgendermaßen: Jeder bestellt eine Speise, die dann auf ein großes drehendes Rondell in der Mitte des Tisches gestellt wird. Üblicherweise ordert der Gastgeber ein Gericht mehr, als Gäste am Tisch sitzen, denn niemand soll schließlich denken, der Chef sei ein Geizkragen.
»Und СКАЧАТЬ