Название: Erich Glaubmirnix - Kriminalfälle und Abenteuer heute und im Mittelalter
Автор: Gregor Kastner
Издательство: Автор
Жанр: Триллеры
isbn: 9783969405208
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„Wir haben auch etliche Personenbeschreibungen. Da können wir abgleichen und ergänzen. Danach gehen wir mal über den Bahnhof. Kann ja sein, dass sie sich dort schon wieder treffen.“
In dieser Schicht tat sich natürlich nichts mehr. Auch in den nächsten Schichten tat sich nichts. Die Tatverdächtigen wurden offiziell zur Fahndung ausgeschrieben. Selbst nach dem entwendeten Handy wurde über GPS gesucht. Es war leider ausgeschaltet.
Ein bitteres Ende
So vergingen anderthalb Wochen und ausgerechnet in der Schicht, in der unser Erich, heute mal mit Jutta, im Dienst war, kam ein Funkspruch von der Leitstelle: „Efeu 47-20 für die Efeu 47, kommen!“
Jutta war als erste am Funk und antwortete: „Efeu 47-20 hört.“
„Begeben Sie sich sofort zum Haltepunkt Werther. Dort wurde eine Person vom Güterzug 89426 erfasst und tödlich verletzt. Notarzt, Feuerwehr und Landespolizei sind verständigt. Die Strecke ist gesperrt.“
„Efeu 47-20 hat verstanden und sind in zwei Minuten unterwegs.“
„Eeeerich! Mach das Auto fertig, wir müssen sofort nach Werther. Dort wurde eine Person überfahren.“
Und innerhalb kürzester Zeit war der Streifenwagen mit den zwei Beamten im „Blaulichtmodus“ unterwegs. Am Haltepunkt Werther angekommen, sahen sie den Güterzug. Er hatte eine Länge von schätzungsweisen dreihundert Metern und der Zugschluss stand am Bahnsteigende. Also hieß es dreihundert Meter laufen. Unterwegs sahen sie, dass die Landespolizei auch eingetroffen war. Sie kamen mit dem Notarzt hinterher. Auf halber Strecke stand der Lokführer und wartete auf die herbeieilenden Beamten. Er sah bei ihrer Ankunft ziemlich gefasst aus und versuchte mit wenigen Worten das Erlebte zu erzählen.
„Da stand ein junges Mädchen mitten im Gleis. Sie hat die Arme breit gemacht und mir in die Augen geschaut. Da vorne unter der Lok …“ Der Lokführer konnte nicht weiter reden.
„Erich, es ist besser, wenn du die fotografische Dokumentation übernimmst. Mir ist heute nicht danach. Mir wird gerade übel.“
„Nun gib schon her. Du musst dich nicht rechtfertigen. Es gibt Tage, da geht es mir auch nicht anders.“
Wie soll man solch eine Situation für Außenstehende beschreiben? Es geht irgendwie nicht. Denn diese Arbeit ist für keine Einsatzkraft einfach. Auch für unsere zwei Beamten nicht. Da gibt es einen alten Spruch, der da lautet: Dort wo sich der Bürger umdreht und wegschaut, fängt die Arbeit der Polizeibeamten an. Dieser Spruch hatte auch heute seine Gültigkeit. Und in dem Moment, in dem man vor Ort ist, muss man seine Arbeit machen. Ob man will oder nicht. Da führt kein Weg dran vorbei.
Also, Erich schnappte sich den Fotoapparat und legte los. Er fotografierte alles, was für ihn wichtig war. Jutta notierte sich die Streckenkilometer und stellte fest, dass der Bremsweg zirka zweihundertfünfzig Meter lang war. Der Lokführer sagte dazu, dass der Zug bei dem Zusammenprall eine Geschwindigkeit von achtzig Kilometer pro Stunde drauf hatte. Die spätere Auslesung des Fahrtenschreibers bestätigte die Aussage. Bei der weiteren Absuche fand Jutta zwischen den Gleisen ein Portemonnaie mit Personalausweis. Sie hätte es beinahe übersehen. Sie schaute sich den Personalausweis an und zeigte ihn Erich und der wurde kreidebleich als er den Namen Kranhold, Julia las. Beide wussten sofort, um wen es sich handelt. Es war jene junge Frau, die von den acht Männern missbraucht wurde. Beide waren schockiert und Erich sagte zu sich: „Jetzt hat sie doch noch ihre Lok geküsst.“
Jutta, die das eigentlich nicht hören sollte und dennoch alles mitbekam, fragte: „Was faselst du da gerade?“
„Nichts! Ich fasele nichts! Ich sagte nur: Wir müssen unbedingt diese Kerle schnappen!“
Jutta nickte zustimmend und sagte: „Ja, das müssen wir.“
Nachdem die Arbeiten vor Ort beendet waren, fuhren sie zurück zur Dienststelle, um den Sachverhalt aufzuschreiben und zum Feierabend wollte Erich so schnell wie möglich nach Hause. Er wollte abschalten und das Erlebte beiseite drängen. Wenigstens für die Zeit, die er mit seiner Familie zusammen war. Als er zu Hause ankam, hatte Heidi schon Kaffee gekocht und den stellte sie unserem Erich hin und fragte: „Hast du die Zeitung schon gelesen? Ist ein interessanter Artikel drin. Den wirst du bestimmt lesen wollen.“
Der Ahnungslose nahm die Zeitung und blätterte darin rum.
Erich bezog die Thüringer Allgemeine und auf Seite 4 der Ausgabe vom 15. März 2019 stand der besagte Artikel. Er las die Überschrift: Schattenseiten der Kriminalitätsstatistik.
Gleich darunter stand geschrieben: Sexualdelikte und Raubtaten nehmen zu. Fast 1000 Messerangriffe im vergangenen Jahr.
Danach folgte die Kriminalitätsentwicklung in Thüringen von 2014 bis 2018. Also 2014 hatte man 142.060 erfasste Fälle und davon wurden 90.060 aufgeklärt und 2018 waren es schon 143.158 erfasste Fälle wovon 94.688 Fälle aufgeklärt wurden.
Darunter befanden sich zwei grafische Darstellungen. Die Erste beschäftigte sich mit der Gewaltkriminalität und wurde nach Deliktart aufgeschlüsselt.
Danach gab es 2018:
- 14 x Mord
- 29 x Totschlag, Tötung auf verlangen
- 718 x Raub, räuberische Erpressung
- 5 x Körperverletzung mit Todesfolge
- 230 x Vergewaltigung/sexuelle Nötigung
- 2 x erpresserischer Menschenraub
- 3502 x gefährliche Körperverletzung.
Die Zweite beschäftigte sich mit den Diebstählen und wurde ebenfalls nach Deliktart aufgeschlüsselt.
Danach gab es 2018:
- 2130 x Diebstahl in/aus Wohnungen
- 7407 x Ladendiebstahl
- 1462 x Diebstahl in/aus Wochenend- und Gartenhäusern
- 4231 x Fahrraddiebstahl
- 497 x Diebstahl von Mopeds und Krafträdern
- 3460 x Diebstahl an/aus Kraftfahrzeugen
- 665 x Diebstahl von Kraftwagen
- 17.971 x andere Diebstähle zusammengefasst
Das sind aber nur die bekannt gewordenen Fälle.
Quelle: Polizeiliche Kriminalstatistik des Thüringer Ministeriums für Inneres und Kommunales.
Der Thüringer Innenminister sagte dazu: „Thüringen ist ein sicheres Bundesland und 2018 noch sicherer geworden.“
Erich war nur noch wütend, zerknitterte die Zeitung und schmiss sie in die Ecke. Der Tag war für ihn gelaufen.
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