Название: New Hope City
Автор: Severin Beyer
Издательство: Автор
Жанр: Научная фантастика
isbn: 9783957771421
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Rivera lag nackt auf seinem Bett. Er starrte die Decke an. Aus dem Hintergrund hörte er den laustarken Protest des kanadischen Premierministers gegen die Annexion Kanadas durch die USA. Es war irgendeine Dokumentation auf History Facts – AllAlternativeChannel 5. Wenn dieser Junkie, den er sich eingefangen hatte, wenigstens die Lautstärke etwas drosseln würde … Er strich sich durch sein kurzes, schwarzes Haar und atmete mehrfach tief durch. Er atmete rein aus Gewohnheit, denn sein transhumaner Körper benötigte natürlich keinen Sauerstoff. Aber es wirkte entspannend, also tat er es trotzdem.
Eigentlich müsste er angewidert sein. Dennoch war er es nicht. Irgendwie ließen ihn die Ereignisse des gestrigen Abends erstaunlich kalt. Klar, er war mit einem Kerl in der Kiste gelandet, aber dieses sexuelle Experiment war letztendlich nichts weiter als eine neue Erfahrung gewesen, von der er noch nicht ganz wusste, wie er sie einordnen sollte. Das hatte ihn selbst etwas überrascht. Homophobe nahmen ihr Anliegen eindeutig zu wichtig.
Rational betrachtet war er, Rivera, ein Psychopath, darüber machte er sich keine Illusionen. Sein Gefühlsleben entsprach nicht dem des Durchschnitts. Er empfand nichts für seine Mitmenschen, genau genommen nahm er sie mehr als Dinge, denn als Lebewesen wahr. Die naheliegendste Erklärung für ihn war wohl die, dass er schon als Psychopath geboren worden war. Warum die Ärzte das damals trotz des amtlich vorgeschriebenen postnatalen Gehirnscanns nicht erkannt hatten, würde wohl für immer ein Rätsel bleiben. Vielleicht gab es tatsächlich keine neurologischen Ursachen, vielleicht hatte ihn irgendetwas so werden lassen. Irgendein furchtbares Erlebnis, an das er sich nicht mehr erinnerte. Dabei waren seine Eltern stets liebevoll zu ihm gewesen. Auch hatte er nie ein Trauma erlebt, zumindest keines, das seine jetzigen Neigungen rechtfertigen würde.
Warum auch immer er war, wie er war, er war ein begnadeter Serienkiller. Aber nicht irgendein gewöhnlicher Serienkiller, oh nein. Rivera verschränkte die Arme hinter seinem Kopf und grinste ein zufriedenes, selbstsicheres Haifischgrinsen. Im Gegensatz zum gemeinen Serienmörder, der ein spezielles Opferprofil bevorzugte, war Rivera geradezu universell: Für ihn war die gesamte Menschheit Beute. Selbst bei der Todesart ließ er sich nicht festlegen, das wäre eine absolut unnötige Einschränkung seiner Kreativität gewesen. So hatte er allen Spaß der Welt, während die Polizei unmöglich in der Lage war, seine einzelnen Morde miteinander in Beziehung zu setzen.
Wenn er so darüber nachdachte, dann war die Erklärung für seinen gestrigen Ausrutscher eigentlich recht einfach: Psychopathen liebten Macht. Er war ein Psychopath. Ergo liebte er Macht. Nach seiner Ohnmacht gegenüber diesem Kafkaliebhaber hatte er sich seine Macht zurückerobert, indem er ihn gefickt hatte. Dieser pseudopsychologische Ansatz überzeugte Rivera. Natürlich entsprach diese Denkweise einem überkommenen Männlichkeitsbild, wie er aus dem Sozialkundeunterricht wusste. Damals, als ihn sein Lehrer in der Schule über den Unterschied zwischen den Kategorien Gender und Sex aufgeklärt hatte. Rivera hatte das nie ernst genommen.
›Bin ich wirklich so einfach gestrickt?‹ Sein Grinsen wich einem nachdenklichen Blick. Er sah zu dem jungen Mann hinüber, der seinen nackten ausgemergelten Körper in eine Decke gehüllt hatte und auf dem Boden saß, von wo aus er den Wandbildschirm anstarrte.
›Vor allem, was mache jetzt mit ihm?‹ Rivera hatte nicht das Gefühl, dass ihn jetzt noch irgendetwas davon abhielt, diesen Typen zu killen. Da sein synthetischer Körper keine DNA-Spuren hinterließ und er die Kameras vor seiner Wohnung manipuliert hatte, würden wie immer keine Rückschlüsse auf ihn möglich sein. Doch sollte er ihn wirklich hier töten?
Einen Mord in einer auf ihn registrierten Wabe hatte Rivera noch nie begangen. Privates und Vergnügen hatte er bisher immer getrennt gehalten. Es gab also noch keinen Präzedenzfall, an dem er sich orientieren konnte. Er drehte sich zur Seite und ging die ganze Angelegenheit sachlich in Gedanken durch.
Die Sauerei könnte er auf die Küche oder das Bad beschränken, da wäre es einfach sauberzumachen. Der Abtransport der Leiche wäre da schon eher das Problem. Wenn er mit einem großen Sack auf dem Rücken durch New Hope laufen würde, wäre das wahrscheinlich ein wenig zu auffällig. In seiner Not müsste er den Junkie womöglich zerkleinern und ihn über mehrere Tage hinweg in der Stadt verteilen. Das Zerkleinern würde er wohl am besten in der Duschkabine erledigen, die Körperteile dann in Ökoplastik abpacken und vorerst im Tiefkühlfach seines Kühlschrankes lagern. Doch das Fach war kaum groß genug, um den gesamten Junkie aufzunehmen.
Rivera erhob sich, begab sich in die Küchenecke seiner Wohnwabe und öffnete seinen Kühlschrank. Er warf noch einmal einen Blick auf Rien. Nein, das Tiefkühlfach reichte definitiv nicht aus. Den Rest müsste er wohl im Kühlschrank lagern und schnellstmöglich paketweise entsorgen, wenn er verhindern wollte, in seiner Wohnung am Leichengestank zu ersticken. Wobei er die Geruchssensoren seines Körpers nach unten regulieren könnte, das Problem wäre nicht sein eigenes Befinden. Die Gefahr läge vielmehr in der Entdeckung durch die Nachbarn, denen der bestialische Gestank vermodernden Fleisches auffallen würde. Was für ein Stress! Warum musste das nur so kompliziert sein, dabei wollte er doch nur dieses bedeutungslose Mitglied der Gesellschaft loswerden, um den sich wirklich niemand scherte … Ach, hätte er es doch in dem Augenblick getan, in dem er ihm begegnet war, dann hätte er nun kein Entsorgungsproblem. Aber da Rien nun einmal hier war …
Forschend öffnete Rivera die Schublade mit dem Besteck. Die Messer durchtrennten problemlos Fleisch, kämen aber ganz sicher nicht durch die Knochen. Nun, die konnte er mit seinen modifizierten Händen durchbrechen. Recyclingsäcke? Hatte er zum Glück erst vor kurzem wieder vom städtischen Service Center geholt. Zielstrebig steuerte er auf sein Opfer zu.
» …wodurch Großbritannien auf den Stand einer amerikanischen Kolonie herabsank. Doch die Annexion sollte nicht von Dauer sein: Die Einführung des flächendeckenden Waffenrechts für alle führte zu heftigen Widerständen seitens der britischen Bevölkerung und löste eine Welle antiamerikanischer Proteste aus, die in mehreren Anschlägen gipfelten, die den britischen Unabhängigkeitskrieg auslösten …«
Rivera ignorierte die Dokumentation. Mit einem unbarmherzigen Griff packte er Rien an den Haaren und zerrte ihn ins Bad, wo er dessen Kopf an der Kante des Duschkabinenrandes zertrümmerte. Riens Körper erschlaffte schon beim zweiten Aufprall. Es war für Rivera ein leichtes, den Körper in die Kabine zu hieven. Ganz offensichtlich war der junge Mann nur kurz bewusstlos gewesen, denn als Rivera begann, ihn in Scheiben zu schneiden, versuchte er sich zu wehren. Mit einem Schlag brach er ihm den Unterkiefer, um das einsetzende Geschrei zu unterdrücken. Entsetzen starrte Rivera aus dem zermanschten Gesicht entgegen. Oh ja, das tat so gut. Belebender als jeder Orgasmus.
Gerade kugelte er Riens Arm aus, als ihn ein Klingeln an seiner Haustür aus seinen Tagträumen riss.
Sofort schaltete Rivera in seinem Kopf auf die Kamera, die über seiner Wabentüre angebracht war. Es war dieser Bulle, der ihn gestern verhört hatte. Mist, den konnte er nicht warten lassen. Gereizt blickte Rivera zu Rien, der immer noch seelenruhig und unversehrt auf den wandfüllenden Holobildschirm starrte.
»Versteck dich und bleib ruhig!«, schnauzte er ihn an »Lass ja das Licht aus, ich will nicht, dass man den Abzug hört!« fuhr er Rien an, als er ihn ins Bad zerrte und die Tür hinter ihm zuschlug. Der Polizist sollte ihn ganz sicher nicht mit der Person zusammen sehen, deren Teile entsetzte Passanten in den nächsten Wochen aus Recyclingeimern in ganz New Hope fischen würden.
Ein weiteres Klingeln trieb Rivera zur Eile an. Hastig versuchte er Ordnung in seine Wabe zu bringen, denn von der Tür aus war beinahe die gesamte in schlichtem Bauhausstil gehaltene Wohnung zu überblicken. Nichts sollte auf Rien hindeuten. Schnell warf er ihre vom Vorabend herumliegenden Klamotten unter das Bett, ehe er sich aus seinem Wandschrank eine schwarze Boxershorts und ein weißes T-Shirt angelte, die er beide sofort überzog. Es klingelte schon zum dritten Mal. Er hätte gerne im Spiegel überprüft, ob er genauso leger aussah, wie er sich das vorstellte, aber СКАЧАТЬ