Название: Altes Wissen - Neuer Tod
Автор: Petra Mehnert
Издательство: Автор
Жанр: Триллеры
isbn: 9783960147558
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„Guten Tag, Frau Bockmeyer? Und Herr Bockmeyer, nehme ich an?“, fragte Joska Kiss und streckte zuerst der attraktiven Frau die Hand entgegen. Ihr fester Händedruck bestätigte seinen ersten Eindruck - diese zierliche, aber sehr durchtrainierte Dame hatte eine ausdrucksstarke Persönlichkeit. Sie strahlte einerseits durch ihre aufrechte Haltung Selbstsicherheit aus, ihr Gruß fiel jedoch sehr leise, fast schüchtern aus - sie wirkte, als wäre sie jetzt schon auf der Hut. Joska war sehr gespannt, wie das Gespräch mit Bettina Bockmeyer verlaufen würde. Denn dass er die Frau übernahm, hatte er im ersten Moment schon entschieden. Sascha durfte gerne den dürren Jägersmann übernehmen, der einen laschen Händedruck hatte, aber nicht so nervös wie seine Frau wirkte.
„Ja, guten Tag. Ich bin Bettina Bockmeyer und das ist mein Mann Harald. Mein Sohn sagte uns, dass Sie uns sprechen wollen? Wenn es um die Vergiftung meiner Schwiegermutter geht, darüber wissen wir wirklich gar nichts!“, hob die gehetzt wirkende Frau an, doch Joska ging nicht darauf ein. Inzwischen war auch sein Kollege Clemens zu ihnen getreten und sie wurden einander vorgestellt.
„Frau Bockmeyer - wenn Sie mir bitte folgen würden? Herr Clemens kümmert sich um Ihren Mann.“
„Wir werden nicht zusammen vernommen?“, fragte Frau Bockmeyer fast schon panisch, hatte sich dann aber sofort wieder im Griff. Sie hatte selbst bemerkt, wie verdächtig das rübergekommen war und so fügte sie noch hinzu: „Alles klar, schon in Ordnung. Müssen Sie ja so machen, nehm ich an“.
„So ist es, gnädige Frau und nun kommen Sie bitte mit. Möchte jemand Kaffee oder sonst etwas?“, fragte Herr Kiss und orderte dann für alle Kaffee bei seiner Assistentin Lola.
„Nehmen Sie bitte Platz, Frau Bockmeyer. Ich werde das Gespräch aufzeichnen“, eröffnete Herr Kiss die Vernehmung und deutete auf einen Stuhl ihm gegenüber.
„Brauche ich einen Anwalt?“, fragte Bettina Bockmeyer, rügte sich im Stillen aber sofort für diese unbedachte Äußerung. Natürlich brauchte sie noch keinen Rechtsbeistand, sie war ja nur eine Zeugin und keine Verdächtige (noch nicht!). Das erklärte ihr dann auch der Kommissar und begann nach der üblichen Einführung und des Einschaltens des Aufnahmegerätes mit der Befragung:
„Ihre Frau Schwiegermutter ist im Laufe des Sonntags, achter März zweitausendzwanzig an einer Vergiftung gestorben. Man kann in einem solchen Falle nicht von einer genauen Tatzeit sprechen - wir wissen inzwischen zwar die Zusammensetzung des Giftcocktails - jedoch können wir keine exakte Zeit herleiten, wann Frau Edith Bockmeyer das Mittel zu sich genommen hat. Somit ist es etwas müßig, Sie zu fragen, wo Sie zur Tatzeit waren. Ich kann Sie also nur fragen, ob Sie etwas über gewisse Heilkräuter wissen, die man Ihrer Schwiegermutter in zu hoher Dosis verabreicht hat?“
„Woher wollen Sie denn wissen, ob sie sich das Zeug nicht selbst einverleibt hat?“, kam es trotzig zurück und wieder rief sich Bettina Bockmeyer zur Besonnenheit auf. Sie musste wirklich aufpassen, dass sie nicht doch zum Kreis der Verdächtigen befördert wurde.
„Das wissen wir natürlich nicht und genau das gilt es ja, herauszufinden. Sie waren es also nicht und wissen auch gar nichts darüber?“
„Ich war es nicht, das können Sie mir glauben!“, rief die Befragte und bekam wieder Oberwasser. „Ich hasse Heilkräuter und das ganze Drumherum geradezu! Als Ärztin sind mir diese Quacksalber zuwider und ich kenne mich mit diesen ganzen Mittelchen und Kräutern überhaupt nicht aus. Niemals hätte ich meiner Schwiegermutter so etwas verabreicht! Im Gegenteil! Wenn ich davon gewusst hätte, hätte ich natürlich versucht, es ihr auszureden!“
„Hätten Sie es denn überhaupt mitbekommen und falls ja, hätte Ihre Schwiegermutter auf Sie gehört? Wie war Ihr Verhältnis zueinander?“, wollte der Kommissar wissen und augenblicklich kam Bettinas Nervosität wieder zum Vorschein. Das hatte der gewiefte Polizist bestimmt bemerkt - sie musste wirklich vorsichtiger sein!
„Unser Verhältnis war weder gut noch schlecht. Wir wohnten zwar im selben Haus, aber gesehen haben wir uns nur manchmal kurz im Treppenhaus und an Weihnachten. In einem haben Sie natürlich recht: Ich hätte es nicht mitbekommen, wenn sie das Zeug genommen hätte, beziehungsweise, ich hätte vielleicht gemerkt, dass sie schneller als durch Alkohol üblich abgebaut hätte, wenn sie das Gift über einen längeren Zeitraum eingenommen hätte. Aber da ist mir nichts aufgefallen, also muss sie es eher in einem oder wenigstens in sehr kurzen Abständen kurz vor ihrem Tod getrunken haben. Ich gehe als Ärztin von Letzterem aus, denn wenn die ganzen Substanzen noch im Blut nachweisbar waren, muss sie sie auf einmal genommen haben. Oder wie sieht das die Gerichtsmedizin?“, fragte sie herausfordernd und wieder in ihrer alten Selbstsicherheit.
„Sie haben als Ärztin genau richtig kombiniert, Frau Bockmeyer. Auch die Rechtsmediziner gehen davon aus, dass der Giftcocktail auf einmal oder zumindest in sehr kurzen Abständen eingenommen wurde. Wenn Sie uns bei dieser Frage nicht helfen können ... nun gut ... wir sind ja erst am Beginn unserer Ermittlungen. Wir werden es schon noch herauskriegen - auch ohne Ihre Hilfe“, verkündete der Kommissar zuversichtlich, was die Ärztin wieder in Aufregung versetzte.
„Es ist doch nicht so, dass ich Ihnen bei der Aufklärung nicht helfen will, Herr Kiss!“, polterte sie los. „Ich kann Ihnen nicht behilflich sein, weil ich nichts weiß und auch nichts getan habe!“
„Das glaube ich Ihnen ja, zumindest so lange, bis wir nichts Genaueres herausgefunden haben. Themenwechsel: Erzählen Sie mir etwas über Linda Bockmeyer“, forderte Joska sein Gegenüber auf.
„Was gibt es über die schon zu sagen? Sie ist eine alte Jungfer, die sich aber liebevoll um ihren behinderten Stiefbruder kümmert. Sie ist Altenpflegerin und wohnt seit ihrer Adoption als Dreijährige auf dem Bockmeyer-Hof. Leider haben Harald und Linda kein gutes Verhältnis zueinander, aber warum das so ist, weiß ich nicht. Das war wohl schon immer so, aber da müssen Sie meinen Mann fragen.“
„Das werden wir tun, Frau Bockmeyer. Aber gesundheitlich ist bei Linda alles in Ordnung?“
„Warum fragen Sie das? Ich weiß zumindest nicht, dass sie irgendwelche Probleme hätte. Außer vielleicht Rückenschmerzen - aber wer hat die nicht und bei dem anstrengenden Beruf als Altenpflegerin ist das ja auch kein Wunder!“
„Reine Routine“, sagte Herr Kiss darauf nur, denn er würde ihre Beobachtung bezüglich des Zitterns nicht ansprechen, wenn es Bettina Bockmeyer bisher nicht aufgefallen war. Oder sie wollte es nur nicht erwähnen? Irgendwie kam er bei dieser Befragung nicht weiter und er wollte sie gerade beenden, als Frau Bockmeyer doch nochmal das Wort ergriff:
„Ich weiß zwar nicht, ob es etwas mit Ihrem Fall zu tun hat, aber mein Mann klagt in letzter Zeit ständig darüber, dass es fast all seinen Tieren so schlecht geht. Er kann es sich nicht erklären und seine Katze ist auch schon längere Zeit nicht mehr aufgetaucht.“
„Tja, keine Ahnung, ob es da einen Zusammenhang gibt. Aber gut, dass Sie es mir gesagt haben. Wir werden Augen und Ohren offen halten und das sollten Sie zuhause auch tun, falls Ihnen weiterhin etwas verdächtig vorkommt“, forderte der Kommissar die Ärztin auf und beendete damit die Befragung. Er begleitete die Frau nach draußen und bat sie, noch kurz zu warten. Er wolle kurz zu ihrem Mann und seinem Kollegen gehen.
„Wir sind doch eh getrennt gekommen und ich muss auch gleich wieder in die Klinik“, verkündete Frau Bockmeyer und rauschte davon. Kopfschüttelnd ging Joska zu Sascha ins nächste Vernehmungszimmer.
„ ... СКАЧАТЬ