Dør. Daniel Decker
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Название: Dør

Автор: Daniel Decker

Издательство: Автор

Жанр: Зарубежные детективы

Серия:

isbn: 9783947720378

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СКАЧАТЬ in den wenigen Fotos der Shows Gurdjieffs Movements erkennen. Und vielleicht war der fehlende Schlüssel zu den Bewegungen die Musik. Denn die Kompositionen von Dør hatten gänzlich nichts mit denen von Gurdjieff, die er mit der Hilfe des Pianisten Thomas de Hartmann erstellte, gemein. Fünf Alben spielten Dør ein, bevor sie bei einem tragischen Brand im Tonstudio umkamen. In dem norwegischen Fanzine »De Store Gamla« von 1967 ist das einzige Interview mit Andersen zu finden. Bereitwillig gibt er hier über vieles Auskunft, was sich auch in dieser kleinen Biografie nachlesen lässt, doch die Antwort auf die letzte Frage, was die fehlende vierzigste Bewegung ausmache und ob er sie fertigstellen werde, blieb lange Zeit rätselhaft:

      »Die letzte Bewegung ist ein Klang, geschaffen aus Körpern, so wie der Tanz aus Körpern geschaffen wurde. Und sie eröffnen eine neue Welt.«

      DER EINZIGE BESUCHER

      I

      Svendson hasste seinen Job. Die dreißig Kommunen des Polizeidistrikts Hordaland waren in eigene Distrikte aufgeteilt, und als Politibetjent des Nordhordland lensmannsdistrikt war er nur für kleinere Städte zuständig, von denen manche nicht einmal fünfzig Einwohner hatten. Da passierte nicht viel. Verkehrsdelikte, mal ein Diebstahl. In solchen Zeiten hasste Svendson die Langeweile. Nun aber stapfte er durch den Schnee, einige Kilometer landeinwärts des Langevatnet-Sees, und fror. Wortlos grüßte er den Kollegen, der den Ort sicherte. Als ob sich irgendwelche Schaulustigen hierhin verirren würden. Er schlug seinen Mantelkragen hoch. Der Hauch seines Atems zeichnete kurzlebige Wolken in die Luft, und beißender Brandgeruch stieg ihm in die Nase. Seine Augen begannen zu tränen und er hielt sich ein Taschentuch vor den Mund. Obwohl er niemals zuvor einen solch penetranten süßlich-verbrannten Geruch wahrgenommen hatte, wusste er dennoch gleich, was es war. Hier waren Menschen gestorben, Menschen verbrannt. Svendson hasste seinen Job.

      »Verkackte Hippies«, begrüßte Nordraak seinen Kollegen ohne wirklich aufzublicken.

      »Was ist passiert?«

      »Nur ein paar Irre, die mit bedröhnten Schädeln eingenickt sind, und dann haben ihre Patchouli-Stäbchen oder irgendeine runtergefallene Tüte den Rest erledigt. Darwin sei Dank.«

      Svendson versuchte den Zynismus seines Kollegen zu ignorieren und betrachtete das abgebrannte Haus. Nordraak irrte sich. Natürlich irrte er sich. Die Hütte war nahezu komplett niedergebrannt, und die Feuerwehr hatte die größten Teile des eingestürzten Daches bereits beiseite geräumt. Übrig blieben verkohlte Pfosten, die wie faulige schwarze Zähne eines Raubtieres auf der eingeschneiten Lichtung herausragten.

      Zwischen diesen Pfosten waren die verrußten Reste von Backsteinmauern zu sehen, zwischen denen die Toten inmitten ihrer verbrannten Habseligkeiten lagen. Mittig ragte nahezu unversehrt der gemauerte Kamin des Hauses hervor.

      Das Offensichtlichste war wohl, dass die Leichen weder in Betten noch auf Matratzen lagen, auch sah er an den Positionen der Körper, dass sie nicht im Schlaf verbrannt sein konnten. Einige streckten die Arme aus, andere wenige schienen wie meditierend im Schneidersitz zu sitzen. Svendson wusste, dass durch Hitzestarre diejenige Gliedmaßenstellung fixiert werden konnte, welche unmittelbar vor dem Tode vorgelegen hatte. Eine Statue für die Ewigkeit des letzten Moments ihres schmerzhaften Seins. Der Anblick war bizarr, die Hitze trieb manchen der Leichen die Zungen aus den Mündern. Ruß an den Augen malten Krähenfüße, so dass Svendson oft in groteske Grimassen blickte. Verkohlt-verbrannte Instrumente lagen umher, und einige schienen sie sogar noch in ihren verkeilten Händen zu halten. Noch bizarrer war allerdings, dass in der Mitte des Raumes eine kreisrunde Fläche vom Feuer unversehrt schien. Übertroffen wurde dieses Bild nur dadurch, dass ein verbrannter halber Torso am Rand dieser Fläche lag, so als hätte eine Guillotine den Körper in der Mitte zertrennt. Nur, dass die andere Hälfte fehlte. Was für ein Irrsinn. Und die Brandentwicklung? Das kam Svendson bekannt vor. Damals bei dem Versicherungsbetrugsfall - einer, der aus der sonstigen Langeweile gerade so herausstach. Selbst eine Holzhütte hätte kein so verheerendes Feuer nähren können. Er zählte die Toten und kam auf zwölf Personen.

      »Wie viele lebten hier?«, fragte Svendson Nordraak.

      »Das war so ´ne Kommune von Satansanbetern oder so. So genau lässt sich das nicht sagen. Mal fünfzehn, mal zwanzig. Je nachdem wie viele gerade zum Rammeln da waren.«

      Svendson dämmerte nun, dass es sich um die Dørianer handeln musste. Eine Gruppe von Leuten, die rund um Bergen für ein wenig Aufsehen sorgte. Meist traten sie in orgiastisch okkult anmutenden Shows auf. Nachdem niemand mehr Konzerte mit ihnen veranstalten wollte, tingelten sie in einem umgebauten LKW mit eigener Bühne durch die Gegend. Satanisten waren das nicht. So viel war sicher. Was sie waren oder woran sie glaubten wusste Svendson aber auch nicht. Er sah sich suchend nach dem Einsatzleiter der Feuerwehr um.

      »Brandbeschleuniger?«, fragte Svendson ihn.

      »Korrekt, die armen Teufel wurden mit Benzin übergossen. Welcher Irre tut sowas? Wehrlose Menschen mit Benzin übergießen …«

      »Mhm, für mich sieht das nicht so aus als ob sie sich nicht hätten wehren können … eher als hätten sie sich nicht wehren wollen.«

      Der Feuerwehrmann hob die Augenbrauen, sah sich den Tatort an und wusste nicht wie er hätte widersprechen können, auch wenn ihm diese Möglichkeit zuerst gänzlich absurd vorkam. Kollektiver Selbstmord? Wer würde sowas tun? Und warum? Wem würde sowas nützen? Plötzlich rief Nordraak nach Svendson. Als er sich zu ihm umdrehte, sah er, wie Nordraak eine halbnackte Person festhielt, die kichernd und bibbernd von einem Fuß auf den anderen trat.

      »Wer ist das?«

      »Ich glaube, das ist einer von denen, er versuchte sich hier im Wald zu verstecken.« Unsanft riss Nordraak ihn rum und zischte ihn an, »Hej, Dein Name Freundchen!«

      »I-I-Ich hab’s in Sicherheit gebracht. Er w-w-wird stolz auf mich sein«, brabbelte der Halbnackte vor sich hin, und es war unklar ob er auf die Aufforderung Nordraaks reagierte, oder ob er einfach nur für sich oder irgendwen anders vor sich hin stammelte.

      »Nach Deinem Namen hab ich Dich gefragt, Arschloch«, schrie Nordraak ihn an und zerrte fester an ihm. Der Namenlose zuckte kurz und drehte seinen Kopf angewidert zur Seite. Nordraak verdrehte ihm die Arme, zwang ihn auf die Knie und legte ihm Handschellen an.

      »Lass gut sein. Ich mach’ das, pack ihn in den Wagen. Ich nehm’ ihn mit auf die Wache«, versuchte Svendson das Schauspiel zu beenden.

      Um den gefesselten Halbnackten in den Wagen zu zwingen wandte Nordraak mehr Gewalt an als nötig. Wenigstens eine wollte er ihm noch mitgeben. Er schlug die Tür zu und spuckte in den Schnee, als hätte ihn das ganze Überwindung gekostet. Svendson sagte dazu nichts und dachte sich seinen Teil. Er kannte diese Männer im Polizeidienst, die ihre Rolle dazu ausnutzen, um sich einmal im Leben mächtig zu fühlen. Svendson hasste seinen Job.

      Schweigend fuhren die beiden zur Wache. Immer wieder sah er in den Rückspiegel. Der Namenlose schien ihm erleichtert, fast schon froh. Vielleicht weil er ihm seinen gewaltgeilen Kollegen entriss? Mit funkelnden Augen blickte er durch die Wagenfenster in die Dunkelheit der Nacht. Hätte Svendson es nicht besser gewusst, hätte er schwören können, dass der Namenlose auf irgendwas reagierte. Ab und an drehte er seinen Kopf in die eine oder andere Richtung, wie es Menschen in Gesprächen mit mehreren Personen tun. Nur auf ihn reagierte er nicht.

      Auf der Wache brachte Svendson ihn in sein Büro. In einem Spind hatte er noch Zivilkleidung, sie war dem Namenlosen zu groß, aber in dieser kalten Jahreszeit besser als nichts. Er gab dem Halbnackten die Kleidung, die er sich ohne Worte überzog. Der stand nun vor und zurück schaukelnd in viel zu großer СКАЧАТЬ