Baltrumer Bitter. Ulrike Barow
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Название: Baltrumer Bitter

Автор: Ulrike Barow

Издательство: Автор

Жанр: Триллеры

Серия:

isbn: 9783839264980

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СКАЧАТЬ erkennen müssen, dass das einzige Interesse dieses Mannes seiner eigenen Person galt. Allerdings schlug sich diese Einstellung in keiner Weise in seiner äußeren Erscheinung nieder. Lohmanns ehemals blondes, gepflegtes Haar war einem schütteren fettig-grauen Halbkranz gewichen. Er hatte so viele Kilo zugenommen, dass er sich wie eine wandelnde Tonne ausnahm.

      »Sag mal, ich habe gehört, ihr habt euch neulich getroffen und wollt eine eigene Partei gründen?«

      Das konnte nicht wahr sein! Wer hatte das schon wieder rumgetratscht? Sie hatten beschlossen, nichts davon an die Öffentlichkeit dringen zu lassen, bis die Sache in trockenen Tüchern war. Das fing ja gut an. Er hätte seinen Vorgesetzten jetzt darauf hinweisen können, dass eine Wählergemeinschaft rechtlich gesehen keine Partei war, aber das hätte der sowieso nicht kapiert.

      »Woher hast du diese Information?«, fragte er ruhig.

      »Stimmt’s oder stimmt’s nicht?«, blaffte der Bürgermeister.

      »Entschuldige bitte, aber ich glaube, dass ich darüber jetzt nicht reden möchte. Falls sich etwas tut in der Hinsicht, werden wir natürlich rechtzeitig vor den Wahlen damit an die Öffentlichkeit gehen. Ich sage: falls!«

      Enno Lohmann war aufgestanden und stützte sich schwer atmend auf seinem Schreibtisch ab. »Ich will dir mal was sagen: Überleg dir gut, ob es klug ist, den etablierten Parteien mit deiner Wünschelrutentruppe – du weißt, was ich meine: Such ich hier mal was zu meckern, such ich da mal was zu meckern – die Wähler wegzunehmen. Denn genau diese Parteien haben jahrelang dafür gesorgt, dass dein Arbeitsplatz erhalten bleibt, vergiss das nicht.«

      Arnold schnappte nach Luft. Was hatten die Parteien mit seinem Arbeitsplatz zu tun? Solch einen Blödsinn hatte er noch nie gehört. Außerdem: Nach fünfundzwanzigjähriger Betriebszugehörigkeit stand ein Rauswurf überhaupt nicht zur Debatte, zumal er Mitglied des Betriebsrates war. »Also ehrlich, Enno. So geht das nicht. Du willst mir doch nicht drohen, oder? Glaubst du wahrhaftig, ich würde mich davon beeindrucken lassen?« Arnolds Stimme hatte sich gehoben. Jetzt lief ihm der Schweiß in kleinen Rinnsalen in den Kragen seines Oberhemdes. Musste er sich das bieten lassen? Was bildete sich dieser Heini ein?

      »›Drohen‹ ist nicht das richtige Wort. Ich möchte dich als guter Arbeitgeber nur vor den Folgen unüberlegter Handlungen schützen. Drohen, nein das will ich nicht. Sollte ich je in der Öffentlichkeit hören, dass du das erzählt hast, werde ich nicht sehr erfreut reagieren, das glaube mir. Da wird dann Aussage gegen Aussage stehen.« Der Bürgermeister öffnete ein Fenster mit der Folge, dass weitere heiße Luft das Büro überflutete. Arnold Steenken betete lautlos darum, dass der Mann die Vorhänge zuziehen möge.

      Aber so selten, wie der sein Büro nutzte, war es dem vermutlich völlig egal. Wenn man Lohmann suchte, fand man ihn meistens mit seinen Anglerfreunden auf der Buhne. Und wenn er mal an seinem Arbeitsplatz im Rathaus war, verzapfte er nur Blödsinn. Von Verwaltung hatte der Bürgermeister ohnehin keine Ahnung. Und die Fehler mussten dann die Mitarbeiter ausbaden. Leider hatte bis jetzt noch keiner den Vorstoß unternommen, ihn in den Ruhestand zu verabschieden. Dazu fehlte einfach der Nachweis einschneidender Verfehlungen. Und von selber würde der nie im Leben gehen. Dazu genoss er das schöne Leben viel zu sehr.

      Arnold wollte nur noch nach Hause. Er konnte keinen Moment länger die Gesellschaft seines Chefs ertragen. »Ich bin nicht nur Gemeindemitarbeiter, sondern auch Privatmann. Und in diesem Land herrscht Demokratie. Nur zur Erinnerung.«

      Ein zynisches Lachen folgte ihm, als er die Tür zum Vorzimmer öffnete.

      Thea Holle war bereits gegangen. Er schaute kurz in sein Büro, steckte seinen nassen Rucksack und den dazugehörigen Inhalt in eine Plastiktüte und verließ seinen Arbeitsplatz. Morgen würde er wieder da sitzen. Und übermorgen und all die nächsten Tage bis zur Rente. Bis dahin blieben noch einige Jahre.

      Er nahm sein Fahrrad aus dem Ständer unterhalb der gläsernen Eingangstür und fuhr die paar Meter Richtung MittendrinFisch. Dort stand ein Briefkasten. Nicht, dass er die Briefe wieder mit nach Hause brachte … Es wäre nicht das erste Mal gewesen.

      Woher hatte dieser Kerl nur von der neuen Gruppierung erfahren? Steenken konnte sich nicht vorstellen, dass Anne Vry, Dietrich Schüttenberg oder die anderen, die sich in der letzten Woche bei ihm getroffen hatten, ein Wort davon an die Öffentlichkeit hatten dringen lassen. Aber vielleicht hatten sie zu Hause etwas erzählt – was eigentlich ganz normal war – und so war die Geschichte weitergetragen worden. Natürlich waren sie kein konspirativer Haufen, der etwas zu verbergen hatte. Dann hätten sie sich nicht Wählergemeinschaft Uns Baltrum nennen dürfen. Sie wollten ja die Insulaner von ihren Meinungen überzeugen. In absehbarer Zeit standen die Wahlen für den Gemeinderat an. Dort würden sie sich einbringen.

      Am Donnerstag, so hatten sie ausgemacht, wollten sie sich wieder treffen. Diesmal bei Hermanda. Nägel mit Köpfen machen. Und vielleicht eine neue kompetente Person finden, die sich für das Bürgermeisteramt auf der Insel bewarb. Arnold rechnete sich gute Chancen aus, Lohmann ein für alle Mal loszuwerden. Acht Jahre Amtszeit waren mehr als genug. Dieser Mann war eine echte Plage. Obwohl er zugeben musste, dass Lohmann ihn zumindest bei allem, was Arnolds Arbeit anbelangte, normalerweise weitgehend in Ruhe ließ.

      Nun war Lohmann durch die Gerüchte, die über die Insel kreisten, offensichtlich nervös geworden. Bis jetzt hatte der Mann sich auf seinem Posten absolut sicher gefühlt, nicht zuletzt durch die Leute, mit denen er sich gerne umgab. Speichellecker, die ihn ständig wie Majestix, den alten Gallier, auf dem Schild ihrer zweifelhaften Werte vor sich hertrugen.

      Als Arnold die Gartenpforte zu seinem Grundstück öffnete, stieß er beinahe mit einer jungen Frau zusammen. »Oh, Entschuldigung. Ich hätte Sie fast übersehen. Das fehlte noch, dass ich gedankenlos unsere Gäste über den Haufen fahre. Sie sind doch unser neuer Gast, oder? Ich bin Arnold Steenken.«

      Die Frau lachte. »Klara Ufken. Und nein, ich stehe hier nicht, um Ihnen einen Teppich zu verkaufen. Ja, ich bin Ihr neuer Gast. Auf dem Weg zum Strand.«

      Er sah in ein fröhliches Gesicht, das von beeindruckend grünen Augen dominiert wurde. Sie schlängelte sich an ihm vorbei auf die Straße und ließ einen Hauch Parfüm zurück, der ihn an die toskanischen Lavendelfelder erinnerte, die Margot und ihn vor Jahren mit ihrem Duft und dem bis ans Firmament reichenden Lila so beeindruckt hatten.

      Arnold stellte sein Fahrrad hinter dem Haus ab und ging in den Garten. Kein Mensch war zu sehen. Selbst Hilda, der es eigentlich nie zu heiß sein konnte, hatte offensichtlich kapituliert. Nur die Meerschweinchen standen unter dem Sonnenschirm, waren aber zu träge, um sich zu bewegen.

      Er würde duschen und in der erträglichen Kühle seines Kellerraumes verschwinden. Dort wartete seine neueste Kreation auf die Weiterverarbeitung. Im Flur fiel er beinahe über einen Karton, der vor der Garderobe stand. Perfekt. Die neuen Flaschen waren angekommen. Jetzt konnte es losgehen.

      Aus der Küche hörte er leises, melodisches Summen. »Hallo, Hilda«, begrüßte er seine Tochter lächelnd. »Na, wie geht es dir? Hast du einen schönen Tag gehabt?«

      Hilda nickte kaum merklich. Wenn er nicht so viel Erfahrung mit den Reaktionen seiner Tochter gehabt hätte, wäre es ihm vermutlich gar nicht aufgefallen. Sie hatte ein Spültuch in der Hand und wischte damit über den großen eichenen Küchentisch. Immer und immer wieder.

      »Falls du mich suchst: Ich bin im Keller«, sagte er im Hinausgehen. Manchmal machte es ihm nichts aus, an anderen Tagen konnte er es kaum ertragen, sie so zu sehen.

      *

      Klara Ufken hatte ihr Kostüm gegen eine kurze Hose und ein Top getauscht und war auf dem СКАЧАТЬ