Hundsvieh. Daniel Badraun
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Hundsvieh - Daniel Badraun страница 4

Название: Hundsvieh

Автор: Daniel Badraun

Издательство: Автор

Жанр: Триллеры

Серия:

isbn: 9783839241363

isbn:

СКАЧАТЬ gleich viel besser. Der Mann von heute Mittag kommt mir in den Sinn, der Mann, der einen Auftrag für einen Hundefreund hat. Ein Auftrag bedeutet Geld, bedeutet Essen, bedeutet eine schnelle Rückkehr nach St. Moritz. Da ich nichts anderes zu tun habe, beschließe ich, ihn zu treffen. Ich schlendere durch die Altstadt, vorbei an der reformierten Martinskirche, die eingeklemmt zwischen den Häusern unterhalb des Hofes steht. Hier die stolze, reformierte Pfarrkirche, oben die pompöse Kathedrale, Sitz des Bischofs von Chur, abgehobener und reichlich konservativer Herrscher über weit verstreute und doch widerspenstige Gläubige. Gleich hinter dem Martinsplatz führt ein schmaler Durchgang hinaus auf den Arcas. Lange konnten die Churer wenig mit diesem Platz anfangen, er war zu groß, zu leer, lag nicht im Zentrum, hatte keine Tradition. Da die Verkehrsplaner nun einmal die Fläche zwischen den Häusern von den Autos befreit hatten, begann eine zögerliche Inbesitznahme des Arcas. Markttreiben an Samstagen, im Sommer eine Freilichtbühne, spielende Kinder und kaffeetrinkende Mütter sowie in die Sonne blinzelnde Müßiggänger.

      Die Tische vor den Restaurants sind auch heute gut besetzt, ich brauche eine Weile, bis ich den Italiener hinter einer Zeitung entdecke.

      »Fame? Haben Sie Hunger? Ich würde Sie gerne einladen.« Er schaut sich die Speisekarte an und bestellt uns Wein und etwas zu essen.

      »Salute, zum Wohl. Io sono Marco Morandi.« Er hebt sein Glas.

      »Ich bin Claudio Mettler, freut mich. Um was geht es bei dieser Arbeit?«

      »Ma no, Signore Mettler, erst das Essen, dann il lavoro.«

      Wir schauen auf den Platz hinaus, Kinder spielen am Brunnen, junge Leute mit Schultaschen gehen vorbei, Frauen bummeln schwatzend über das Pflaster.

      Es wird aufgetragen, mir wird bewusst, dass ich heute noch nichts Ordentliches im Magen hatte, wir essen, prosten uns zu, unterhalten uns über Hunde, dann über Kunst.

      »Kennen Sie Giacometti?«

      »Alberto Giacometti? Ich bin sozusagen Experte für Moderne Kunst, ich arbeite hier im Kunsthaus.« Eine meiner Schwächen – und da gibt es laut Mona einige – ist die der Übertreibung. Aber den Bergeller Künstler, der in Paris zu Weltruhm kam, kennt wirklich fast jedes Kind, er ist auf der Hunderternote abgebildet, seine dünnen Skulpturen stehen in vielen bedeutenden Sammlungen und werden bei Auktionen zu Rekordpreisen gehandelt.

      »Che fortuna! Was für ein Glück für mich, sehen Sie, ich habe einen Freund, dieser Freund liebt Hunde, und er liebt Giacometti und …« Morandi erstarrt mitten im Satz, springt dann eine Entschuldigung murmelnd auf und hastet hinüber zu einem Japaner, der am Rand des Platzes steht, dem Italiener zuwinkt und Häuser fotografiert.

      Gemächlich leere ich meinen Teller und sehe, wie Morandi mit dem Japaner intensiv diskutiert, denn Morandi gestikuliert wild mit den Händen, er zeigt auch immer wieder zu mir herüber. Ein Radfahrer quert den Arcas, er weicht einem hinkenden Rentner aus und verschwindet am unteren Ende des Platzes. Dann schaue ich zwei Kindern zu, die sich am Brunnen nass spritzen, eine Mutter schimpft, und als ich mich wieder umdrehe, sind Morandi und der Japaner verschwunden.

      »Kann ich abräumen? Oder kommt der Herr noch?« Die freundliche Bedienung deutet auf Morandis halb vollen Teller, ich schüttle den Kopf, sie stellt die Teller zusammen.

      »Darf ich Ihnen noch etwas bringen?«

      Wieder schüttle ich den Kopf. Da habe ich mich ganz schön reinlegen lassen. Von wegen Einladung. Nun sitze ich da und muss wohl die ganze Rechnung begleichen, dabei habe ich selbst nur noch knapp neunzig Franken in der Tasche.

      Gleich kommt der peinliche Moment, gleich wird man mir mit einem professionellen Lächeln und in Erwartung eines ordentlichen Trinkgeldes die Rechnung präsentieren. Schnell habe ich unsere Ausgaben zusammengerechnet, meine neunzig Franken würden knapp ausreichen, hätte Morandi nur einen billigeren Wein gewählt. Nebst den Schulden hat mir Morandi nichts anderes zurückgelassen außer einer Streichholzschachtel, die ich einstecke.

      Die Schatten wandern über die Fassaden, ich trinke langsam den teuren Wein und sehe zu, wie der Platz sich allmählich leert. Aus den Augenwinkeln bemerke ich, wie die Serviertochter rundherum einkassiert.

      »Bringen Sie mir bitte einen Espresso und die Rechnung, ich muss noch schnell …«

      »Aber …«

      Ohne ihre Antwort abzuwarten, gehe ich zum Haus hinüber, die Jacke lasse ich hängen, das macht einen besseren Eindruck, wirkt weniger verdächtig. Ein Zechpreller lässt seine Jacke nicht hängen, er rennt einfach so davon.

      Die Klos sind im Untergeschoss, ein mittelalterlich anmutendes Treppenhaus führt mich hinunter in die Tiefen Churs. Dunkle Holztüren, Schieferplatten, moderne Sanitärinstallationen. Die Fenster hier unten sind klein, nur ein enger Lichtschacht führt nach oben. Da komme ich unmöglich raus. Verzweifelt betrete ich eine der Kabinen, reiße so viel Papier wie möglich von der Rolle und mache einen kleinen Haufen am Boden. Dann ziehe ich Morandis Streichholzschachtel aus der Tasche und zünde den Haufen an. Im allgemeinen Durcheinander eines Feuers würde ich verschwinden können.

      Draußen geht die Wasserspülung, ein Handy spielt die Elise von Beethoven.

      »Ja? … Nein, Mama, nicht jetzt …. Aber Mama, ich bin in einer wichtigen Besprechung! … Sicher, Mama, ich rufe zurück, kein Problem Mama, ich vergesse es nicht.«

      Mein Feuer qualmt immer mehr, der Kerl da draußen soll mit seiner Mutter endlich verschwinden, damit ich »Feuer, Feuer!« schreien und abhauen kann. Beißender Rauch breitet sich aus, ich beginne zu husten.

      »He, was machst du da drin, bist du verrückt geworden!« Der Mann mit dem Beethoven-Handy hämmert gegen meine Klotüre. »Lebst du noch?«

      Ich sehe kaum noch etwas, meine Augen tränen, atmen kann ich auch nicht mehr, so gebe ich auf, entriegle die Türe und beginne, das Feuer auszutreten. Der Mann hilft mir, reißt dann alle Fenster auf, damit der Rauch abziehen kann, bevor die Brandmelder Alarm auslösen. Nach wenigen Minuten ist meine kümmerliche Brandstiftung Geschichte, eine lahme Erinnerung. Ich stehe da und starre verlegen auf meine Schuhe.

      »Wolltest du dich mit WC-Papier verbrennen?« Er lacht, während ich mir kaltes Wasser über das Gesicht laufen lasse. »Mettler, Mettler, etwas mehr Stil hätte ich dir schon zugetraut.«

      Langsam trockne ich mir das Gesicht ab. Vor mir steht in voller Körperfülle inklusive Lederweste und Dreitagebart … Reto Müller.

      »Hör auf zu lachen, Reto, ich stecke in der Klemme, oben wartet das Personal mit einer astronomischen Rechnung auf mich, und ich habe kein Geld.«

      »Das ist doch kein Grund, die ganze Churer Altstadt einzuäschern, oder?« Müller zieht eine fette Brieftasche hervor und gibt mir zwei Hunderter. »Reicht das? Oder brauchst du meine Hilfe sonst noch?«

      »Vor deiner Wohnung steht meine Reisetasche, wenn es geht, würde ich gerne ein paar Nächte bei dir schlafen.«

      »Mettler, du bist doch mein Freund, und du weißt, dass ich dir keinen Wunsch abschlagen kann.« Müller streicht sich über seine eingeölten Haare und prüft nach, ob sein Schwänzchen richtig sitzt.

      »Ich weiß nicht, wie ich dir danken soll.« Langsam steigen wir die Treppe hinauf.

      »Das, mein Freund, werde ich dir heute Abend genau erklären!« Müller klopft mir auf die Schulter. »Um sieben bei mir in der Wohnung. Pünktlich!«

      Drüben СКАЧАТЬ