Название: Küstengold
Автор: Kurt Geisler
Издательство: Автор
Жанр: Триллеры
isbn: 9783839239384
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Sein verdutzter Chef musste verschiedene spontane Zurufe von den Pressevertretern zur Kenntnis nehmen.
»Neumünster.« – »Ja klar, Neumünster!«
Polizeidirektor Magnussen fragte irritiert nach. »Wie kommen Sie denn ausgerechnet auf Neumünster?«
Der Vertreter des Rendsburger Tagesspiegels antwortete als Erster: »Das ist das N der ehemaligen KERN-Region. Sie wissen, Kiel, Eckernförde, Rendsburg und Neumünster hatten diesen Verbund gebildet, um sich besser bei Investoren zu verkaufen. Neumünster wird der nächste Tatort sein. Garantiert. Hundert zu eins.«
Hansen fluchte innerlich. N war sicherlich Neumünster. Wieso war er nicht selber darauf gekommen?
Die Konferenz geriet zum Tumult. Die Pressevertreter warfen dem Polizeichef Unfähigkeit vor, auch nur allerkleinste Zusammenhänge zu erkennen. Der brach undiplomatisch die Konferenz ab und eilte zornig zum Ausgang.
Hansen hatte Mühe, seine Schadenfreude zu unterdrücken, als sich Magnussen näherte. Beim Vorbeigehen zischte er unfreundlich: »Kommen Sie gleich in mein Büro. Unverzüglich!« Dann war sein Chef im Treppenhaus entschwunden.
Das Handy des Kommissars vibrierte. Er flüchtete in die Herrentoilette und nahm das Gespräch an. Es war Stuhr, der sich nach dem Stand der Dinge erkundigte.
Hansen versicherte ihm, dass der gesamte Polizeiapparat mit Hochdruck dabei war, den Aufenthaltsort der jungen Rumänin zu ermitteln. Dann berichtete er Stuhr von den Vermutungen auf der Pressekonferenz über den nächsten Tatort Neumünster.
Der Kommissar nahm das Gerät vom Ohr, weil Stuhr aus Verärgerung fluchte.
»So ein Mist. Warum bin ich nicht darauf gekommen? Man hätte die Anfangsbuchstaben der drei Städte nur einmal in der Reihenfolge der Taten nebeneinander schreiben müssen, dann hätte jedes Kind blind den vierten Buchstaben dahinter geschrieben. Zudem war der vierte Buchstabe auf dem Ortsschild am letzten Tatort eingekreist.«
Hansen musste zustimmen. »Genauso ist es. Was meinst du, wie mein Chef mich nachher falten wird?«
Das Brummen von Stuhr deutete Hansen als Mitleidsbezeugung. Dann erfolgte die Nachfrage. »Hansen, hast du dir schon einmal überlegt, warum der Täter seinen nächsten Tatort preisgegeben hat? Er scheint das alles sehr bewusst zu machen. Natürlich kann man nicht hinter jeden Laternenpfahl in Neumünster einen Polizisten stellen, aber die Ausfallstraßen könnte man schon abriegeln. Der Täter säße dann in der Falle.«
Das leuchtete Hansen ein. Dass der Täter Neumünsteraner war, mochte Hansen nicht glauben. Der Mörder musste sich sehr sicher sein, denn er spielte mit der Polizei Katz und Maus. Er würde das alles noch einmal in Ruhe überdenken müssen. Aber erst nach dem Gespräch bei seinem Chef.
»Stuhr, hast du schon in der Staatskanzlei Erkundigungen wegen der Nordstrom AG einziehen können? Wir müssen schnell an Informationen gelangen.«
Stuhr grummelte etwas Unverständliches in den Hörer. Zweimal fiel der Name Jenny.
»Jenny Muschelfang? Treibt die sich auch in Sankt Peter herum? Mein Gott, könnt ihr denn nicht die Finger voneinander lassen?«
Stuhr beendete unerwartet das Gespräch.
Kommissar Hansen kehrte in den menschenleeren Saal zurück, der jetzt ungeschminkt den herben Charme der Fünfzigerjahre verströmte. Das Interieur von Zweckbauten aus dieser Bauperiode kann ein tiefes Gefühl von Langeweile erzeugen. Die kam aber nicht auf bei ihm, weil die forsche Stimme seines Herrn aus dem Treppenhaus gellte.
»Wachtmeister Hansen!«
Der Kommissar zuckte zusammen. Wer den Schaden hat, muss für den Spott nicht sorgen. Aber vorwerfen lassen wollte er sich von Magnussen nichts, schließlich hatte auch er keine Spur gefunden. Und wer sagte denn, dass die Vermutung Neumünster stimmte? Nein, es gab überhaupt keinen Grund, mit gesenktem Kopf das Büro des Chefs zu betreten.
Er holte tief Luft und betrat das Vorzimmer, aber bevor er Fräulein Schönerstedt einen Gruß entbieten konnte, wurde er von einer herauseilenden Person weggedrängelt.
»Dieser Vollidiot!«, fluchte Hansen.
Fräulein Schönerstedt fragte interessiert nach. »Meinen Sie den Ratsherrn Meyer? Der war nur kurz beim Chef im Büro.«
Hansen lächelte ihr kurz zu. »Nein. Wenn sie es genau wissen möchten, ich meine den Obervollidioten dort drin.«
Das Fräulein Schönerstedt senkte betreten den Kopf.
Entschlossen betrat Kommissar Hansen das Chefbüro von Magnussen.
Das Ende des Abendlands
Es war Montagmorgen, und wieder hatte Stuhr einen schmerzenden Schädel. Dieses Mal wusste er wenigstens, woher. In einer kleinen Kaschemme hatte er gestern Abend seinen Kummer mit Bier betäubt.
Nach dem Artikel in der Sonntagspostille mochte er sich auf den Straßen im Badeort nicht mehr sehen lassen. Er hatte sich fest vorgenommen, zukünftig die Sachen anders anzugehen. Schließlich stand am kommenden Wochenende sein Umzug bevor, und er hatte noch nichts geregelt.
Der Himmel über Sankt Peter hielt sich bedeckt, und so hatte er nach dem Frühstück Gelegenheit, die anstehenden Dinge aus seinem Hotelzimmer zu regeln. Er holte sich eine Dose Cola aus dem Eisschrank und setzte sich an den kleinen Couchtisch.
Zunächst galt es, Kommissar Hansens Drängen nachzugeben und diesen Meyer-Riemenscheidt ans Telefon zu bekommen. Stuhr nestelte sein Handy aus der Hosentasche und rief die Vermittlung der Landesregierung an, die ihn durchstellte.
»Wirtschaftsministerium. Mein Name ist Meyer-Riemenscheidt«, meldete sich eine dienstbeflissene Stimme am Telefon. Dabei wusste Stuhr noch aus früherer Zeit, dass sich in Meyer-Riemenscheidts verräuchertem Büro die Aktenberge bis zur Decke türmten. Nach eingehender Prüfung, hieß es dann Monate später in seinen ablehnenden Antwortschreiben. Als wenn Zigarilloqualm Akten prüfen könnte.
Stuhr gab sich freundlich. »Moin, Herr Kollege. Helge Stuhr hier, wissen Sie noch? Ehemals Staatskanzlei, jetzt außer Dienst. Haben Sie vielleicht einen Moment Zeit für mich?«
Erfreut meldete sich die Stimme eine halbe Oktave höher wieder: »He, Stuhr, Sie Glückspilz. Vorzeitige Pension, Haupttreffer. Sie haben es geschafft, stimmt doch, oder? Was kann ich für Sie tun? Dienstlich kann es ja kaum sein.«
Es war ungewöhnlich, dass Meyer-Riemenscheidt sich für seine Pensionierung interessierte. Der musste mindestens noch 25 Jahre bis zur Pension vor sich haben. Stuhr wechselte das Thema.
»Richtig, Herr Kollege. Es ist dienstprivat, sozusagen. Wie damals, als mein früherer Mitarbeiter Dreesen mehrfach hilfreich für Sie tätig sein konnte. Sie erinnern sich?«
Das kurze Brummen genügte Stuhr als Zustimmung. »Ich stecke an einer Frage fest, die mich beschäftigt. Kollege Dreesen meinte, Sie könnten mir helfen.«
Meyer-Riemenscheidt СКАЧАТЬ