Название: Жизнь взаймы. Уровень 4 / Der Himmel kennt keine Günstlinge
Автор: Эрих Мария Ремарк
Издательство: Издательство АСТ
Жанр: Зарубежная классика
Серия: Легко читаем по-немецки
isbn: 978-5-17-134118-3
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Hollmann hob die Schultern. »Ich habe etwas Temperatur, Lillian. Plötzlich, heute abend – weiß der Teufel, warum! Vielleicht, weil ich den schmutzigen Sportwagen Clerfayts wieder gesehen habe.«
Eine Putzfrau kam herein und begann, die Stühle auf die Tische zu stellen, um aufzuwischen.
Hollmann sah sie verlegen an. » Wie ist es mit Boris? Will er nicht mit?«
»Boris glaubt, ich schliefe. Ich habe ihn schon heute nachmittag gezwungen, mit mir auszufahren. Er würde es nicht noch einmal tun.«
Die Putzfrau zog die Vorhänge auf. »Da ist das Krokodil«, sagte Hollmann.
Die Oberschwester stand in der Tür. Sie lächelte mit starkem Gebiss und kalten Augen. »Feierabend, meine Herrschaften!« Sie sagte nichts darüber, daß Lillian Dunkerque noch auf war. »Feierabend«, wiederholte sie. »Zu Bett! Zu Bett! Morgen ist auch noch ein Tag!«
Lillian stand auf. »Sind Sie dessen so sicher?«
»Ganz sicher«, erwiderte die Oberschwester. »Für Sie liegt ein Schlafmittel auf Ihrem Nachttisch, Miss Dunkerque. Sie werden ruhen wie in Morpheus‘ Armen!«
»Wie in Morpheus‘ Armen!« wiederholte Hollmann mit Abscheu, als sie gegangen war. »Das Krokodil ist die Königin der Klischees. Heute abend war sie noch gnädig. Warum müssen diese Polizistinnen der Gesundheit jeden Menschen, wenn er in ein Hospital kommt, mit dieser entsetzlich geduldigen Überlegenheit behandeln, als wäre er ein Kind oder ein Kretin?«
»Es ist die Rache für ihren Beruf«, erwiderte Lillian böse. »Wenn Kellner und Krankenschwestern das nicht hätten, stürben sie an Minderwertigkeitskomplexen[14].«
Sie standen in der Halle vor dem Aufzug. »Wohin gehen Sie jetzt?« fragte Lillian Clerfayt.
Er sah sie an. »Zur Palace Bar.«
»Nehmen Sie mich mit?«
Er zögerte einen Augenblick[15]. Er hatte gewisse Erfahrungen mit überspannten Russinnen. Auch mit Halbrussinnen. Aber dann erinnerte er sich an die Szene mit dem Schlitten und an das stolze Gesicht Wolkows. »Warum nicht?« sagte er.
Sie lächelte ein hilfloses Lächeln.
»Wo soll ich Sie abholen? Oder wollen Sie gleich mitkommen?«
»Nein. Sie müssen durch den Haupteingang hinausgehen. Das Krokodil paßt dort auf. Gehen Sie dann die erste Serpentine herunter, nehmen Sie dort einen Schlitten, und fahren Sie rechts hinter das Sanatorium zum Eingang für Lieferanten und Dienstboten. Ich komme da heraus.«
»Gut.«
Lillian stieg in den Aufzug. Hollmann wandte sich zu Clerfayt. »Es macht dir doch nichts, daß ich heute abend nicht mitkomme?«
»Natürlich nicht. Ich fahre ja morgen noch nicht weg.«
Hollmann blickte ihn forschend an. »Und Lillian? Wärst du lieber alleingeblieben?«
»Auf keinen Fall. Wer will schon alleinbleiben?«
Clerfayt ging durch die leere Halle hinaus. Nur ein kleines Licht brannte noch neben der Tür. Neben der Tür stand das Krokodil.
»Gute Nacht«, sagte Clerfayt.
»Good night«, erwiderte sie, und er konnte sich nicht vorstellen, warum sie auf einmal Englisch sprach.
Er ging die Serpentinen hinunter, bis er einen Schlitten fand.
»Fahren Sie bitte zum Sanatorium Bella Vista zurück – zum Hintereingang.«
Lillian Dunkerque wartete bereits. Sie hatte einen dünnen, schwarzen Pelz aus Breitschwanz um sich gezogen. Clerfayt hätte sich nicht gewundert, wenn sie in einem Abendkleid ohne Mantel gekommen wäre.
»Es hat alles geklappt«, flüsterte sie. »Ich habe Josefs Schlüssel. Er bekommt eine Flasche Kirsch dafür.«
Clerfayt half ihr in den Schlitten. »Wo ist Ihr Wagen?« fragte sie.
»Er wird gewaschen.«
»Haben Sie den Wagen heute abend Hollmanns wegen nicht heraufgebracht? Damit er ihn nicht sieht. Um ihn zu schonen.«
Es stimmte. »Nein«, erwiderte er.
Er holte ein Päckchen Zigaretten heraus. »Geben Sie mir auch eine«, sagte Lillian.
»Dürfen Sie rauchen?«
»Natürlich«, erwiderte sie so, daß er sofort spürte, es sei nicht wahr.
»Ich habe nur Gauloises. Schwarzen, schweren Tabak der Fremdenlegion.«
»Ich kenne sie. Wir haben sie während der Okkupation geraucht.«
»In Paris?«
»In einem Keller in Paris.«
Er gab ihr Feuer. »Woher sind Sie heute gekommen?« fragte sie. »Aus Monte Carlo?«
»Nein, aus Vienne.«
»Vienne? In Österreich?«
»Vienne bei Lyon. Sie kennen es sicher nicht. Es ist ein kleines Städtchen.«
»Sind Sie über Paris gekommen?«
»Das wäre ein zu großer Umweg gewesen. Paris liegt viel weiter im Norden.«
»Wie sind Sie gefahren?«
Clerfayt wunderte sich, warum sie das so genau wissen wollte. »Über Belfort und Basel. Ich hatte noch etwas in Basel zu tun.«
Lillian schwieg eine Weile. »Wie war es?« fragte sie dann.
»Was? Die Fahrt? Langweilig.«
Er begriff plötzlich, warum sie ihn so eingehend gefragt hatte. Für die Kranken hier oben waren die Berge Mauern, die ihre Freiheit beschränkten. Sie gaben ihnen den leichten Atem und die Hoffnung; aber sie konnten sie nicht verlassen. Ihre Welt war auf dieses Hochtal beschränkt, und deshalb war jede Nachricht von unten eine Nachricht aus dem verlorenen Paradies.
»Wie lange sind Sie schon hier?« fragte er.
»Vier Jahre.«
Der Schlitten hielt an der Einfahrt zur Hauptstraße. Eine Gruppe Touristen in Skianzügen zog lärmend an ihm vorbei. »Die Leute da zahlen eine Menge Geld, um hier heraufzukommen – und wir würden alles geben, um wieder hinunterzukommen – ist das nicht zum Totlachen?« »Nein«, erwiderte Clerfayt ruhig.
Der Schlitten zog wieder an. »Geben Sie mir noch eine Zigarette«, sagte Lillian.
Clerfayt hielt ihr das Paket hin. »Sie verstehen das alles sicher nicht«, murmelte sie. »Daß man sich hier wie in einem Gefangenenlager fühlen kann. Nicht wie in einem Gefängnis; da weiß man wenigstens, wann man herauskommt. Wie in einem Lager, wo es kein Urteil gibt.«
»Ich СКАЧАТЬ
14
Комплекс неполноценности
15
Он задумался на минуту.