Название: Sechs utopische Thriller
Автор: Conrad Shepherd
Издательство: Readbox publishing GmbH
Жанр: Научная фантастика
isbn: 9783745202267
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2. Kapitel
Der Minister, ein großgewachsener, schlanker älterer Mann mit kurzgeschorenem weißen Haar, saß hinter einem langen Tisch mit polierter Platte und studierte einen Computerausdruck. Die Papierfahnen raschelten leise in der Zugluft der Klimaanlage. Die Fingerspitzen seiner linken Hand schlugen einen schnellen, harten Wirbel. Dann legte er die Druckfahnen zur Seite und sagte seufzend: »Sie wollen damit andeuten, die Sache –« er sagte wirklich Sache, obwohl es sich um Menschenleben handelte, »– wäre gescheitert?«
Stryker nickte. Trotz seines hohen Ranges fühlte er sich unbehaglich. Jedesmal, wenn er die Räume des Innenministers im Weißen Haus betrat, trug er eine Hiobsbotschaft mit sich, fiel ihm ein.
»Wann haben Sie das letzte Mal von ihm gehört?«
»Vor vier Tagen, Herr Minister.«
»Versprachen Sie mir nicht, Ihren besten Mann mit dieser wichtigen Mission zu betrauen?«
General Stryker wich dem bohrenden Blick des Ministers nicht aus. »Brett Foss ist einer unserer besten Männer«, erwiderte er; er weigerte sich aus irgendeinem rational nicht zu erklärenden Grund, in der Vergangenheitsform von Foss zu sprechen, obwohl er im Grunde wusste, dass er das hätte tun müssen. »Wenn er schweigt, müssen wir davon ausgehen, dass er schwerwiegende Gründe hat.«
»So, so... schwerwiegende Gründe. Sie meinen damit sicher, dass er nicht mehr lebt. Richtig?«
Stryker sagte: »Darauf läuft es möglicherweise hinaus, Sir. Wir haben aber noch keine definitiven Beweise für diese Annahme.«
Der Innenminister starrte einen Moment ins Leere.
»War es klug, diesem... diesem Foss die Mission zu übertragen?«
Ungerührt ob der implizierten Kritik erwiderte der General: »Foss brachte jede nur denkbare Voraussetzung für eine solche Aufgabe mit. Seine bisherigen Erfolge ließen seinen Einsatz gerechtfertigt erscheinen.«
Wieder seufzte der Innenminister.
»Offensichtlich haben ihm diese Erfolge« – er betonte das Wort fast unmerklich – »diesmal wenig genützt. Sehe ich das falsch?«
»Nein, Herr Minister.«
Für einen Moment blieb das Schwirren eines Comp-Terminals in der Tiefe des Raumes das einzige Geräusch.
Strykers Miene blieb unbewegt. Momentan erlebte man eben eine jener Pechsträhnen, die sich manchmal einfach nicht vermeiden ließen.
Jetzt sagte er: »Ich stehe zu meiner Entscheidung, Sir.«
»Natürlich tun Sie das«, erwiderte der Innenminister und grinste sardonisch. »Würde ich auch tun, in Ihrer Lage...«
Eines der altmodischen Tastentelefone auf seinem auf Hochglanz polierten Schreibtisch aus unsäglich teurem Wurzelholz läutete. Er riss den Hörer ans Ohr, ohne den Blick vom General zu wenden. Seine Miene veränderte sich von einer Sekunde zur anderen.
»Ja... ja, Herr Vizepräsident. Ich habe verstanden. Doch, General Stryker ist hier bei mir... selbstverständlich. Ich komme gleich rüber.« Er legte wieder auf und wandte sich dem General zu.
»Unglücklicherweise müssen wir mit den Konsequenzen dieser – hmm – Entscheidung fertig werden«, fuhr er genau der Stelle fort, an der ihn der Telefonanruf unterbrochen hatte. »Konnte Foss wenigstens ein paar brauchbare Informationen liefern?«
»Seine letzte COMSAT-Nachricht besagte, dass er einer Spur nachging. Wohin diese führte...« Stryker hob die Schultern unter der steifen Uniform und ließ sie wieder sinken.
»War Foss denn gänzlich ohne jegliche Rückendeckung?«
»Er hatte einige Kontaktleute. Die Namen finden Sie in meinem Bericht. Kurier war allerdings Darren DeMile von der Botschaft der FSA in Bombay.«
»Aha. Hat man schon überlegt, DeMile abzusichern?«
»Natürlich. Das Außenministerium hat ihn zu einem Rapport nach New Washington bestellt. Damit schien gewährleistet, dass er unverfänglich ausfliegen konnte.«
Der Minister hob den Kopf. »Schien gewährleistet... ausfliegen konnte...? Sie sprechen in der Vergangenheitsform?«
Mit flacher Stimme erwiderte der General:
»Er fiel einem Shuttle-Unglück zum Opfer. Die Nachricht ging gestern um die ganze Welt.«
»Flug 222 etwa?« Im Minister schien etwas hörbar einzurasten. Mühsam beherrscht fuhr er fort: »Sie haben zu erkennen gegeben, General, dass wir wieder am Anfang unserer Bemühungen stehen. Das wird dem Präsidenten aber gar nicht gefallen. Etwas zu Ihrer Verteidigung zu sagen?« Er starrte den General direkt an.
Stryker zuckte erneut mit den Schultern.
»Wie Sie meinen.« Der Innenminister griff nach den Schriftstücken. Die Unterredung war beendet.
General Stryker stand auf und ging.
An der mit rotem Leder bezogenen Tür erreichte ihn die scharfe Stimme des schlanken, grauhaarigen Mannes.
»General! Noch einmal ein derartiges Desaster, und ich überlege mir ernsthaft, ob ich dem Komitee nicht vorschlagen soll, Ihre Sondereinheit aufzulösen. Klar?«
»Ich verstehe, Sir«, murmelte Stryker.
Er konnte seinen Zorn nicht einmal an der Tür auslassen. Sie hatte einen automatischen Schließer und ließ sich nicht zuknallen.
*
C. H. Stryker marschierte ans Ende seines Schreibtisches, blieb stehen, machte einen Hundertachtzig-Grad-Schwenk und marschierte zurück zum anderen Ende. Dabei blieb sein Blick unablässig auf Richard Sheehy gerichtet; der Oberst stand in Habacht vor dem Schreibtisch des Generals.
Draußen vor den großen Fenstern war New Washington in gleißendes Sonnenlicht getaucht. Die Temperatur lag bei gut siebenundzwanzig Grad, und da nahezu völlige Windstille herrschte, war es schwül und stickig in der Hauptstadt der FSA.
Im vierundzwanzigsten Stockwerk des MILCOM-Hauptquartiers war die Atmosphäre allerdings um erhebliche Grade niedriger. Tatsächlich war sie frostig.
Und das lag nicht an der Klimaanlage.
»Stehen Sie bequem, Sheehy.«
Dreisternegeneral C. E. Stryker – das »C« stand für »Cyril«, СКАЧАТЬ