Автор: Sven R. Kantelhardt
Издательство: Readbox publishing GmbH
Жанр: Историческая литература
Серия: Britannien-Saga
isbn: 9783862827725
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Die Sonne stand noch immer hoch am Himmel und während er vergeblich versuchte, die Insekten von seiner verschwitzten Haut fernzuhalten, merkte er, wie durstig er war. Schließlich döste er erschöpft ein. Als er aufwachte, dämmerte es bereits. Sein gesamter Körper juckte und er fragte sich erschrocken, ob Rowena ihn mit seinem zerstochenen und geschwollenen Gesicht noch erkennen würde. Wo war sie überhaupt? Vorsichtig schob er die Zweige auseinander und blickte zur Wurt hinüber.
Das Lager lag friedlich und nun gegen Abend ruhig am Fuße der Wurt. Die Ebbe hatte inzwischen voll eingesetzt und im Fleet schwappte nur wenig Wasser träge der Ælf entgegen. Die tief stehende Sonne spiegelte sich rot darin. Einzelne Rauchfahnen stiegen vom Lager senkrecht in den fast wolkenlosen Himmel. Endlich entdeckte er zwei Mädchen auf der anderen Seite des Fleets. Ceretics Herz machte einen Luftsprung. Das konnten nur Rowena und Gutha sein.
IV. Ein Sturm braut sich zusammen
Dithmarschen, Juni 441
Ordulf
Weniger als zwei Monde trennten sie noch von der Sonnenwendfeier. Es wurde höchste Zeit aufzubrechen. Sicher strömte das Volk von allen Seiten in Hengists Lager. Und Ordulf beschäftigte sich mit Schafen. Nur der neu erworbene Respekt vor dem Widder Hinnerk verhinderte, dass er seine Wut an den blöden Viechern ausließ. Er wollte endlich nach Haduloha und nach Britannien. Die notwendige Ausrüstung hatten Swæn und er bereits zusammengetragen. Der alte Swæn wollte sie gut bewaffnet auf den Kriegszug senden.
„Niemand soll sagen, die Swænen wären nicht vermögend genug, ihre junge Mannschaft auszurüsten. Und schon gar keiner dieser verdammten Ebbingemannen!“, verkündete er stolz. Vier Schilde und ebenso viele Wurflanzen hatte er persönlich ausgesucht. Weiterhin ein gutes Langschwert für Swæn und natürlich für jeden einen Sax.
Ordulf betrachtete seine Waffen mit unverhohlenem Stolz. Die Schilde waren aus gutem Lindenholz. Einer war mit Leder bespannt und reichlich mit Eisen beschlagen, auf dem Schildbuckel war ein stilisierter Schlangenwirbel aus Bronze aufgelötet. Der andere Schild war leichter und schmucklos. Die Latten wurden lediglich von dem schlichten Schildbuckel und einigen Querleisten auf der Rückseite zusammen gehalten – ein reines Arbeitsgerät. Auch sein Sax war einfach und mit einem simplen Holzgriff und etlichen ausgewetzten Scharten nicht so prächtig wie das Langschwert seines älteren Bruders, welches am Griff aufwendig mit Granat eingelegt war. Es passte perfekt zu der Fibel, die Swæns dunkelblauen Wollmantel über der Schulter zusammen hielt. Auch dort hatte der Schmied kleine Granatstückchen sorgsam in Gold gefasst. Ein dünnes, speziell gefaltetes Blattgoldscheibchen unter den Steinen ließ diese im Sonnenlicht feurig funkeln.
„Freu dich an deinem Eisen. Ein Schwert muss vor allem hart, scharf und gut ausbalanciert sein. Der Schmuck ist Weibersache“, riss ihn sein Vater aus der Betrachtung, aber Ordulf hätte trotzdem lieber so eine prächtige Waffe wie sein Bruder besessen. Noch mehr erregte es aber seinen Neid, dass Swæn ein Pferd bekam, wohingegen er selbst zu Fuß gehen würde.
„Als Stammhalter des Swænengeschlechtes wird er einmal dein Häuptling sein“, betonte der Vater ernst. „Und als solcher ziemt es sich, zu Pferde in die Schlacht zu reiten. Du wirst deinem Bruder den nötigen Respekt zollen und dafür sorgen, dass er auch als das anerkannt wird, was er ist. Der zukünftige Führer des Swænengeschlechtes.“
Ein ziemlich kleines Geschlecht, dachte Ordulf bitter, aber immerhin würde das Pferd den Großteil ihrer Ausrüstung tragen, was dann auch ihm zugutekam.
Endlich kam die letzte Nacht vor ihrer Abreise. Ordulf konnte vor Aufregung kein Auge zutun. Schließlich, als er am frühen Morgen gerade übermüdet in einen erschöpften Schlaf gesunken war, weckte ihn der alte Hinnerk. Er machte sich schon vor Sonnenaufgang auf, um Hilda, eine achtjährige Stute, eines der besten Pferde des Hofes, von der Außenweide zu holen.
Bei der Verabschiedung trug Ordulfs Bruder Agill immer noch demonstrativ den rechten Arm in der Schlinge. Beim Anblick seiner säuerlichen Miene überkam Ordulf wieder ein Anflug von Reue. Eigentlich hätte Agill an seiner Stelle stehen sollen, aber die Gewissensbisse hielten nicht lange vor. Er war schließlich selbst schuld. Die Mutter dagegen sah aus, als hätte sie die Nacht über geweint, doch zum Abschied blickte sie ihre zwei Söhne fest und voller Stolz an, bevor sie beide ein letztes Mal umarmte. Dann zogen sie endlich los.
Bald schon erreichten sie die Wolderichswurt. Dort verabschiedete sich Vater Swæn von ihnen, der behauptet hatte, irgendein Geschäft mit dem Nachbarn verhandeln zu müssen, auch wenn Ordulf insgeheim annahm, dass er das lediglich vorgeschoben hatte.
„Seid immer wachsam. Streitet nicht untereinander und auch nicht mit anderen Sachsen. Besonders du, Ordulf, musst deinen Hitzkopf im Zaum halten. Höre auf deinen Bruder. Einig könnt ihr gegen alle Feinde bestehen. Was Hengist euch sagt, das tut, als ob ich es euch befohlen hätte. Egal was er will, er ist auf dieser Fahrt euer Herr. Saxnot stehe euch in allen Kämpfen bei.“
Mit diesen Ermahnungen und dem Segen entließ der bereits graubärtige Swæn seine beiden Söhne. Abrupt wandte er sich der Wurt der Wolderichsmannen zu. Ordulfs Blick folgte ihm noch kurz, wie er allein den Hügel hinaufstapfte. Schweigend setzten die Brüder ihre Reise fort. Für beide war es das erste Mal, dass sie auf eine ungewisse Wiederkehr hin ihrem Vaterhof den Rücken zukehrten.
Zunächst folgten sie einem Graben, der in Richtung Geest führte. Bald wichen die salzigen, beweideten Marschen dichtem, von zahlreichen Wasserläufen durchzogenem Buschwerk, welches seinerseits von Mooren, Schilfsümpfen und kleineren Bruchwäldern unterbrochen wurde. Immer wieder mussten Swæn und Ordulf die Richtung ändern, um Hindernisse zu umgehen, und so erreichten sie die höhere Geest erst gegen Mittag. Von nun an kamen sie schneller voran und als sie schließlich wieder in die Elbmarschen hinabstiegen, hatte die einsetzende Ebbe das Wasser aus den Gräben gezogen. So erreichten sie ihr Ziel, den Weulesfleet, mit Einbruch der Dämmerung. Hier lagerten bereits einige Bauern aus der Nordermarsch, die ihre Bullen auf einem Markt in Keydingen feilbieten wollten.
„Wir haben bereits mit einem Fischer gesprochen, der sich auch als Fährmann verdingt“, begrüßte ihr Anführer die jungen Swænen. „Morgen früh wird er uns übersetzten, ihr könnt mitfahren, wenn euch unsere Bullen nicht zu doll stinken.“
„Wir Wurtmannen müssen schließlich zusammenhalten“, pflichtete ihm ein älterer Bauer zu und lud die beiden Jungen ein, sich zu ihnen ans Feuer zu setzen.
„Habt Dank für die Gastfreundschaft“, antwortete Swæn hocherfreut und ließ sich gleich am Rande des Feuers nieder. „Mein Bruder wird noch rasch das Pferd versorgen“, bemerkte er, scheinbar an die Bauern gewandt, aber sein vorwurfsvoller Blick traf Ordulf, der sich gerade neben ihn setzen wollte. Ordulf schnaufte verärgert, nahm dann aber Hilda den Sattel ab und führte sie zur Tränke an das Fleet. Durch einen Gürtel aus Schilf und Rohr konnte er bereits den großen Ælfstrom erkennen. Das schlammige Wasser wälzte sich träge Richtung Meer. Dorthin würde auch ihre Reise führen, in die unbekannte Weite des Ozeans bis nach Britannien.
Am nächsten Morgen weckte sie das Brüllen der Rinder. Ordulf stand auf und reckte die steifen Glieder. Dann ging er, um nach Hilda zu sehen.
Der große, flachbodige Kahn, der als Fähre diente, lag zwischen mehreren Fischerbooten. Anders als bei ihnen, oder den großen Seeschiffen der Sachsen, wurde der Boden aus einer Reihe platt nebeneinanderliegender Planken gebildet, an die die Bordwand kastenförmig ansetzte. Viel Raum bei wenig Tiefgang, aber sicher nicht geeignet für eine Wettfahrt oder schweres Wetter.
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