Neun ungewöhnliche Krimis Juni 2019. Pete Hackett
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Neun ungewöhnliche Krimis Juni 2019 - Pete Hackett страница 55

Название: Neun ungewöhnliche Krimis Juni 2019

Автор: Pete Hackett

Издательство: Readbox publishing GmbH

Жанр: Зарубежные детективы

Серия:

isbn: 9783745210118

isbn:

СКАЧАТЬ dem Theater, das sich auf der anderen Seite abspielte. Inzwischen war noch ein Wagen hinzugekommen und versuchte verzweifelt, sich in eine Parklücke zu quetschen. Vielleicht die Spurensicherung, dachte ich.

      "Was ist denn da bei Ihnen los?", fragte sie mich.

      Ich sagte es ihr. Sie würde es morgen sowieso in der Zeitung lesen.

      "Haben Sie den Mann gut gekannt?"

      "Nein. Und Sie?"

      "Einmal die Woche hat er ein Weißbrot gekauft. Und Sahnetorte. Darauf stand er."

      "Hm." Ich hörte nur halb hin, während sie munter weitererzählte und mir drei belegte Brötchen machte.

      "Er stank oft morgens schon nach Bier."

      "So, so ..."

      "Wollen Sie Käse oder Wurst?"

      "Käse."

      Mein Blick ging über die Schlagzeilen einer ausliegenden Boulevardzeitung. RUDI, WAS NUN?, stand da in so großen Lettern, dass man erst einmal einen Schritt zurückgehen musste, um es richtig lesen zu können. Zwischen den Monsterbuchstaben war ein kleines Bild des Bundestrainers, das ihn mit einem schier verzweifelten Gesichtsausdruck zeigte.

      Ich sah kurz zu der Verkäuferin hinüber. Sie hatte mit den Brötchen noch eine Weile zu tun, daher drehte ich die Zeitung um. Mein Blick fiel auf die ausgezogene Schöne mit der Überschrift CINDY IST ES AUCH IM WINTER HEISS, wurde dann aber Cindys Schwindelerregender Kurven zum Trotz von etwas anderem abgelenkt.

      Es war ein kleiner Artikel in der Ecke, der zu zwei Dritteln aus seiner Überschrift bestand.

      Irgendein Splitter meines Bewusstseins hatte das Wort MÜNSTER wahrgenommen, was für mich Anlass genug war, mal nachzusehen.

      Wenn Münster in diesem nationwide vertriebenen Revolverblatt erwähnt wurde, bedeutete das nicht mehr, aber auch nicht weniger, als dass hier mal wieder etwas geschehen war, was die Nation bewegte.

      Dass Boris Becker hier noch ein uneheliches Kind hatte, wagte ich nicht zu hoffen, aber vielleicht war der Geisterfahrer von vorgestern drin.

      Seit dem Westfälischen Frieden von 1648, der den dreißigjährigen Krieg beendet hatte, war die Stadt ziemlich aus den Schlagzeilen raus. Wurde also Zeit, dass hier mal wieder Geschichte geschrieben wurde.

      EMPÖREND: DEUTSCHLANDS GEIZIGSTER POLITIKER!, stand da mit schreiendem Ausrufezeichen zu lesen. Und dann, etwas kleiner: ›Miese Tricks! Münsters OB zahlt keinen Cent an verarmte Ex-Frau!‹

      Zwei kleine Fotos daneben. Eines zeigte die arme Ex-Frau mit einem hinlänglich verzweifelten Gesicht. Auf dem anderen war unser aller Oberbürgermeister zu sehen. Ich erkannte ihn jedoch erst auf den dritten Blick. Das Bild war schon ziemlich alt und stammte vermutlich aus dem Archiv der Ex-Frau. Ein Ausschnitt aus dem Hochzeitsfoto vielleicht.

      Ich begann, den Artikel zu lesen: "Dr. Jürgen Werneck (52) hat es faustdick hinter den Ohren. Er ist Oberbürgermeister im westfälischen Münster und Inhaber einer Immobilienfirma. In der Großgarage seines schmucken Bungalows stehen ein silberfarbener Mercedes und ein blauer Jaguar. Doch seine Ex-Frau Brigitte (50) lebt in bitterer Armut. Seit ihr die Ein-Zimmer-Wohnung gekündigt wurde, muss sie in einem Obdachlosenasyl übernachten. Brigitte Werneck sagt: >Er hat kein Herz mehr für die Mutter seiner Kinder!<“

      Danach war die Zeile unleserlich.

      Irgendjemand hatte mit Schokoladenfingern auf die Zeitung gefasst. Aber morgen war das Blatt sowieso Altpapier.

      "Hier sind die Brötchen!", drang die Stimme der Verkäuferin wie ein Messer durch meine butterweichen Gedanken.

      Ich fuhr hoch. "Was?"

      "Ja, dann bezahlen Sie jetzt wenigstens, damit ich endlich nach Hause komme!"

      "Konfuzius sagt: Eile mit Weile", erwiderte ich, während ich die Euromünzen aus dem Portemonnaie kratzte.

      Sie verzog das Gesicht. "Eile mit Weile − Langeweile!", versetzte sie schlagfertig.

      Ich nahm die Brötchen. "Wiedersehen."

      "Tschüss. Erzählen Sie mir morgen, was da drüben bei Ihnen genau passiert ist, ja? Das sind Sie mir schuldig!"

      6

      Das Haus glich einem wahren Taubenschlag. Ich saß in meiner Küche und hörte vom Treppenhaus her Stimmen und Schritte. Da war einiges los, aber ich hatte wenig Lust, mir das ausgiebig anzusehen, wie es zweifellos die beiden Frauen mit dem überaus ungewöhnlichen Namen Meyer jetzt taten. Nicht lange, und es gab auch wieder Strom.

      Ich schüttete den Rest Kaffee, der sich noch in der Maschine befand, ins Spülbecken und setzte mir frischen auf.

      Dann packte ich meine Brötchen aus und fragte mich, welches ich zuerst essen sollte.

      Erst jetzt wurde mir bewusst, wie hungrig ich war. Seit dem ausgiebigen Frühstück, das ich in einem Kaufhausrestaurant genossen hatte, hatte ich außer reichlich Kaffee nichts zu mir genommen.

      Manchmal ist das so.

      Man sitzt an der Tastatur, sieht den Cursor auf dem Bildschirm blinken und es scheint einem so, als würde er einem unablässig zurufen: "Noch eine Zeile, noch eine Zeile! Nicht stehenbleiben! Nicht stehenbleiben!"

      Und dann ist man wie unter Hypnose. Ein Wort nach dem anderen erscheint auf dem Bildschirm, bis der Strom der Bilder und Wörter (und manchmal leider auch jener der Elektrizität) plötzlich versiegt. Dann wird einem erst bewusst, wie viel Zeit vergangen ist und wann man zum letzten Mal etwas gegessen hat.

      Ich habe oft darüber nachgedacht, was es ist, das einen treibt, eine Zeile nach der anderen zu füllen.

      Sicher, da ist die Gewissheit, dass man letztlich immer nur soviel Geld auf seinem Konto finden wird, wie man Seiten geschrieben hat.

      Außerdem weiß man nie, ob einem auch morgen noch etwas einfällt. Wenn die Einfälle also da sind, muss man das ausnutzen. Es könnte ja sein, dass man irgendwann mal in eine Krise kommt. Keine Bilder, keine Wörter, nichts mehr; Ende. Blackout.

      So etwas gibt es. Aber es hat bei mir noch nie sehr lange gedauert. Ein paar Tage, meistens weniger.

      Nein, das allein kann es nicht sein, was einen immer wieder treibt. Denn die Wahrheit ist, dass mir eigentlich immer etwas einfällt, wenn ich einigermaßen ausgeruht bin. Nicht unbedingt jedes Mal ein dichterischer Geniestreich, aber das СКАЧАТЬ