Название: Der kahle Berg
Автор: Lex Reurings
Издательство: Readbox publishing GmbH
Жанр: Спорт, фитнес
isbn: 9783957260505
isbn:
HE WOULD HAVE BEEN SO PROUD
»Joanne, du hast dein Ziel erreicht, den Mont Ventoux am 30. Todestag deines Vaters zu erklimmen. Er wäre so stolz auf dich gewesen.«
Es werden Blumen niedergelegt und die Töchter befestigen eine Metallplakette am Gedenkstein. Darauf steht:
»THERE IS NO MOUNTAIN TOO HIGH…«
YOUR DAUGHTERS: JANE & JOANNE
JULY 13TH 199712
Am 13. Juli 2002, rund eine Woche bevor die Tour de France den Ventoux ansteuert, bezwingt Joanne Simpson den Berg erneut. Aber diesmal ist das Unterfangen nicht in Sault gestartet. »So viel zu trainieren, nur um 26 Kilometer bergauf zu fahren, das ist mir zu blöd. Beim nächstes Mal werde ich in Gent aufbrechen und dann werden wir der Tour ein Motto geben«, hatte sie sich 1997 geschworen. »Eine Tour gegen das Doping, das den Tod meines Vater mit verursacht hat. Die Menschen müssen der Wahrheit ins Auge blicken. In fünf Jahren werde ich wieder hier stehen.«
Treppe
Die folgenden Jahre haben ihr jedoch deutlich gemacht, dass es keinen Zweck hat, alte Wunden aufzureißen, dass die Welt nicht bereit ist, dass die Menschen – mitunter bewusst – lieber den Kopf in den Sand stecken. Sie will keinen Kreuzzug beginnen, nicht als »Doña Quichotte« von Gent enden. Dennoch muss sie etwas tun gegen dieses Gefühl der Machtlosigkeit, das sich ihrer in dieser Frage bemächtigt hat. Deshalb gibt sie dem Tom Simpson Memorial 2002 letztlich ein weniger direktes, aber doch verwandtes Motto: Sie will mit der Tour das nötige Geld zusammenbringen, um das Denkmal am Ventoux aufzuwerten. Schließlich erfüllt es immer noch seine Funktion: Es hält die Erinnerung an Tom Simpson lebendig und somit auch die Aufmerksamkeit für die Gefahren des Dopings. Eine neue Treppe soll dafür sorgen, dass das an recht schwer zugänglicher Stelle gelegene Denkmal besser erreichbar wird. »Aber eigentlich«, sagt Joanne Simpson, »weht über unserer Fahrt kein Banner mehr. Wir fahren gerne Rad und das Gedenken an Toms Tod vor 35 Jahren gibt uns ein Ziel.«
Und so klicken Joanne und sieben Radfahrkollegen am 29. Juni 2002 ihre Schuhe in die Pedale. Am 13. Juli, knapp 1.200 Radkilometer später, starten sie in Sault zum Memorial Tom Simpson 2002. Aus dem Radio erklingt »La Bicyclette« von Yves Montand – passender geht es kaum.
Als sie das Denkmal passiert, grüßt Joanne ihren Vater, indem sie eine Hand vom Lenker nimmt. Kurz darauf erreicht sie den in Nebel gehüllten Gipfel.
Fünf Jahre später ist dank Spenden genug Geld zusammengekommen, um Joannes’ Traum nachträglich zu verwirklichen. Am Freitag, dem 13. Juli 2007, genau vierzig Jahre nach Simpsons Tod, fährt sie in einem kleinen Peloton wieder hinauf auf den Mont Ventoux. Viele Menschen, darunter Helen und Barry Hoban, Jane Simpson und Bürgermeister Luc Reynard, sind gekommen, um der offiziellen Einweihung der Betontreppe beizuwohnen. Auf dem Gedenkstein wird auch noch eine weitere Gedenkplakette angebracht.
Im Oktober 2016 wird die inzwischen etwas in die Jahre gekommene Treppe am Tom-Simpson-Denkmal restauriert und bei dieser Gelegenheit mit Granitplatten verkleidet. Der Belgier Thomas De Gendt, einige Monate zuvor Sieger der letzten Tour-de-France-Etappe mit Ziel auf dem Ventoux, hilft beim Verlegen der ersten Platte, Joanne Simpson übernimmt die letzte. Dank neuer Spenden und ehrenamtlichen Engagements ist die Treppe nun endgültig fertig, rechtzeitig zum Tom Simpson Memorial 2017.
Am 13. Juli jenes Jahres – dem 50. Todestag von Tom Simpson – versammeln sich rund 200 Menschen am Denkmal. Unter ihnen ist Bradley Wiggins, zusammen mit Joannes Mutter Helen Hoban und zwanzig Verwandten aus Australien. Bedoins Bürgermeister Luc Reynard schneidet zur Einweihung ein weiteres Band durch.
***
Ein Familienfreund von Joanne Simpson sagte einmal: »Die Leute sollten aufhören, ständig über Doping zu reden; Tom war mehr als ein Opfer. Er war jemand, der für seinen Sport lebte, der alles für ihn getan hat.«
Aber das Denkmal steht nun einmal da13, und wenn man von Bedoin oder Sault aus hochfährt, kommt man auf jeden Fall daran vorbei. Und egal wie man es auch dreht und wendet, egal wie rational man die Welt und das Leben im Allgemeinen betrachtet, spricht einen dieser Gedenkstein auf die eine oder andere Weise an. Es mag seltsam oder unlogisch erscheinen, man mag für oder gegen Doping sein oder überhaupt nicht an dieses Thema denken, aber kaum jemand passiert emotionslos den Ort, an dem der Spatz zu Boden fiel.
Am 13. Juli 1997 steigt Alec Taylor, Teamchef der britischen Mannschaft bei der Tour ’67, auf sein Rad. In Cycling hat er über das Tom Simpson Memorial gelesen und fühlt sich schrecklich, jetzt, da die Erinnerungen wieder hochkommen. Er will in Gedanken bei der Tochter seines ehemaligen Fahrers sein und beschließt, als eine Art Tribut an Simpson ebenfalls eine Runde mit dem Rad zu drehen, wenn auch zu Hause, bei sich in England. Während der Fahrt erleidet er einen Herzinfarkt. Alec Taylor stirbt am 13. Juli 1997, am Tag des ersten Tom Simpson Memorials, genau dreißig Jahre nach dem Tod von Tom Simpson.
Eine Auswahl der Resultate von Tom Simpson
1954 | Britischer Bergmeister der Junioren |
1956 | 2. Platz Britische Meisterschaft in der Einerverfolgung auf der Bahn Bronze in der Mannschaftsverfolgung bei den Olympischen Spielen |
1957 | Britischer Bergmeister der Senioren |
1958 | 1. Platz Großer Preis der Bulgarischen Union f. Körperkultur u. Sport Silber in der Einerverfolgung bei den Commonwealth Games |
1959 | Tom Simpson wird ProfiEtappensieg Tour de l’Ouest2. Platz und Etappensieg Essor BretonEtappensieg Route de France4. Platz Straßenweltmeisterschaft |
1960 | 1. Platz Tour du Sud-Est1. Platz Grand Prix Mont Faron29. Platz Tour de France9. Platz Paris–Roubaix |
1961 | 1. Platz Flandern-Rundfahrt2. Platz Menton–Rom5. Platz Paris–Nizza9. Platz StraßenweltmeisterschaftAufgegeben auf der 3. Etappe der Tour de France |
1962 | 2. Platz Paris–Nizza5. Platz Flandern-Rundfahrt6. Platz Tour de France, erster Brite im Gelben Trikot (12. Etappe) |
1963 | 1. Platz Bordeaux–Paris1. Platz Manx Premier2. Platz Straßenweltmeisterschaft2. Platz Super Prestige Pernod2. Platz Gent–Wevelgem2. Platz Paris–Brüssel2. Platz Paris–Tours2. Platz Critérium des As3. Platz Flandern–Rundfahrt8. Platz Paris–Roubaix |
1964 | 1. Platz Mailand–Sanremo3. Platz Trofeo Angelo Baracchi (mit Rudi Altig)4. Platz Straßenweltmeisterschaft10. Platz Paris–Roubaix14. Platz Tour de France |
1965 | 1. Platz Straßenweltmeisterschaft1. Platz Sechstagerennen Brüssel (mit Peter Post)1. Platz Lombardei-Rundfahrt1. Platz London–Holyhead1. Platz Corona Grand Prix2. Platz Super Prestige Pernod3. Platz Flèche Wallonne3. Platz Circuit Provençal3. Platz Midi Libre3. Platz Bordeaux–Paris6. Platz Paris–RoubaixAufgegeben auf der 20. Etappe der Tour de FranceSportler des Jahres |
1966 | 2. Platz GP Kanton Aargau-Gippingen Aufgegeben auf der 17. Etappe der Tour de France |
1967 | 1. Platz Paris–NizzaEtappensieg Sardinien-RundfahrtZwei Etappensiege Vuelta a España1. Platz Manx Premier3. Platz GP Salvarini4. Platz Polymultipliée |
Teams: Harworth and District Cycling Club, Scala Wheelers, Velo Sport, Briochin-Vins Santa Rosa, Rapha-Geminiani, Rapha-Gitane, Gitane-Leroux und Peugeot-BP.
Radrennfahrer sterben nicht,