Freiheit in Grenzen - Themen und Fallbeispiele zur Stärkung elterlicher Erziehungskompetenzen für Eltern mit Kindern im Grundschulalter. Klaus A. Schneewind
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СКАЧАТЬ wie z. B. die Verhängung einer Auszeit zu kurz greift. Dies ist kein prinzipielles Plädoyer gegen die Erziehungsmethode „Auszeit“, wohl aber ein Plädoyer für einen überlegten und sensiblen Umgang mit dieser Methode.

      Insofern erscheint es angemessener, statt von Erziehungsfertigkeiten von Erziehungskompetenzen zu sprechen. Elterliche Erziehungskompetenzen beziehen sich auf den flexiblen Umgang mit Erziehungsproblemen – vor allem solchen, die vordergründig auf der Verhaltensebene zwar klar bestimmbar sind, sich bei genauerer Betrachtung aber als unscharf definiert erweisen. So kann z. B. das aggressive Verhalten eines Kindes auf Gründe wie Enttäuschungen oder Gefühle von Zurücksetzung und Rivalität zurückführbar sein, die den Eltern zunächst nicht bekannt sind.

      Ein anschauliches Beispiel dafür findet sich in der Aufräum-Szene des Videos. Kompetentes Elternverhalten würde versuchen, den verborgenen Gründen aggressiven Verhaltens nachzuspüren, um dann angemessen zu handeln. Angemessenes Handeln bezieht sich dabei vor allem auf entwicklungsförderliches Handeln im Sinne der genannten Erziehungsziele, wodurch das Kind Impulse bekommt, in Zukunft aus eigenem Antrieb konstruktiver auf frustrierende Erfahrungen zu reagieren.

      Kompetentes Elternverhalten äußert sich nicht nur in bestimmten Situationen oder gegenüber Kindern einer bestimmten Altersgruppe, sondern wächst mit den Erziehungsanforderungen und mit dem Alter der Kinder, ohne deswegen seine Verankerung in einer entwicklungsförderlichen Erziehungshaltung aufzugeben. Eine wichtige Voraussetzung dafür ist eine grundsätzlich akzeptierende und positive emotionale Beziehung zum Kind. Dies besagt keineswegs, dass jedes Verhalten des Kindes akzeptabel ist, wohl aber, dass die unbedingte Wertschätzung des Kindes als Person unter allen Umständen erhalten bleibt – und zwar gerade auch dann, wenn das Verhalten des Kindes nach den Wertmaßstäben der Eltern unannehmbar ist.

      Ein weiterer wichtiger Punkt besteht darin, dass es im Erziehungsprozess bisweilen zu humorvollen oder kreativen Lösungsansätzen kommt, die sich gewissermaßen spontan in der Situation entwickeln und dazu beitragen, einen Konflikt zu entschärfen. Gerade eine überraschende, einfallsreiche und mit einem versteckten Augenzwinkern vorgetragene Aktion der Eltern signalisiert den Kindern, dass die positive Beziehung zu ihren Eltern nicht gefährdet ist. Dies führt dann häufig dazu, dass die Kinder sich kooperativ verhalten. Die Aufräum-Szene im Video enthält dazu eine bildhafte Illustration. Im Übrigen ist ein aus der Situation heraus entstehendes kreatives Elternverhalten ein weiterer Beleg für elterliche Erziehungskompetenz statt bloßer Erziehungsfertigkeit.

      Eltern sehen sich in ihrer Rolle als Erzieher Tag für Tag den unterschiedlichen Herausforderungen gegenüber. Daher ist es unmöglich, in einem Video auf alle möglichen Situationen einzugehen, in denen Eltern als Erzieher gefordert sind. Dies gilt auch für das Video, das sich auf Eltern mit Grundschulkindern bezieht.

      Grundschulkinder werden gewöhnlich der Altersgruppe der Sechs- bis Elfjährigen zugerechnet. Es ist dies eine Altersgruppe, in der die Entwicklung von Wissen, Denken und Intelligenz in schnellem Tempo voranschreitet, was auch für ihre sich weiterentwickelnde emotionale und soziale Entwicklung gilt. Grundschulkinder entwickeln neue Strategien der Selbstregulation, indem sie lernen, sich selbst besser zu steuern und nicht allen Versuchungen unmittelbar nachzugeben. Darüber hinaus machen sie zum Beispiel neue Erfahrungen mit Gleichaltrigen und erweitern so ihr Repertoire an sozialen Verhaltensweisen. Dennoch spielen die Eltern im Leben der Grundschulkinder nach wie vor eine große Rolle. Deswegen sind Eltern gerade in dieser Entwicklungsphase ihrer Kinder als Erzieher besonders gefordert.

      Das Video soll dies anhand von fünf Erziehungsszenarien veranschaulichen, die für Eltern von Grundschulkindern typisch sind. Es entspricht der Philosophie dieses Ansatzes, zu den einzelnen Szenarien drei unterschiedliche Lösungsvarianten vorzustellen, um an konkreten Beispielen charakteristische Verhaltensmuster sichtbar zu machen. Dabei bezieht sich jeweils einer der Lösungsansätze dem hier favorisierten Erziehungsprinzip „Freiheit in Grenzen“. Wie überzeugend dieses Erziehungsprinzip im Vergleich zu anderen Vorgehensweisen als Richtschnur für eine „gute“ Erziehung ist und welche Anregungen in das eigene Repertoire an Erziehungskompetenzen übernommen werden, muss letztlich jedem Einzelnen überlassen bleiben.

      Der folgende Abschnitt geht etwas ausführlicher darauf ein, was unter dem Erziehungsprinzip „Freiheit in Grenzen“ zu verstehen ist.

       4. Was bedeutet „Freiheit in Grenzen“?

      „Entwicklungsförderliche“ oder „gute“ Erziehung lässt sich auf die Formel bringen: Kompetente Eltern haben kompetente Kinder – und zwar unabhängig vom Alter ihrer Kinder. Aber wann sind Eltern „kompetente Eltern“?

      Nach jahrelangen Forschungsstudien gibt es eine eindeutige Antwort auf diese Frage. Für die Erziehungskompetenz von Eltern sind drei Merkmale charakteristisch, auf denen auch das Erziehungskonzept „Freiheit in Grenzen“ beruht. Es sind dies:

       Elterliche Wertschätzung

       Fordern und Grenzen setzen

       Gewähren und Fördern von Eigenständigkeit.

      Grundsätzlich liegt – wie bereits erwähnt – einer Erziehung nach dem Prinzip „Freiheit in Grenzen“ eine bestimmte Haltung zugrunde, die sich auch im Verhalten der Eltern zu erkennen gibt.

       Was heißt dies für die drei zentralen Merkmale von „Freiheit in Grenzen“?

      „Elterliche Wertschätzung“ äußert sich für Eltern darin, dass sie

       die Einmaligkeit und Besonderheit ihrer Kinder anerkennen;

       ihre Kinder in allen Situationen respektvoll behandeln;

       ihre Kinder unterstützen und ihnen helfen, wann immer sie dies brauchen;

       sich freuen, mit ihren Kindern zusammen zu sein und gemeinsame Aktivitäten zu genießen.

      „Fordern und Grenzen setzen“ bedeutet, dass Eltern

       ihren Kindern etwas zutrauen und Forderungen stellen, die ihre Entwicklung voranbringen;

       Konflikte mit ihren Kindern nicht scheuen, aber konstruktiv austragen;

       gegenüber ihren Kindern eigene Meinungen haben und diese überzeugend vertreten;

       klare, dem Entwicklungsstand ihrer Kinder angemessene Grenzen setzen und auf deren Einhaltung bestehen.

      „Gewähren und Fördern von Eigenständigkeit“ heißt für die Eltern, dass sie

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